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Vorsteuerabzug bei Sachgründung einer GmbH

Christian Thurow

FG Niedersachsen Urt. v. 3.4.2025 – 5 K 111/24

 

Bei einer Sachgründung wird das Stammkapital in Form einer Sacheinlage geleistet. Wird der eingebrachte Vermögensgegenstand in der Gründungsphase erworben, so stellt sich die Frage, ob der neu gegründeten Gesellschaft der Vorsteuerabzug zusteht. Das Finanzgericht (FG) Niedersachsen hat nun seine Sicht zu diesem Thema in einem Urteil dargestellt.


 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Im Rahmen der Gründung einer GmbH wurde im Gesellschaftsvertrag festgelegt, dass das Stammkapital durch Sacheinlage eines Fahrzeugs zu erbringen sei. Die Alleingesellschafterin erwarb daraufhin das Fahrzeug – die Rechnung über den Pkw mit Umsatzsteuer war an die Gesellschafterin adressiert, allerdings unter der späteren Geschäftsanschrift der Gesellschaft. Das Fahrzeug brachte sie in die Gesellschaft ein. Vom Unternehmen wurde das Fahrzeug ausschließlich unternehmerisch genutzt. Im Rahmen der Umsatzsteuer-Jahreserklärung machte die GmbH die auf das Fahrzeug entfallende Vorsteuer für den Erwerb zum Abzug geltend.

Das Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug mit der Begründung, die Rechnung laute auf die Alleingesellschafterin und nicht auf die Gesellschaft in Gründung.

 

 

Lösung

Das FG Niedersachsen begründet sein Urteil anhand mehrerer EuGH-Urteile. Danach ist de facto ein zweistufiges Verfahren anzuwenden:

  • Zunächst ist zu prüfen, ob bei dem Gesellschafter, der die Sacheinlage leistet, eine Unternehmereigenschaft vorliegt. Erbringt ein Gesellschafter als Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens seinen Gesellschaftsbeitrag als Sacheinlage, so stellt die Sacheinlage eine sonstige Leistung dar. Die Gegenleistung liegt dabei in der Gewährung von Gesellschaftsrechten. Der Vorsteuerabzug würde in diesem Fall dem Gesellschafter zustehen.
  • Liegt bei dem Gesellschafter wie im Ausgangsfall keine Unternehmereigenschaft vor, so ist zu prüfen, ob ein Vorsteuerabzug von der Gesellschaft geltend gemacht werden kann. Dabei sind drei verschiedene Gründungsphasen zu unterscheiden:

    – Vorgründungsgesellschaft (GbR): bis zum Abschluss des Gesellschaftervertrags;

    – Vorgesellschaft: nach notarieller Beurkundung des Gesellschaftsvertrags;

    – GmbH: nach Eintragung ins Handelsregister.

    Rechtlich besteht eine Identität von Vorgesellschaft und GmbH. Nach der EuGH-Rechtsprechung steht es dem Vorsteuerabzug nicht entgegen, wenn Rechnungen der Vorgesellschaft vor Eintragung und mehrwertsteuerlicher Erfassung dieser Gesellschaft auf ihre Gesellschafter ausgestellt werden. Im Ausgangsfall hat eine solche personenübergreifende Zurechnung in der Unternehmensgründungsphase zu erfolgen. Somit sind die materiellen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug erfüllt. Die falsche Adressierung stellt also einen rein formalen Mangel dar. Hinzu kommt im Ausgangsfall, dass die Rechnung zwar an den Namen der Gesellschafterin adressiert war, als Postanschrift aber die Anschrift der Gesellschaft und nicht die private Wohnanschrift der Gesellschafterin verwendet wurde.

    Somit steht der GmbH der Vorsteuerabzug aus der Rechnung für die erbrachte Sacheinlage zu.

      

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Risk Manager, London (E-Mail: c.thurow@thurow.co.uk)

 

 

BC 6/2025

BC20250621

 

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