Prof. Dr. Christian Zwirner
BFH Beschl. v. 21.3.2025 – X B 21/25 (AdV)
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Die Niedrigzinsphase in der Vergangenheit hat immer wieder die Diskussion entfacht, ob die Höhe der Säumniszuschläge bei verspäteter Steuerzahlung verfassungskonform ist. Der Bundesfinanzhof (BFH) bejahte nun dies und begründet dies mit der aktuellen wirtschaftlichen Lage. Beginnend mit dem Krieg in der Ukraine stiegen die Inflation und der Marktzins deutlich an und beendeten die Niedrigzinsphase. Der BFH sieht somit die Verfassungsmäßigkeit der Säumniszuschläge ab 2022 als verfassungskonform an.
Praxis-Info!
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem aktuellen Beschluss klargestellt, dass seit März 2022 keine ernsthaften Zweifel (mehr) an der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlich geregelten Säumniszuschläge bestehen. Dies wurde insbesondere mit dem deutlichen Anstieg der Marktzinsen begründet, der seit dem Kriegsausbruch in der Ukraine im Februar 2022 eintrat.
Hintergrund der Säumniszuschläge
Säumniszuschläge sind gesetzlich in der Abgabenordnung (AO) geregelt. Sie werden fällig, wenn Steuerpflichtige ihre Zahlungen nicht fristgerecht leisten, und betragen 1% des rückständigen Steuerbetrags pro Monat (also 12% pro Jahr) – eine Höhe, die während der Niedrigzinsphase zunehmend infrage gestellt wurde. Kritiker argumentierten, dass diese Regelung unverhältnismäßig sei und nicht der realwirtschaftlichen Entwicklung entspreche.
Verfassungsrechtliche Zweifel während der Niedrigzinsphase
In zurückliegenden Urteilen, insbesondere während der Phase historisch niedriger Marktzinsen, hatte der BFH (noch) Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Säumniszuschläge geäußert. Hierbei stand unter anderem das Grundrecht auf Eigentum (Art. 14 GG) im Fokus. Strittig war, ob die pauschale Höhe der Säumniszuschläge einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Vermögen von Steuerpflichtigen darstellt, insbesondere in einem Zinsumfeld, in dem Darlehen oft zu Zinssätzen unter 1% p.a. angeboten wurden.
Kein verfassungsrechtlicher Zweifel ab März 2022
Mit Beginn des Anstiegs der Marktzinsen ab Anfang 2022 hat sich jedoch die Sachlage geändert. In einem aktuellen Beschluss argumentiert der BFH, dass die Höhe der Säumniszuschläge in einem veränderten Zinsumfeld wieder realitätsnah sei. Insbesondere die starken wirtschaftlichen Verwerfungen durch den Krieg in der Ukraine, die zu einer höheren Inflation und in der Folge zu deutlichen Leitzinserhöhungen führten, haben die Grundlage für vorherige verfassungsrechtliche Bedenken entkräftet. Im Streitfall entschied das Gericht, dass der Zuschlag als verhältnismäßige Sanktion bewertet werden könne.
Fazit und Rechtslage
Der BFH bekräftigt mit dieser Entscheidung die Rechtmäßigkeit der Regelungen über Säumniszuschläge, insbesondere in Zeiten steigender Zinsen. Steuerpflichtige sollten sich bewusst sein, dass die gesetzlichen Vorschriften bis auf wenige Ausnahmefälle weiterhin strikt angewendet werden. Zugleich zeigt das Verfahren, dass Änderungen im wirtschaftlichen Umfeld Einfluss auf die Bewertung verfassungsrechtlicher Zweifel haben können.
Steuerpflichtige, die von Säumniszuschlägen betroffen sind, sollten bei Unsicherheiten rechtzeitig Einspruch einlegen und gegebenenfalls eine Aussetzung der Vollziehung (AdV) beantragen, um finanzielle Nachteile zu minimieren.
WP/StB Prof. Dr. Christian Zwirner,
Dr. Kleeberg & Partner GmbH WPG StBG, München (www.kleeberg.de)
BC 5/2025
BC20250515