Im Rahmen ihrer Wachstumsinitiative im Sommer 2024 hatte die Bundesregierung u.a. angekündigt, Beschäftigten, die mehr arbeiten wollen, eine größere Flexibilität einzuräumen und Mehrarbeit zu honorieren. Durch das Steuerfortentwicklungsgesetz soll eine steuer- und sozialversicherungsfreie Teilzeitaufstockungsprämie eingeführt werden. Da es sich hierbei nicht um eine Lohnersatzleistung handelt, unterliegt die Teilzeitaufstockungsprämie nicht dem Progressionsvorbehalt.
Praxis-Info!
Voraussetzung für die Inanspruchnahme
Die Inanspruchnahme der Teilzeitaufstockungsprämie setzt voraus, dass der teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer bereit ist, seine wöchentliche Arbeitszeit dauerhaft zu erhöhen. Eine solche dauerhafte Erhöhung setzt voraus, dass die Erhöhung einen Zeitraum von mindestens 24 Monaten umfasst.
Als Gegenleistung für die dauerhafte Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit kann der Arbeitgeber an den teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer – zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn – eine Geld- oder Sachleistung in bestimmtem Umfang steuer- und sozialversicherungsfrei erbringen. Durch das „Zusätzlichkeitserfordernis“ ist eine Gehaltsumwandlung zugunsten dieser steuer- und sozialversicherungsfreien Arbeitgeberleistung ausgeschlossen.
Höhe der Teilzeitaufstockungsprämie
Stockt der teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer seine wöchentliche Arbeitszeit auf, ist der für die zusätzlich erbrachten Arbeitsstunden gezahlte Arbeitslohn steuer- und sozialversicherungspflichtig. Besonders bei geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen ist daher darauf zu achten, dass durch eine Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit die Geringfügigkeitsgrenze (ab 1.1.2025 = 556 € monatlich) nicht überschritten wird.
Die darüber hinaus zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Teilzeitaufstockungsprämie ist steuer- und sozialversicherungsfrei, soweit sie 225 € je dauerhaft erhöhte Arbeitsstunde und insgesamt 4.500 € nicht übersteigt.
Beispiel 1: Dauerhafte Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit um 20 Stunden Ein Arbeitnehmer ist zu 50% teilzeitbeschäftigt. Er arbeitet in der Woche 20 Stunden und hat einen Stundenlohn von 16 €. Ab 1.1.2025 erhöht er seine Arbeitszeit dauerhaft auf 40 Stunden die Woche. Behandlung: Ab 1.1.2025 erhöht sich der wöchentliche Arbeitslohn des Arbeitnehmers um 320 € (20 Stunden à 16 €). Dieser Betrag ist steuer- und beitragspflichtig. Daneben kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einmalig eine steuer- und sozialversicherungsfreie Teilzeitaufstockungsprämie von 4.500 € zahlen (20 Stunden à 225 €); selbstverständlich kann der Arbeitgeber die Teilzeitaufstockungsprämie bis zum Höchstbetrag auch in Raten zahlen. Der Betrag von 225 € je Arbeitsstunde erscheint auf den ersten Blick sehr hoch, ist es aber nicht, da die Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit dauerhaft für einen Zeitraum von mindestens 24 Monaten erbracht werden muss. Bei der Berechnung des Betrags von 225 € je Arbeitsstunde geht der Gesetzgeber von 45 Arbeitswochen pro Jahr aus (= 90 Arbeitswochen in 24 Monaten). |
Beispiel 2: Dauerhafte Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit um 1 Stunde Ein Arbeitnehmer erhöht seine wöchentliche Arbeitszeit für einen Zeitraum von 24 Monaten um eine Stunde. Der Arbeitgeber zahlt dem Arbeitnehmer eine steuer- und beitragsfreie Teilzeitaufstockungsprämie von 225 €. In den 24 Monaten leistet der Arbeitnehmer 90 zusätzliche Arbeitsstunden (24 Monate = 90 Arbeitswochen à 1 Stunde). Behandlung: Damit erhält der Arbeitnehmer im Ergebnis je zusätzlicher Arbeitsstunde eine steuer- und beitragsfreie Prämie von 2,50 €. Der Betrag von 2,50 € ergibt sich auch im obigen Beispiel 1. Berechnung: Steuer- und sozialversicherungsfreier Betrag 4.500 € dividiert durch (20 Arbeitsstunden x 90 Wochen in 24 Monaten =) 1.800 Stunden = 2,50 € je zusätzlicher Arbeitsstunde. |
Ausschlussklauseln:
Die Steuer- und Sozialversicherungsfreiheit der Teilzeitaufstockungsprämie ist ausgeschlossen, wenn im Zeitpunkt der Erhöhung eine im Voraus bestimmte, zeitlich begrenzte Teilzeittätigkeit mit einer verbleibenden Laufzeit von weniger als 24 Monaten vorliegt.
