FG Köln Urt. v. 29.6.2022 – 5 K 1094/20 (veröffentlicht am 27.1.2025, Revision zugelassen)
Die Übernahme von Erschließungskosten für einen Kreisverkehr stellt – bei unentgeltlicher Übertragung der anteiligen Grundstücksflächen an die Kommune – keine Betriebsvermögensvermehrung dar. Es ist kein Ertrag aus der Auflösung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens zu berücksichtigen.
Praxis-Info!
Problemstellung
Eine Immobiliengesellschaft (ImmoG) wurde von einer Personengesellschaft in der Rechtsform der GbR gegründet. Die ImmoG wurde mit der Errichtung und Vermietung eines Fachmarktzentrums beauftragt. Hierzu ist von der Gründungs-GbR ein Erbbaurecht an einem Grundstück für die ImmoG bestellt worden (Laufzeit 90 Jahre). Im Zuge der Erstellung des Fachmarktzentrums mit insgesamt 8 Gewerbeeinheiten erhielt die ImmoG von der Stadt Z die Auflage, die Zufahrt durch die Herstellung eines Kreisverkehrs sicherzustellen. Der Kreisverkehr wurde zum Teil auf einem Grundstück der Gründungs-GbR errichtet.
Über die gezahlten Herstellungskosten für den Kreisverkehr nahm die ImmoG eine Abschreibung vor. Die Nutzungsdauer orientierte sich an der Laufzeit des Erbbaurechts von 90 Jahren.
Nach Auffassung des Finanzamts handle es sich bei den Aufwendungen zur Errichtung des Kreisverkehrs um Erschließungskosten für das dahinterliegende Erbbaurechtsgrundstück. Die Erschließungskosten seien als Wert des Grund und Bodens bei der Gründungs-GbR zu aktivieren. Denn durch Vornahme der Erschließungsmaßnahmen, wodurch das Erbbaurechtsgrundstück erst entsprechend bebaut und genutzt werden konnte, habe das Erbbaurechtsgrundstück einen Wertzuwachs an Grund und Boden erfahren. Da sich das Grundstück im Betriebsvermögen der Gründungs-GbR befinde, sei über die Laufzeit des Erbbaurechts von 90 Jahren der Wert des Grund und Bodens als passiver Rechnungsabgrenzungsposten erfolgswirksam (gewinnerhöhend) aufzulösen.
Die ImmoG widersprach der Bildung und Auflösung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens. Es handle sich bei den Aufwendungen für den Kreisverkehr um sofort abzugsfähige Anschaffungs-/Herstellungskosten. Der passive Rechnungsabgrenzungsposten sei (gemäß § 250 Abs. 2 HGB) für erhaltene Zahlungen für Erträge („Einnahmen vor dem Abschlussstichtag“) der kommenden Geschäftsjahre anzusetzen („bestimmte Zeit nach dem Bilanzstichtag“). Dasselbe gilt über § 5 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 EStG auch in der Steuerbilanz.
Das Entgelt für eine noch ausstehende Leistung solle erst nach deren Erbringung durch Auflösung des passiven Rechnungsabgrenzungspostens erfolgswirksam vereinnahmt werden. In der Literatur und Rechtsprechung würden ausschließlich Fälle beurteilt, bei denen dem passiven Rechnungsabgrenzungsposten eine mittelbare Zahlung bzw. Leistung gegenüberstehe, die für Zeiträume nach Ende des Bilanzstichtags geleistet würden. Fälle, in denen ein passiver Rechnungsabgrenzungsposten durch angenommene Wertsteigerungen entstehe, seien nicht bekannt.
Im vorliegenden Fall war die Errichtung des Kreisverkehrs zwingender Bestandteil des Baugenehmigungsverfahrens. Ein messbarer Vermögens- bzw. Ertragsvorteil für die Gründungs-GbR habe sich aus der Herstellung nicht ergeben. Zu berücksichtigen sei hier zudem, dass die streitgegenständliche Fläche unentgeltlich an die Stadt Z übertragen worden sei. Damit sei die Gründungs-GbR nicht mehr Eigentümerin (fehlender Wertzuwachs des Grund und Bodens, hier: Kreisverkehr). Hinsichtlich des Kreisverkehrs bestehe keine Leistungsbeziehung zwischen der Gründungs-GbR und ImmoG. Sämtliche steuer- und bilanzrechtlichen Vorschriften zur Bildung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens seien infolgedessen nicht erfüllt.
