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Steuerliches Einlagekonto: Berichtigung des Feststellungsbescheids

Prof. Dr. Christian Zwirner

Anfangs- und Endbestand in Höhe von € 0,00 stellt bei erkennbarer tatsächlicher Zahlung offenbare Unrichtigkeit im Sinne des § 129 AO dar

 

Sowohl das FG Düsseldorf als auch das FG Saarland entschieden in der jüngeren Vergangenheit über die Änderung eines Bescheids über die Feststellung des steuerlichen Einlagekontos aufgrund einer offenbaren Unrichtigkeit. In beiden Fällen wurde das steuerliche Einlagekonto von dem Steuerpflichtigen versehentlich in Höhe von € 0,00 angegeben und vom Finanzamt in ihren Bescheiden übernommen. Während der Änderung durch das FG Düsseldorf stattgegeben wurde, lag im Streitfall vor dem FG Saarland keine offenbare Unrichtigkeit vor.


 

Praxis-Info!

Die offenbare Unrichtigkeit im Sinne des § 129 AO bei unzutreffender Erklärung des steuerlichen Einlagekontos in Höhe von € 0,00 war in der jüngeren Vergangenheit gleich Gegenstand von zwei Verfahren der Finanzgerichtsbarkeit. Das FG Saarland entschied in seinem Urteil vom 20.4.2023 (1 K 1381/19) darüber. Hiervon losgelöst entschied das FG Düsseldorf in seinem Urteil vom 7.9.2023 (7 K 677/22F) zur Berichtigung der gesonderten Feststellung des Bestands des steuerlichen Einlagekontos wegen offenbarer Unrichtigkeit im Sinne des § 129 AO.

 

 

FG Düsseldorf Urt. v. 7.9.2023 – 7 K 677/22F

Dem Urteil des FG Düsseldorf lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin hatte in der Anlage KSt 1 F zur Erklärung zur gesonderten Feststellung des steuerlichen Einlagekontos (§ 27 Abs. 2 KStG) den Bestand zum Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres und den Endbestand zum Schluss des Wirtschaftsjahres jeweils mit € 0,00 angegeben. Aus der eingereichten Bilanz der Steuerpflichtigen war allerdings ersichtlich, dass diese Angabe fehlerhaft war, da eine Kapitalrücklage ausgewiesen wurde, während der Bestand der Kapitalrücklage zum Ende des Vorjahres noch € 0,00 betrug. Dennoch setze das Finanzamt das steuerliche Einlagekonto mit € 0,00 fest. Die Klägerin beantragte nach einigen Jahren den Bescheid nach § 129 AO zu ändern, was vom Finanzamt abgelehnt wurde.

Eine offenbare Unrichtigkeit im Sinne des § 129 AO kann nach der Rechtsprechung auch dann vorliegen, wenn das Finanzamt offenbar fehlerhafte Angaben des Steuerpflichtigen als eigene übernimmt. Offenbare Unrichtigkeiten beschränken sich allerdings auf mechanische Fehler wie Eingabe- oder Übertragungsfehler, sodass Fehler bei der Auslegung oder Anwendung einer Norm, unrichtige Tatsachenwürdigungen oder unzutreffende Annahmen eines Sachverhalts keine offenbaren Unrichtigkeiten darstellen. Die Unrichtigkeit wird laut Rechtsprechung dann als offenbar angesehen, wenn der Fehler bei Offenlegung des Sachverhalts für jeden unvoreingenommenen Dritten klar und eindeutig als offenbare Unrichtigkeit erkennbar ist.

Bei Erfüllung der vorangehenden Tatbestandsmerkmale kann laut Rechtsprechung eine offenbare Unrichtigkeit auch bei einer Nichtangabe eines Werts vorliegen. Hieraus schließt das FG Düsseldorf in seinem Urteil vom 7.9.2023, dass die Angabe der Endsumme von € 0,00 in der Erklärung zur gesonderten Feststellung des steuerlichen Einlagekontos eine offenbare Unrichtigkeit darstelle, wenn die Angaben erkennbar unrichtig sind. Der Umstand, dass neben der Angabe der Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB noch weitere Sachverhaltsermittlungen zur Bestimmung der tatsächlichen Höhe des steuerlichen Einlagekontos erforderlich sind, steht dem nicht entgegen.

