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Zur Unterscheidung zwischen Verabschiedungs- und Geburtstagsfeiern

Christian Thurow

FG Niedersachen Urt. v. 23.4.2024 – 8 K 66/22 (Revision zugelassen)

 

Die Finanzverwaltung behandelt vom Arbeitgeber veranstaltete Verabschiedungs- und Geburtstagsfeiern unterschiedlich. Während bei einer Geburtstagsfeier bei Überschreitung der Freigrenze von 110 € nur der auf den Arbeitnehmer und seine Gäste entfallende Anteil als Arbeitslohn behandelt wird, sind bei Verabschiedungsfeiern dem Arbeitnehmer die gesamten Kosten zuzurechnen, unabhängig davon, ob die Veranstaltung im betrieblichen Interesse liegt oder nicht. Doch ist die Ungleichbehandlung gerechtfertigt?


 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Im Ausgangsfall veranstaltete eine Bank eine Verabschiedungsfeier für einen Vorstandsvorsitzenden. Im Rahmen des Empfangs wurde auch der neue Vorsitzende vorgestellt. Die Veranstaltung fand am Firmensitz der Bank statt. Die Bank bestimmte die Gästeliste. Neben den rund 300 geladenen Gästen konnte der scheidende Vorstandsvorsitzende nur eine sehr begrenzte Anzahl engster Familienmitglieder auf die Gästeliste setzen.

Im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung gelangte der Betriebsprüfer zu der Ansicht, dass es sich bei der Veranstaltung nicht um eine Betriebsveranstaltung gehandelt hat. Daher seien die gesamten Aufwendungen der Veranstaltung als steuerpflichtiger Arbeitslohn anzusehen.

 

 

Lösung

Das Niedersächsische Finanzgericht (FG) widerspricht der Auffassung der Finanzverwaltung. Wie vom BFH bereits dargelegt, kann auch eine Verabschiedungsfeier eine Betriebsveranstaltung sein. Ob der betriebliche oder private Charakter überwiegt, ist im Einzelfall zu prüfen. Im Ausgangsfall sprechen die Umstände für das Vorliegen einer Betriebsveranstaltung:

  • Die Bank ist als alleinige Gastgeberin des Empfangs aufgetreten. Sie hat auch die Einladungskarten entworfen und ganz überwiegend die Gästeliste nach betriebspolitischen Gesichtspunkten (im überwiegenden betrieblichen Interesse) bestimmt.
  • Die Veranstaltung fand am Firmensitz der Bank statt und nicht in privaten oder eigens angemieteten Räumlichkeiten.
  • Neben der Verabschiedung des bisherigen Vorstandsvorsitzenden wurde auf dem Empfang auch der neue Vorstandsvorsitzende der Öffentlichkeit vorgestellt.

Die Gesamtwürdigung der Umstände spricht dafür, dass es sich bei dem Empfang um eine Betriebsfeier gehandelt hat. Zu Recht sind die den Freibetrag von 110 € übersteigenden Kosten für den Arbeitnehmer und seine Angehörigen dem Arbeitnehmer als steuerpflichtiger Arbeitslohn zuzurechnen. Die von der Steuerverwaltung postulierte Ungleichbehandlung von Geburtstags- und Verabschiedungsfeiern, wonach die gesamten Kosten dem Arbeitnehmer zuzurechnen seien, ist aus Sicht des FG nicht gerechtfertigt.

 

 

Praxishinweise:

Bei der Frage, ob es sich bei einer Verabschiedungsfeier um eine Betriebsveranstaltung (im überwiegenden betrieblichen Interesse) handelt, orientiert sich das Niedersächsische FG an den Prüfkriterien des BFH (z.B. zu finden in BFH Urt. v. 20.1.2016, VI R 24/15):

  • Wer tritt als Gastgeber auf?
  • Wer bestimmt die Gästeliste?
  • Handelt es sich bei den Gästen um Kollegen oder Geschäftsfreunde, um Angehörige des öffentlichen Lebens, der Presse, um Verbandsvertreter oder um private Bekannte oder Angehörige des Arbeitnehmers?
  • An welchem Ort findet die Veranstaltung statt?

Die lohnsteuerlichen Regelungen zum Freibetrag von 110 € pro Mitarbeitenden gelten nicht analog für die umsatzsteuerliche Behandlung von Betriebsveranstaltungen. Überschreiten die auf den einzelnen Arbeitnehmer entfallenden Zuwendungen bei einer Betriebsfeier den Betrag von 110 €, ist ein Vorsteuerabzug in vollem Umfang ausgeschlossen (Freigrenze!). Im Unterschied dazu ist bei der Lohnsteuer nur der über 110 € (brutto) hinausgehende Betrag lohnsteuerpflichtig (25% Pauschalbesteuerung).

 

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Business Audit Manager, London (E-Mail: c.thurow@thurow.co.uk)

 

 

BC 7/2024

BC20240718

 

 

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