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Gleichlautender Erlass der OFD zur Grundsteuer als Reaktion auf BFH-Rechtsprechung

Prof. Dr. Christian Zwirner und Michael Vodermeier

Ansatz eines niedrigeren gemeinen Werts bei der Bewertung des Grundvermögens

 

Die OFD reagiert mit einem gleichlautenden Erlass vom 24.6.2024 auf die jüngste Rechtsprechung des BFH zur Grundsteuer. Die Finanzverwaltung schließt sich der Rechtsprechung des BFH vom 24.6.2024 an und lässt damit den Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts durch den Steuerpflichtigen zu. Die Nachweislast liegt beim Steuerpflichtigen. Unter bestimmten Voraussetzungen ist damit den Anträgen auf Aussetzung der Vollziehung von Bescheiden über die Feststellung des Grundsteuerwerts stattzugeben.


 

Praxis-Info!

Der BFH hatte mit seinen Beschlüssen vom 27.5.2024 (II B 78/23 – siehe hierzu Thurow im BC-Newsletter vom 13.6.2024 – sowie II B 79/23)entschieden, dass dem Steuerpflichtigen unter bestimmten Bedingungen die Möglichkeit eingeräumt werden müsse, einen niedrigeren gemeinen Wert nachzuweisen, wenn dieser unter dem festgestellten Grundsteuerwert liegt. Gesetzlich vorgesehen ist ein Ansatz mit einem nachgewiesenen niedrigeren gemeinen Wert allerdings nicht. Mit gleichlautendem Erlass vom 24.6.2024 (BStBl. I 2024, 1073) schließt sich die Finanzverwaltung nun der Rechtsprechung des BFH an und gewährt dem Steuerpflichtigen unter bestimmten Voraussetzungen dennoch den Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts.

Laut BFH ist die typisierende und pauschalierende Bewertung bei der Grundsteuer und sind die damit einhergehenden Ungenauigkeiten nur hinzunehmen, soweit das Übermaßverbot im Einzelfall durch Billigkeitsmaßnahmen oder eine verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift gewahrt bleibt. Billigkeitsmaßnahmen im Sinne des § 163 AO sind bei der Feststellung von Grundsteuerwerten ausweislich § 220 S. 2 Hs. 1 BewG ausdrücklich ausgeschlossen. Insoweit akzeptiert die Finanzverwaltung eine verfassungskonforme Auslegung der Bewertungsvorschriften, um Verstöße gegen das Übermaßverbot bei der Grundsteuerwertermittlung zu verhindern, und verweist hierzu auf die angeführte Rechtsprechung des BFH.

Ein Verstoß gegen das Übermaßverbot liegt laut Rechtsprechung des BFH dann vor, wenn der ermittelte Grundsteuerwert erheblich über dem normalen Maß liegt. Konkret bedeutet dies, dass der nach §§ 218 ff. BewG ermittelte Grundsteuerwert den nachgewiesenen niedrigeren gemeinen Wert zum Hauptfeststellungszeitpunkt nicht um 40% oder mehr übersteigen darf. Laut gleichlautendem Erlass trifft den Steuerpflichtigen in solchen Fällen die Nachweislast und nicht nur eine bloße Darlegungslast.

Der Steuerpflichtige kann als Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts ein Gutachten des zuständigen Gutachterausschusses im Sinne der §§ 192 ff. BauGB oder von Personen, die von einer staatlichen, staatlich anerkannten oder nach DIN EN ISO/IEC 17024 akkreditierten Stelle als Sachverständige oder Gutachter für die Wertermittlung von Grundstücken bestellt oder zertifiziert worden sind, vorlegen. Zudem dient auch ein im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zustande gekommener niedrigerer Kaufpreis des zu bewertenden Grundbesitzes als Nachweis. Allerdings muss der Kauf innerhalb eines Jahres vor oder nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt erfolgen, und die maßgeblichen Verhältnisse dürfen sich gegenüber den Verhältnissen zum Hauptfeststellungszeitpunkt nicht verändert haben.

Laut OFD ist Anträgen auf Aussetzung der Vollziehung von Bescheiden über die Feststellung des Grundsteuerwerts zu entsprechen, wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass der Grundsteuerwert den Verkehrswert um mindestens 40% übersteigt. Für die Gewährung der Aussetzung der Vollziehung ist die Vorlage eines Gutachtens noch nicht erforderlich. Der Steuerpflichtige soll zur Vorlage des Gutachtens seitens der Finanzverwaltung aufgefordert werden. Vorbehaltlich anderer Erkenntnisse sieht es die OFD als unbedenklich an, wenn als Ergebnis der summarischen Prüfung 50% des Grundsteuerwerts von der Vollziehung ausgesetzt werden. Die Aussetzung der Vollziehung des Grundsteuerwertbescheids betrifft auch den Grundsteuermessbescheid. Dies gilt losgelöst davon, ob gegen den Grundsteuermessbescheid ein Einspruch mit Antrag auf Aussetzung der Vollziehung vorliegt.

Mit dem gleichlautenden Erlass schließt sich die OFD der jüngsten Rechtsprechung des BFH an. Steuerpflichtige können demnach den Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts im Vergleich zum Grundsteuerwert erbringen, obwohl hierfür keine gesetzliche Grundlage besteht. Die Regelung zur Grundsteuer verstößt in solchen Fällen gegen das verfassungsrechtliche Übermaßverbot. Derzeit sind weitere Verfahren zur Verfassungsmäßigkeit der Grundsteuermodelle anhängig. Es bleibt daher abzuwarten, ob sich künftig weitere Änderungen bei der Grundsteuer ergeben werden.

 

WP/StB Prof. Dr. Christian Zwirner,
Dr. Kleeberg & Partner GmbH WPG StBG, München (www.kleeberg.de)

WP/StB Michael Vodermeier, Dr. Kleeberg & Partner GmbH WPG StBG, München

 

 

BC 9/2024 

BC20240906

 

 

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