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Widerstandsfähigkeit durch Vernetzung und Zusammenarbeit

Dr. Hans-Jürgen Hillmer

Impulse anlässlich des MMK 2024 in München

 

Gemeinsam stark: Wie Unternehmen durch Vernetzung und Zusammenarbeit resilient (widerstandsfähig) werden können, war die zentrale Frage des Münchener Management Kolloquiums – einem großformatigen Kongress, der kürzlich in seiner 31. Auflage auch in diesem Jahr eine Vielzahl von Topmanagern und Führungskräften aus KMU zusammenführte. Der Erfahrungsaustausch zeigte insbesondere, dass nur über fortlaufende Veränderungsprozesse (Transformationen) Erfolgspositionen gehalten werden können.


 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Schon seit vielen Monaten stellen sich Manager die Frage, wie die vielerorts notwendige Transformation im Multikrisen-Umfeld gelingen kann. Logistik wird teurer, Risikovermeidung sowie Agilität (Beweglichkeit) werden stärker gewichtet; selbst die Finanzinvestoren strafen Unternehmen mit hohen Abschlägen ab, wenn sie Nachhaltigkeit nicht durch konkrete Maßnahmen im Produktions- bzw. Dienstleistungsnetz abbilden. Beim 31. Münchner Management Kolloquium am 5.3. und 6.3.2024 wurde mit über 80 Führungskräften, die als Referenten Einblicke in ihre Erfahrungswelt gewährten, diskutiert, wie sich scheinbar unvereinbare Strategiepositionen doch verbinden lassen. „Gemeinsam stark“ lautete das Leitmotto, unter dem mit Top-Managern aus großen und mittelständischen Unternehmen sowie erfolgreichen Start-ups zusammen mit Vordenkern aus Wissenschaft und Politik Blaupausen dafür vorgestellt wurden, wie Unternehmen auf Erfolgskurs gehalten werden können. 

 

 

Lösung

Den Königsweg für alle gibt es nicht. Aber die Befolgung einiger Kernsätze dürfte helfen, ihm nahe zu kommen.

 

1. Fortlaufende Transformationen

Immer wieder bewahrheitet sich, dass Stillstand bereits Rückschritt bedeutet. Die Grundaussage eines Vortrags zur Unternehmenstransformation in unsicheren Zeiten lautete: Eine unbeständige Welt mit hohen Unsicherheiten und einem starken technologischen Wettlauf bedingt fortlaufende Transformationen als Schlüssel zum langfristigen Erfolg.

Dr. Ralf Wintergerst (Bitkom-Präsident und CEO Group Giesecke+Devrient) wies darauf hin, dass jeder Erfolg und jede Transformation nur temporären Bestand haben. Seiner Überzeugung nach wird die Innovationsgeschwindigkeit zukünftig zum zentralen Erfolgsfaktor werden. Hierbei zeigte sein Erfahrungsbericht, dass der Transformationsbegriff wie folgt zu verstehen ist:

  • Kurswechsel als Ziel,
  • ein sehr langer Prozess mit Höhen und Tiefen,
  • der viele einzelne Aspekte hat, so z.B.

    –  den Strategiewechsel und

    –  den Einsatz von Digitaltechnologie sowie

    –  eine Business-Umformung (Portfolioänderung, Geschäftsmodellanpassungen).

Auch Dr. Johannes Bussmann (Vorstandsvorsitzender TÜV SÜD AG) bekräftigte, dass als Leitbild der Unternehmensführung eine permanente Transformation anzusehen ist. In der Diskussion zu diesem Panel zeigte sich, dass heute vielerorts eine Beschleunigung des KI-Einsatzes im Zentrum der Veränderungsprozesse steht (vgl. dazu den Beitrag von Hillmer, KI-Revolution: Produktivitätszuwächse und Geschäftsmodellanpassungen). So bekräftigte Dr. Victoria Ossadnik (Mitglied des Vorstands E.ON SE), dass KI die Effizienzsteigerung befördert und gleichermaßen Geschäftsmodell-Transformationen ermöglicht. Für sie ist eine Abgrenzung zur US-Technologie im Digitalbereich als Innovationsverhinderer Nr. 1 anzusehen; vielmehr sei die weltweite Zusammenarbeit zu empfehlen.

 

2. Aufbau von Partnerschaften

Wer langfristig erfolgreich sein möchte, wird es im Alleingang künftig nicht mehr schaffen. Nachhaltige Geschäftsmodelle kommen nicht mehr ohne die Nutzung von Kunden- oder Nutzerdaten aus – wer wachsen will, sollte Plattformen nutzen. In sog. Ökosystemen und Innovationsnetzwerken teilen die Unternehmen ihr Wissen mit Gleichgesinnten und schaffen gemeinsame Standards für Software oder Datenarchitekturen. Es geht nicht mehr darum, der Beste im eigenen Metier zu sein, sondern die Fähigkeit zu entwickeln, Bündnisse zu schmieden.

Vor diesem Hintergrund ging es in einem weiteren Programmteil um den Beitrag von Partnerschaften zur Resilienz-Steigerung. Eine sehr komplexe Welt erfordert zwar Spezialisierung. Das muss dann aber über ein Arbeiten in einem harmonisierenden Partnersystem zusammengeführt werden. Dies empfahl in München Dr. Elisabetta Castiglioni (CEO A1 Digital International GmbH/A1 Digital Deutschland GmbH). Sie charakterisierte eine Cyber-Security-Strategie zunächst durch das Festlegen des Umfangs der Architektur und des Risikomonitorings. Ein zweiter Bereich ist das Schützen, und zwar der Modelle, der Mitarbeiter und der Zugriffe. Drittens schließt sich das Erkennen der Risiken an und viertens das Reagieren, nicht zuletzt mit Notfallplänen. Ein zusammenfassendes Schlagwort lautete: Keine Resilienz ohne Kooperation. Die Zusammenarbeit müsse nicht nur intern erfolgen, sondern auch extern mit Behörden etc.