Die handels- und steuerrechtlichen Unterschiede müssen allerdings berücksichtigt werden. Während handelsrechtlich die Kapitalrücklage beispielsweise durch Einräumung einer Forderung gespeist werden kann, muss für steuerliche Zwecke ein Zufluss von Mitteln erfolgen. Eine offenbare Unrichtigkeit im Sinne des § 129 AO setzt im Zusammenhang mit der Feststellung des steuerlichen Einlagekontos somit voraus, dass sich den Unterlagen sowohl die Erhöhung der Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 HGB als auch ein tatsächlicher Mittelzufluss bei der Gesellschaft entnehmen lässt.

Im vorliegenden Fall handelte es sich um eine sozusagen inaktive Gesellschaft mit nur wenigen Posten in der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung, sodass der Mittelzufluss für einen unvoreingenommenen Dritten offenbar war. Insofern hatte das Finanzamt offenbar fehlerhafte Angaben des Steuerpflichtigen übernommen. Eine Änderung des Bescheids wegen einer offenbaren Unrichtigkeit war daher geboten.

 

 

FG Saarland Urt. v. 20.4.2023 – 1 K 1381/19

Im Urteil des FG Saarland war ebenfalls darüber zu entscheiden, ob ein Bescheid über die Feststellung des steuerlichen Einlagekontos aufgrund einer offenbaren Unrichtigkeit zu ändern sei. Auch hier wurde der Bestand des steuerlichen Einlagekontos unzutreffend auf € 0,00 festgestellt. Die Argumentation des FG Saarland stimmt dabei grundsätzlich mit der des FG Düsseldorf überein. Im vorliegenden Fall war die Unrichtigkeit allerdings nicht offenbar. Im Streitfall fehlte es am Nachweis der tatsächlichen Zahlung. Die Unrichtigkeit ließ sich ohne weitere Plausibilitätsprüfungen der Bilanz sowie der Erläuterungen zur Bilanz nicht erschließen. Insoweit war die Unrichtigkeit im vorliegenden Fall gerade nicht offenbar.

Laut Rechtsprechung spricht der Umstand, dass auf einer zweiten Stufe noch weitere Sachverhaltsermittlungen zur tatsächlichen Höhe des steuerlichen Einlagekontos erforderlich sind, nicht gegen das Vorliegen einer offenbaren Unrichtigkeit im Sinne des § 129 S. 1 AO. Allerdings könne dies nach Auffassung des FG Saarland nicht so verstanden werden, dass bereits bei Prüfung einer offenbaren Unrichtigkeit dem Grunde nach, also auf der ersten Stufe, weitere Sachverhaltsermittlungen erforderlich sind.

 

 

Würdigung

Es lässt sich festhalten, dass für die Ermittlung des steuerlichen Einlagekontos sowohl die handelsrechtlichen als auch die steuerrechtlichen Voraussetzungen von Bedeutung sind. Sofern diese nicht beide anhand der übermittelten Unterlagen geprüft werden können, wird die Änderung des Steuerbescheids aufgrund einer offenbaren Unrichtigkeit im Sinne des § 129 S. 1 AO wohl abgelehnt, denn sowohl das FG Düsseldorf als auch das FG Saarland, in dessen Streitfall die Änderung letztendlich auch abgelehnt wurde, führen dies als notwendige Bedingung an.

Für die Praxis bedeuten die Urteile, dass es wichtig ist, betreffende Veränderungen im Kapital darzulegen und dem Finanzamt mitzuteilen. Denn nur wenn ein zunächst falsch deklarierter Ausweis des steuerlichen Einlagekontos unter Würdigung der ergänzenden Unterlagen (z.B. Zahlungsnachweise, Sachverhaltsbeschreibung) für einen Dritten unmittelbar als unrichtig erkennbar ist, kommt später eine Korrektur im Sinne des § 129 Abs. 1 AO in Betracht. Da das steuerliche Einlagekonto in der Praxis eine hohe Relevanz und Bedeutung für etwaige steuerfreie Auszahlungen an die Unternehmenseigner hat, ist eine ordnungsgemäße Feststellung des steuerlichen Einlagekontos wichtig.

 

WP/StB Prof. Dr. Christian Zwirner,
Dr. Kleeberg & Partner GmbH WPG StBG, München (www.kleeberg.de)

 

 

BC 8/2024

BC20240805

 

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