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Nutzungsdauer von Computerhardware und Software zur Dateneingabe und -verarbeitung

BC-Redaktion

OFD Frankfurt/M., Verfügung vom 29.4.2024 – S 2190 A-00021-0357-St 214

 

Den Kernbereich der Digitalisierung bilden die Computerhardware (einschließlich der dazu gehörenden Peripheriegeräte) sowie die für die Dateneingabe und -verarbeitung erforderliche Betriebs- und Anwendersoftware. Diese Wirtschaftsgüter unterliegen aufgrund des raschen technischen Fortschritts einem immer schnelleren Wandel. Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer, die der Abschreibung nach § 7 EStG zugrunde zu legen ist, wurde für diese Wirtschaftsgüter allerdings seit rund 20 Jahren nicht mehr geprüft und bedarf deshalb einer Anpassung an die geänderten tatsächlichen Verhältnisse.


 

Praxis-Info!

 

1. Nutzungsdauer

Für die nach § 7 Abs. 1 EStG anzusetzende Nutzungsdauer kann für die zu Beginn des Punkts 2 aufgeführten materiellen Wirtschaftsgüter „Computerhardware“ sowie die am Ende des Punkts 2 näher bezeichneten immateriellen Wirtschaftsgüter „Betriebs- und Anwendersoftware“ eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von einem Jahr zugrunde gelegt werden.

 

1.1 Die betroffenen Wirtschaftsgüter unterliegen auch weiterhin § 7 Abs. 1 EStG. Die Möglichkeit, eine kürzere betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer zugrunde zu legen, stellt

  • keine besondere Form der Abschreibung,
  • keine neue Abschreibungsmethode und
  • keine Sofortabschreibung

    dar. Die Anwendung der kürzeren Nutzungsdauer stellt zudem auch kein Wahlrecht im Sinne des § 5 Abs. 1 EStG dar.

     

1.2 Auch bei einer grundsätzlich anzunehmenden Nutzungsdauer von einem Jahr gilt, dass

  • die Abschreibung im Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung, mithin bei Fertigstellung, beginnt,
  • die Wirtschaftsgüter in das nach EStR 5.4 2012 zu führende Bestandsverzeichnis aufzunehmen sind,
  • der Steuerpflichtige von dieser Annahme auch abweichen kann,
  • die Anwendung anderer Abschreibungsmethoden grds. möglich ist.

 

1.3 Die Regelung findet gemäß § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7 S. 1 EStG auch für Überschusseinkünfte Anwendung.

 

1.4 Es wird nicht beanstandet, wenn abweichend zu § 7 Abs. 1 S. 4 EStG die Abschreibung im Jahr der Anschaffung oder Herstellung in voller Höhe vorgenommen wird.

 

 

2. Begriffsbestimmung

Der Begriff „Computerhardware“ umfasst Computer, Desktop-Computer, Notebook-Computer, Desktop-Thin-Clients, Workstations, Dockingstations, externe Speicher- und Datenverarbeitungsgeräte (Small-Scale-Server), externe Netzteile sowie Peripheriegeräte.

Die betroffenen Wirtschaftsgüter werden wie folgt definiert:

1. „Computer“ bezeichnet ein Gerät, das Logikoperationen ausführt und Daten verarbeitet, das in der Lage ist, Eingabegeräte zu nutzen und Informationen auf Anzeigegeräten auszugeben und das in der Regel eine Zentraleinheit beinhaltet, die die Operationen ausführt. Ist keine Zentraleinheit vorhanden, muss das Gerät als Client Gateway zu einem Computerserver fungieren, der als Computerverarbeitungseinheit dient.

2. „Desktop-Computer“ bezeichnet einen Computer, dessen Haupteinheit an einem festen Standort aufgestellt wird, der nicht als tragbares Gerät ausgelegt ist und der mit einem externen Anzeigegerät sowie externen Peripheriegeräten wie Tastatur und Maus genutzt wird. Bei einem „integrierten Desktop-Computer“ funktionieren der Computer und das Anzeigegerät als Einheit, deren Wechselstromversorgung über ein einziges Kabel erfolgt.