 

3. Organisatorische Verankerung der Resilienz

Ein weiterer Vortrag von Prof. Dr. Burkhard Pedell (Inhaber des Lehrstuhls für Controlling an der Universität Stuttgart) war der organisationalen Resilienz gewidmet. Ein Resilienz-Management umfasst zunächst die Vorwegnahme und das Vorbeugen von Entwicklungen innerhalb und außerhalb des Unternehmens, dann konsequente Reaktionen, die Auflösung von Zielkonflikten mit Effizienz (denn auch Resilienz kostet) sowie schließlich die Messung, Steuerung und Motivation der Beteiligten. Es ist also Führung besonders gefragt. Hinsichtlich der Resilienz-Definition wies er insbesondere darauf hin, dass damit die Fähigkeit adressiert wird, mit unvorhergesehenen Entwicklungen umzugehen. Dabei muss es sich nicht um Einzelereignisse handeln, sondern es kann beispielsweise auch ein schleichender Verlust der Innovationskraft vorliegen. Nicht erforderlich sei die Rückkehr zu einem Ausgangspunkt. Vielmehr gehe es um die Fortentwicklung des Unternehmens, um letztlich aus Krisen gestärkter hervorgehen zu können.

Es bedarf zunächst der entsprechenden Identifikation von Risiken, sodann der Vermeidung und der Vorsorge im Rahmen eines Krisenmanagements, um schließlich Wettbewerbsvorteile zu schaffen. Pedell betonte: Die größte Hürde liege in einem andauernden Erfolg. Denn dieser führe zur Lähmung der Vorsorge; es fehle das kritische Hinterfragen der Strategien. Wichtig sei in diesem Zusammenhang insbesondere auch ein flexibler Einsatz der Finanzmittel.

 

4. Transparente Projektsteuerung

Mit den notwendigen Veränderungsprozessen befasste sich auch ein Vortrag des „IT-Papstes“ Prof. Dr. Wilhelm August Scheer, der die Zukunft in dem sog. Composable Enterprise (kompatibles Unternehmen) sieht. Ausgangspunkt ist die brüchige Informationslage hinsichtlich der Zukunftsentwicklungen. Dennoch sind Entscheidungen zu treffen, und zwar ohne die Ergebnisauswirkungen zu kennen. Ziel seines Ansatzes ist eine wachstumsorientierte digitale Transformation. Notwendig ist dafür eine Plattform-Architektur, auf der alle Funktionen für den Entwickler bereitgestellt werden. Die einzelnen Funktionen werden dann durch ein Integrationskonzept verbunden. In einem von ihm betreuten Praxisfall konnte so aus einer schwierigen Pandemielage heraus gestärkt hervorgegangen werden. Er betonte: Veränderungsprozesse erforderten eine transparente Projektsteuerung, um ein Scheitern zu verhindern. Dezentrale Organisationen hält er für hilfreicher als zentrale Organisationsmodelle. Das gelte insbesondere für Start-ups, die fast immer auf Partnerschaften angewiesen sind.

 

 

Praxishinweise:

  • Selbstverständlich wurde anlässlich des MMK auch das Thema „Nachhaltigkeit“ in vielen Programmteilen angesprochen. Stellvertretend sei hierzu auf das Gesundheitswesen als besonders geforderte Branche verwiesen (siehe zum Programm unter siehe unter https://management-kolloquium.de/thema-2024-gemeinsam-stark/). Ein in der Medizintechnik führendes Unternehmen positioniert sich ohne Wenn und Aber so: Nachhaltigkeitsziele sind Geschäftsziele.
  • Hierzu wurde im Vortrag des CEO von Siemens Healthineers, Dr. Bernd Montag, zunächst anhand beeindruckender Zahlen veranschaulicht, wie groß die Aufgaben sind, die für das Gesundheitswesen anstehen. So werden 10 Mio. Fachkräfte bis 2025 weltweit fehlen. Krebserkrankungen werden demnach bis 2050 um 77% zunehmen (2022: 20 Mio. neue Fälle; 2050: voraussichtlich 35 Mio. Neuerkrankungen pro Jahr). Um hier auf wirtschaftlicher Basis helfen zu können, ist nach Einschätzung von Montag ein Technologie-Einsatz schlicht unverzichtbar. Aus der Bedeutung des von ihm geführten Unternehmens für das Gesundheitswesen folgt für ihn eine große gesellschaftliche VerantwortungNachhaltigkeitsziele sind deshalb Geschäftsziele mit gleicher Verbindlichkeit wie finanzielle Vorgaben. Die konkrete Ausformung der Nachhaltigkeitsziele besteht etwa in dem Zugang zur Gesundheitsversorgung für alle, in der Schonung von Ressourcen sowie in der Fokussierung auf diverse und engagierte Mitarbeitende. Für Letzteres wurde als Beispiel der für 2025 avisierte Frauenanteil in Höhe von 30% in Führungspositionen (heute ca. 28%) genannt. Die Kernfrage für die Zukunft lautet: Wie schaffen wir es, eine personalisierte Medizin neuer Prägung auch in Zukunft bezahlbar zu halten? Insoweit sind Patientenbedürfnisse und Präzisionstherapien über Datenmodelle und KI zusammenzubringen. Dazu wurde ein Forschungsnetzwerk mit ca. 2.500 Kooperationspartnern geschaffen.


    Dr. Hans-Jürgen Hillmer, BuS-Netzwerk Betriebswirtschaft und Steuern, Coesfeld

     

    BC 4/2024

    BC20240411 

      

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