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„Steuerrabatte“ für ausländische Fachkräfte – eine lohnbuchhalterische Blackbox

Christian Thurow

 

Im Rahmen des Bundeshaushalts 2025 plant die Regierungskoalition eine Wachstumsinitiative, welche unter anderem anteilige Steuerfreistellungen für ausländische Fachkräfte vorsieht. Neben der sofort entbrannten Diskussion um Steuergerechtigkeit und die Benachteiligung inländischer Arbeiternehmer hätte eine Umsetzung des Plans auch gravierende Auswirkungen auf die Lohnsteuer und die dieser zugrunde liegenden Lohnabrechnung.


 

Praxis-Info!

Zu beachten ist, dass es sich beim „Wachstumspaket“ derzeit eher um ein Strategiepapier handelt. Konkrete Einzelheiten sind noch nicht verfügbar. Die Passage des Papiers, die sich auf die prozentuale Steuerfreistellung bezieht, lautet:

„Dazu können neu zugewanderte Fachkräfte in den ersten drei Jahren 30, 20 und 10 Prozent vom Bruttolohn steuerfrei stellen.“

Ohne auf Gerechtigkeitsfragen einzugehen, würde eine Umsetzung des Plans einige interessante Problemfelder betreffen:

  • Die Einkommensteuer ist eine Jahressteuer. Da nicht davon auszugehen ist, dass alle zugewanderten Fachkräfte am 1. Januar eines Jahres in ihrem neuen Job starten werden, würden Steuer- und Steuerrabattzeitraum auseinanderfallen.

 

 

Beispiel:

Unterjähriger Beginn der Tätigkeit im Inland

Eine rabattberechtigte zugewanderte Fachkraft beginnt ihre Berufsausübung im Inland am 1. Dezember eines Jahres.

 

Behandlung:

Folglich wären 30% des Bruttolohns für Dezember steuerfrei. Der Rabatt würde auch die ersten 11 Monate des Folgejahres betreffen. In diesem Folgejahr muss also eine Aufteilung der Einkünfte über zwei Zeiträume erfolgen:

  • mit einem Rabatt von 30% (11 Monate) und
  • mit einem Rabatt von 20% (ein Monat).

Angenommen, im Dezember wird ein Jahresbonus gezahlt: Wäre dieser dann aufgrund des Zeitpunkts des Zuflusses mit 20% zu rabattieren, oder ist der Bonus – welcher sich auf das ganze Jahr bezieht – zu 11/12 mit 30% und zu 1/12 mit 20% zu rabattieren?

 

  • Bei der Umsetzung der prozentualen Steuerfreistellung gibt es zwei Möglichkeiten. Der „Steuerrabatt“ ist
    – entweder vom Arbeitnehmer selbst im Rahmen seiner Jahreseinkommensteuererklärung zu beantragen
    – oder vom Arbeitgeber direkt im Rahmen des Lohnsteuerabzugs zu berücksichtigen.
    Bei der ersten Variante werden die zugewanderten Fachkräfte einige komplizierte Steuerformulare auszufüllen haben. Auch werden sie den finanziellen Vorteil erst Monate nach dem Abschluss des Steuerjahres erhalten. Dies würde die Attraktivität des Angebots deutlich mindern. Von daher könnte die Versuchung bestehen, den administrativen Aufwand auf die Arbeitgeber abzuwälzen. Diese müssten nun mehrere neue Merkmale – „rabattberechtigt“, Freigrenzen, (anteilige) Steuerfreistellungszeiträume etc. – erfassen und dann die Lohnsteuer berechnen. Der erhöhte administrative Aufwand und die potenzielle Lohnsteuerhaftung bei Fehlern dürften den „Steuerrabatt“ für viele Arbeitgeber unattraktiv machen.
  • Nebeneffekte: Internationale Konzerne könnten Mitarbeitende gezielt nach Deutschland entsenden, um von der anteiligen Steuerfreistellung zu profitieren. Erfolgt die Entsendung im Rahmen einer Nettolohnvereinbarung, würde der „Steuerrabatt“ dabei unter Umständen dem Unternehmen selbst zugutekommen.

    Wie zu sehen ist, würde die Umsetzung des Plans einige interessante Konkretisierungen bezüglich lohnbuchhalterischer sowie lohn- und einkommensteuerlicher Sachverhalte benötigen. Es bleibt abzuwarten, wie dies mit dem postulierten Ziel der Steuervereinfachung in Einklang gebracht werden soll.

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Business Audit Manager, London (E-Mail: c.thurow@thurow.co.uk)

 

 

BC 8/2024

BC20240806

 

 

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