3. „Notebook-Computer“ bezeichnet einen Computer, der speziell als tragbares Gerät und für den längeren Betrieb mit oder ohne direkten Anschluss an eine Wechselstromquelle konzipiert ist. Notebook-Computer verfügen über ein integriertes Anzeigegerät mit einer sichtbaren Bildschirmdiagonale von mindestens 22,86 cm (9 Zoll) und können mit einem integrierten Akku oder einer anderen tragbaren Stromquelle betrieben werden. Unterkategorien des Notebook-Computers sind unter anderen:

a) „Tablet-Computer“: eine Notebook-Computerart, die sowohl über ein eingebautes berührungsempfindliches Anzeigegerät als auch über eine eingebaute physische Tastatur verfügt.

b) „Slate-Computer“: eine Notebook-Computerart, die über ein eingebautes berührungsempfindliches Anzeigegerät, nicht aber über eine eingebaute physische Tastatur verfügt.

c) „mobiler Thin-Client“: eine Notebook-Computerart, die eine Verbindung zu entfernten Rechenressourcen (z.B. Computerserver, Remote-Workstation) benötigt, mit denen die hauptsächliche Datenverarbeitung erfolgt, und die über kein eingebautes Rotations-Speichermedium verfügt.

4. „Desktop-Thin-Client“ bezeichnet einen Computer, der eine Verbindung zu entfernten Rechenressourcen (z.B. Computerserver, Remote-Workstation) benötigt, mit denen die hauptsächliche Datenverarbeitung erfolgt, und der über kein eingebautes Rotations-Speichermedium verfügt. Die Haupteinheit eines Desktop-Thin-Clients wird an einem festen Standort (z.B. auf einem Schreibtisch) aufgestellt und ist nicht als tragbares Gerät ausgelegt. Desktop-Thin-Clients können Informationen entweder auf einem externen oder, soweit vorhanden, auf einem eingebauten Anzeigegerät ausgeben.

5. „Workstation“ bezeichnet einen Hochleistungs-Einzelplatzcomputer, der neben anderen rechenintensiven Aufgaben hauptsächlich für Grafikanwendungen, Computer Aided Design, Softwareentwicklung sowie finanzwirtschaftliche und wissenschaftliche Anwendungen genutzt wird.

6. „Mobile Workstation“ bezeichnet einen Hochleistungs-Einzelplatzcomputer, der neben anderen rechenintensiven Aufgaben mit Ausnahme von Spielen hauptsächlich für Grafikanwendungen, Computer Aided Design, Softwareentwicklung sowie finanzwirtschaftliche und wissenschaftliche Anwendungen genutzt wird, und der speziell als tragbares Gerät und für den längeren Betrieb mit oder ohne direkten Anschluss an eine Wechselstromquelle konzipiert ist. Mobile Workstations haben ein integriertes Anzeigegerät und können mit einem integrierten Akku oder einer anderen tragbaren Stromquelle betrieben werden. Die meisten mobilen Workstations verfügen über ein externes Netzteil sowie eine integrierte Tastatur und ein integriertes Zeigegerät.

7. „Small-Scale-Server“ bezeichnet eine Computer-Art, die in der Regel Desktop-Computer-Komponenten im Desktopgeräteformat verwendet, jedoch in erster Linie als Speicherhost für andere Computer und zur Ausführung von Funktionen wie der Bereitstellung von Netzinfrastrukturdiensten und dem Daten-/Medien-Hosting bestimmt ist und

a) als Standgerät, Turmgerät oder in einem sonstigen Format ausgelegt ist, das dem Format von Desktop-Computern ähnelt, sodass alle Datenverarbeitungs-, Speicher- und Netzschnittstellenkomponenten in einem Gehäuse untergebracht sind;

b) die für den Betrieb 24 Stunden pro Tag an 7 Tagen in der Woche ausgelegt ist;

c) die in erster Linie für den Simultanbetrieb in einer Mehrbenutzer-Umgebung ausgelegt ist, in der mehrere Benutzer an vernetzten Client-Geräten arbeiten können;

d) die über ein Betriebssystem verfügt, das für Heimserver oder Serveranwendungen im unteren Leistungsbereich ausgelegt ist, sofern das Gerät mit einem Betriebssystem in Verkehr gebracht wird.