Beispiel: Vorübergehende Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit um 5 Stunden Arbeitgeber A und Arbeitnehmer B vereinbaren ab 1.1.2025 eine dauerhafte Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit um fünf Stunden. Der zwischen A und B abgeschlossene, befristete Arbeitsvertrag läuft bis zum 30.6.2026. Behandlung: Da die verbleibende Laufzeit der zeitlich begrenzten Teilzeittätigkeit am 1.1.2025 weniger als 24 Monate beträgt, handelt es sich nicht um eine dauerhafte Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit im Sinne der neuen Steuerbefreiungsvorschrift.
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Ebenso ist die Steuer- und Sozialversicherungsfreiheit der Teilzeitaufstockungsprämie ausgeschlossen, wenn innerhalb der letzten 12 Monate eine Verringerung der Arbeitszeit vorausgegangen ist.
Beispiel: Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit bei vorausgegangener Verringerung der Arbeitszeit Arbeitgeber A und Arbeitnehmer B vereinbaren zum 1.11.2024 eine Verringerung der Arbeitszeit von 40 Stunden auf 30 Stunden. Aufgrund der guten Auftragslage des Unternehmens soll die Arbeitszeit von B zum 1.7.2025 von 30 Stunden auf 35 Stunden erhöht werden. Behandlung: Eine etwaige Teilzeitaufstockungsprämie ist nicht steuer- und sozialversicherungsfrei, da die Arbeitszeit innerhalb der vorausgegangenen 12 Monate verringert worden ist. Die für die Aufstockung nachvollziehbaren betrieblichen Gründe für die Aufstockung sind unbeachtlich. |
Die Ausschlussklausel bei der vorstehenden „12-Monatsfrist“ ist allerdings unbeachtlich, wenn die Verringerung der Arbeitszeit vor dem 1.7.2024 – und damit vor Bekanntwerden der Wachstumsinitiative der Bundesregierung – vereinbart wurde.
Störfälle
Die Steuer- und Sozialversicherungsfreiheit der Teilzeitaufstockungsprämie setzt eine Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit für einen Zeitraum von mindestens 24 Monaten voraus. Kommt es innerhalb dieser 24 Monate – aus welchen Gründen auch immer – zu einem „Störfall“, wird die Steuer- und Sozialversicherungsfreiheit weder ganz noch teilweise rückgängig gemacht. Unbeachtlich ist, ob die Gründe für den Störfall in der Sphäre des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmers liegen.
Beispiel: Unterbrechung einer dauerhaften Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit Arbeitgeber A und Arbeitnehmer B vereinbaren ab 1.4.2025 eine Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit um 10 Stunden für einen Zeitraum von 24 Monaten. A zahlt dem B eine steuer- und sozialversicherungsfreie Teilzeitaufstockungsprämie von 2.250 € (10 Stunden à 225 €). Zum 31.1.2026 kündigt B sein Arbeitsverhältnis bei A. Die Steuer- und Sozialversicherungsfreiheit der Teilzeitaufstockungsprämie bleibt bestehen und wird nicht rückgängig gemacht. |
Aufzeichnungs- und Bescheinigungspflichten
Die steuer- und sozialversicherungsfreie Teilzeitaufstockungsprämie ist aufgrund der ggf. erforderlichen Überprüfung der Einhaltung des Höchstbetrags im Lohnkonto aufzuzeichnen. Ein Grund für den bisher nicht vorgesehenen Ausweis in der Lohnsteuerbescheinigung ist nicht ersichtlich.
Mitarbeiter der BC-Redaktion
BC 11/2024
BC20241108