Erschließungskosten dienten im Allgemeinen dazu, das Grundstück baureif und damit betriebsbereit zu machen (§ 255 Abs. 1 S. 1 HGB) und die allgemeine Nutzbarkeit des Grund und Bodens zu erweitern. Im vorliegenden Streitfall diente die Anlage eines Kreisverkehrs der Sicherstellung der Erschließung des Baugrundstücks – und nicht der Erschließung selbst. Die Stadt Z habe sich der Baukosten entledigt, indem sie die Kostenübernahme durch die ImmoG zur Voraussetzung für die Erteilung der Baugenehmigung gemacht habe. Eine unmittelbare Wertsteigerung des Erbbaurechtsgrundstücks durch den Kreisverkehr liege nicht vor. Auch in dieser Hinsicht sei die Bildung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens nicht möglich.
Lösung
Das Finanzamt hat zu Unrecht angenommen, dass die von der ImmoG gezahlten Erschließungskosten für den Kreisverkehr zu einer Mehrung (Erhöhung) des Betriebsvermögens bei der Gründungs-GbR geführt haben.
Der Kreisverkehr wurde auf Grundstücken errichtet, die zunächst teilweise im Eigentum der Gründungs-GbR standen. Die Grundstücke der Gründungs-GbR waren nicht mit einem Erbbaurecht für die ImmoG belastet. Die Zahlung der Erschließungsbeiträge beruhte einzig auf den Vereinbarungen der ImmoG, die diese als alleinige Investorin mit der Stadt Z schließen musste.
Die anteiligen Grundstücksflächen, auf denen der Kreisverkehr errichtet wurde, sind dann jedoch vertragsgemäß an die Stadt Z übertragen worden. Es handelt sich um aktivierungspflichtige Bauten der ImmoG auf fremdem Grund und Boden; dieser ist der Gründungs-GbR als Grundstückseigentümerin zuzurechnen. Die Gründungs-GbR hätte demnach bei Fertigstellung des Kreisverkehrs folgende Buchungen vornehmen müssen:
- „Wirtschaftsgut Kreisverkehr an außerordentlichen Ertrag“ und zugleich
- „Außerordentlicher Aufwand an Verbindlichkeit aus Übertragungsverpflichtung“.
Im Ergebnis wäre die Ertragsbuchung neutralisiert worden. Darüber hinaus hätte korrekterweise bei der Gründungs-GbR zeitanteilig noch die AfA auf den Kreisverkehr gewinnmindernd eingebucht werden müssen, was aber wiederum die Höhe der Übertragungsverbindlichkeiten vermindert hätte. Damit wäre unter Berücksichtigung der richtigen steuerlichen und buchhalterischen Behandlung im Ergebnis kein zusätzlicher Ertrag angefallen. Insofern bestand kein Raum für die Berücksichtigung eines Ertrags aus der Auflösung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens.
Bilanzierungshinweis:
Beiträge zur Errichtung erstmaliger Erschließungsanlagen bewirken eine bleibende Werterhöhung des Grund und Bodens. Die durch die Zahlung der Beiträge zur erstmaligen Erschließung bedingte Wertsteigerung des Grund und Bodens ist in der Bilanz des Grundstückseigentümers als Vermögenszugang beim Grund und Boden zu aktivieren. Die Bezahlung von Erschließungsbeiträgen durch den Erbbauberechtigten ist somit ein – neben den Erbbauzins tretendes – zusätzliches Entgelt, welches dem Grundstückseigentümer im Wege einer Werterhöhung seines Grundstücks zufließt. Dem Vermögenszugang ist ein passiver Rechnungsabgrenzungsposten in gleicher Höhe gegenüberzustellen und zu jedem Bilanzstichtag linear aufzulösen.
Bilanzierungshinweis: Beiträge zur Errichtung erstmaliger Erschließungsanlagen bewirken eine bleibende Werterhöhung des Grund und Bodens. Die durch die Zahlung der Beiträge zur erstmaligen Erschließung bedingte Wertsteigerung des Grund und Bodens ist in der Bilanz des Grundstückseigentümers als Vermögenszugang beim Grund und Boden zu aktivieren. Die Bezahlung von Erschließungsbeiträgen durch den Erbbauberechtigten ist somit ein – neben den Erbbauzins tretendes – zusätzliches Entgelt, welches dem Grundstückseigentümer im Wege einer Werterhöhung seines Grundstücks zufließt. Dem Vermögenszugang ist ein passiver Rechnungsabgrenzungsposten in gleicher Höhe gegenüberzustellen und zu jedem Bilanzstichtag linear aufzulösen. |
[Anm. d. Red.]
BC 2/2025
BC20250223