8. „Dockingstation“ bezeichnet ein separates Produkt, das an einen Computer angeschlossen wird und dazu dient, Funktionen, wie z.B. die Erweiterung der Anschlussmöglichkeiten oder das Zusammenlegen von Anschlüssen für Peripheriegeräte, zu übernehmen. Dockingstations können auch das Laden von internen Akkus im angeschlossenen Computer erleichtern.

9. „Externes Netzteil“ bezeichnet ein Gerät,

– das dafür konzipiert ist, Wechselstrom (AC) aus dem Stromnetz in Wechselstrom (AC) oder Gleichstrom (DC) niedrigerer Spannung umzuwandeln;

– das die Umwandlung jeweils nur in eine Gleichstrom- oder eine Wechselstromausgangsspannung vornehmen kann;

– das zum Betrieb mit einem separaten Gerät – dem Primärverbraucher – bestimmt ist;

– das sich in einem vom Primärverbraucher physisch getrennten Gehäuse befindet;

– das über einen abnehmbaren oder fest verdrahteten elektrischen Anschluss mit Stecker und Kupplung, ein Kabel, eine Litze oder eine sonstige Verdrahtung mit dem Primärverbraucher verbunden ist und

– das über eine Ausgangsleistung laut Typenschild von höchstens 250 Watt verfügt.

10. „Peripherie-Geräte“ sind alle Geräte, die nach dem EVA-Prinzip (Eingabe-Verarbeitung-Ausgabe) zur Ein- und Ausgabe von Daten genutzt werden. Peripheriegeräte lassen sich funktional in drei Gruppen gliedern:

a) Eingabegeräte: Tastatur, Maus, Grafiktablett, Scanner, Kamera, Mikrofon, Headset u.Ä.

b) Externe Speicher: Festplatte, DVD-/CD-Laufwerk, Flash-Speicher (USB-Stick), Bandlaufwerke (Streamer).

c) Ausgabegeräte: Beamer, Plotter, Headset, Lautsprecher und „Computer-Bildschirm“ oder auch Monitor oder Display (dient der Darstellung der Benutzeroberfläche und der Datenausgabe) sowie „Drucker“ (Geräte, die Computerdaten in grafischer Form auf Papier oder Folien bringen, Non-Impact-Drucker (anschlagfrei, Laserdrucker, Tintenstrahldrucker) und Impact-Drucker [Nadeldrucker]).

Die oben unter Nrn. 1 bis 7 aufgeführte Computerhardware wird nur unter der Voraussetzung als Computerhardware erfasst, dass gemäß Anhang II der Verordnung (EU) Nr. 617/2013 der Kommission vom 26.6.2013 zur Durchführung der Richtlinie 2009/125/EG des Europäischen Parlaments und des Rats im Hinblick auf die Festlegung von Anforderungen an die umweltgerechte Gestaltung von Computern und Computerservern (ABl. L 175 vom 27.6.2013, 13) eine Kennzeichnungspflicht des Herstellers besteht, wonach die Produktart nach Art. 2 der EU-Verordnung in den technischen Unterlagen anzugeben ist. Die Aufzählung für die Computerhardware ist insoweit abschließend. Die Identifizierung der Peripheriegeräte ist in enger Anlehnung an die in der Nr. 10 aufgeführten Geräte vorzunehmen, ohne dass die Aufzählung abschließend ist.

 

 

Praxishinweis:

 

Die umfangreiche obige Auflistung verdeutlicht zugleich, welche digitalen Wirtschaftsgüter nicht betroffen sind. Das bedeutet: Hierfür gelten die bisherigen Regelungen für geringwertige und langlebige Wirtschaftsgüter sowie deren betriebsgewöhnliche Nutzungsdauern weiterhin (z.B. Digitalkameras und Objektive, Telefonanlagen, Handys/Smartphones, Datenschränke, Racks, vgl. ausführlicher Jüttner, BC 2021, 184, Heft 4).


