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Senkung der Erstattungszinsen – Rückwirkende Anwendung der Neuregelung

Christian Thurow

FG Düsseldorf Urt. v. 11.4.2025 – 3 K 1094/23 AO (Revision zugelassen)

 

Durch den am 12.7.2022 in Kraft getretenen § 238 Abs. 1a AO n.F. wurden Erstattungszinsen ab dem 1.1.2019 von 0,5% pro Monat auf 0,15% pro Monat ab abgesenkt. Umstritten ist, ob dies eine verfassungswidrige echte Rückwirkung darstellt.

 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Im Rahmen eines umfangreichen Steuerverfahrens wurde im Jahr 2024 eine Reihe von Steuerbescheiden für die Jahre 2012 bis 2016 erlassen. In allen Bescheiden wurden die Erstattungszinsen ab dem 1.1.2019 mit einem Zinssatz von 0,15% pro Monat im Sinne des am 12.7.2022 in Kraft getretenen § 238 Abs. 1a AO n.F. verzinst.

Aus Sicht des Klägers liegt hier eine verfassungswidrige Rückwirkung zulasten des Steuerpflichtigen vor, da die Gesetzesänderung im Jahr 2022 Änderungen für den Zeitraum ab 2019 bewirkt hat.

 

 

Lösung

Das Finanzgericht (FG) Düsseldorf widerspricht in seinem Urteil der Auffassung des Klägers. Zunächst weisen die Finanzrichter darauf hin, dass zwischen einer echten und einer unechten Rückwirkung zu unterscheiden ist.

Im Streitfall liegt eine unechte Rückwirkung vor, da ein Zinsanspruch erst mit der Steuerfestsetzung entsteht. Die Dauer des Zinslaufs und der auf den jeweiligen Verzinsungszeitraum anzuwendende Zinssatz sind insofern reine Berechnungsgrößen, die erst mit der Steuerfestsetzung und der hierdurch ausgelösten Entstehung des Zinsanspruchs Relevanz erlangen. Da die Steuer erst mit den Bescheiden aus dem Jahr 2024, also nach Inkrafttreten von § 238 Abs. 1a AO n.F. festgesetzt wurde, liegt keine echte Rückwirkung vor.

Aber selbst dann, wenn eine echte Rückwirkung vorliegen würde, wäre sie aus Sicht des FG Düsseldorf zulässig. Es gilt nämlich die Ausnahme, dass neue Regelungen auch rückwirkend Wirkung entfalten können, soweit im maßgeblichen Zeitpunkt der materiell-rechtlichen Entstehung der Ansprüche nicht mehr mit einem Fortbestand einer für den Steuerpflichtigen günstigeren Regelung gerechnet werden durfte. Spätestens mit der Veröffentlichung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 8.7.2021 zur Verfassungswidrigkeit des typisierten Zinssatzes nach § 238 Abs. 1 AO war einem Vertrauen auf den Fortbestand der bisherigen Regelung die Grundlage entzogen.

Somit ist eine Anwendung des § 238 Abs. 1a AO n.F. für Zeiträume ab dem 1.1.2019 nicht verfassungswidrig.

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Risk Manager, London (E-Mail: c.thurow@thurow.co.uk)

 

 

BC 7/2025

BC20250706

 

 

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