 

Der Begriff „Software“ im Sinne dieses Schreibens erfasst die Betriebs- und Anwendersoftware zur Dateneingabe und -verarbeitung. Dazu gehören auch die nicht technisch-physikalischen Anwendungsprogramme eines Systems zur Datenverarbeitung sowie neben Standardanwendungen auch auf den individuellen Nutzer abgestimmte Anwendungen wie ERP-Software, Software für Warenwirtschaftssysteme oder sonstige Anwendungssoftware zur Unternehmensverwaltung oder Prozesssteuerung.

 

 

3. Anwendung

Dieses Schreiben findet erstmals Anwendung in Gewinnermittlungen für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2020 enden. In Gewinnermittlungen nach dem 31.12.2020 können (Wahlrecht!) die Grundsätze dieses Schreibens auch auf entsprechende Wirtschaftsgüter angewandt werden, die in früheren Wirtschaftsjahren angeschafft oder hergestellt wurden und bei denen eine andere als die einjährige Nutzungsdauer zugrunde gelegt wurde.

Für Wirtschaftsgüter des Privatvermögens, die zur Einkünfteerzielung verwendet werden, gilt die vorstehende Anwendungsregelung ab dem Veranlagungszeitraum 2021 entsprechend.

Die Regelungen des Schreibens BMF 18.11.2005 (BStBl. I 2005, 1025) sowie die Regelung unter 6.14.3.2 des Schreibens BMF 15.12.2000 (AfA-Tabelle für die allgemein verwendbaren Anlagegüter – BStBl. I 2000, 1532) sind letztmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die vor dem 1.1.2021 enden.

 

 

Hinweis der OFD:

Die durch das BMF vermutete Nutzungsdauer für Computerhardware und Software von einem Jahr ist lediglich ein Anhaltspunkt, von welchem in Einzelfällen abgewichen werden kann. Die AfA-Tabellen sind nicht gesetzlich festgelegt und stützen sich regelmäßig auf Prognoseentscheidungen, die durch praktische Erfahrungswerte geprägt sind. Demzufolge kann der Steuerpflichtige grundsätzlich jede beliebige abweichende betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 und 2 EStG nachweisen. Die Wirtschaftsgüter können demnach wie bisher auch über eine Nutzungsdauer von drei Jahren abgeschrieben werden, sofern dies durch den Steuerpflichtigen nachgewiesen wird.

Aufwendungen für eine Homepage fallen nicht unter den Anwendungsbereich des BMF-Schreibens. Die OFD empfiehlt, hier in Anknüpfung an die bisher als üblich anerkannte Nutzungsdauer für technische Geräte, die standardmäßig auch Software enthalten, eine Nutzungsdauer von drei Jahren anzunehmen. Allerdings handelt es sich bei der Entscheidung über die Nutzungsdauer einer Homepage stets um eine Ermessensentscheidung. Dabei ist es von den Funktionen und der Ausgestaltung der Homepage abhängig, welche Nutzungsdauer im Einzelfall vertretbar ist.

 

 

Praxishinweise:

  • Manche Homepage kostet einen sechsstelligen Betrag. In solchen Fällen kann man durchaus von einer hochwertigen Software sprechen und somit eventuell eine Nutzungsdauer von 5 Jahren zugrunde legen. Letztlich liegt es im Ermessen der einzelnen Unternehmen, ggf. in Abstimmung mit den Wirtschaftsprüfern (Einschätzung von Anlagenbuchhaltungsexperte Uwe Jüttner auf LinkedIn; Social-Media-Account der Zeitschrift BC, vgl. BC 2023, 363, Heft 8).
  • Eine nützliche „Kontierungshilfe für Computerhardware und Software zur Dateneingabe und -verarbeitung“ findet sich bei Jüttner, BC 2021, 186 ff., Heft 4.

 

    [Anm. d. Red.]

     

     

    BC 7/2024 

    BC20240709

     

     

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