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Reform der Mutter-Tochter-Richtlinie: Verschärfung zentraler EU-Vorschriften zur Unternehmensbesteuerung

Christian Thurow

Vorschlag der Europäischen Kommission vom 25.11.2013

 

Die sog. Mutter-Tochter-Richtlinie (Richtlinie 2011/96/EU) ist für alle Kapitalgesellschaften von Bedeutung, bei denen Mutter- und Tochtergesellschaft ihren Sitz in unterschiedlichen Mitgliedstaaten haben.

Mit der Mutter-Tochter-Richtlinie sollte ursprünglich verhindert werden, dass in verschiedenen Mitgliedstaaten ansässige Gesellschaften, die einer Gruppe angehören, für Einkünfte zweimal besteuert werden (Doppelbesteuerung). Einige Gesellschaften haben jedoch die Bestimmungen der Richtlinie und Qualifikationskonflikte zwischen nationalen Steuervorschriften ausgenutzt, um in sämtlichen Mitgliedstaaten eine Besteuerung zu vermeiden (doppelte Nichtbesteuerung).

Der Änderungsvorschlag befasst sich mit zwei zentralen Themen:

  • Hybride Finanzinstrumente
  • Allgemeine Regelung zur Verhinderung von Missbrauch.

 

 

Hybride Finanzinstrumente

Hybridanleihen sind Finanzinstrumente, die sowohl Eigen- als auch Fremdkapitalmerkmale aufweisen. Die steuerliche Zuordnung solcher Instrumente zum Eigen- oder Fremdkapital ist EU-weit nicht einheitlich geregelt. Demzufolge kann eine Hybridanleihe in einem Mitgliedstaat als Eigenkapital, in einem anderen dagegen als Fremdkapital behandelt werden. Bei entsprechender Gestaltung lässt sich somit ein Sachverhalt konstruieren, bei dem die Hybridanleihe zu steuerlich abzugsfähigen Aufwendungen in einem Mitgliedstaat und zu steuerfreien Gewinnausschüttungen in einem anderen Mitgliedstaat führt.

 

 

Bestimmung zur Missbrauchsbekämpfung

Die bestehende Missbrauchsbekämpfungsklausel wird wesentlich erweitert und verdeutlicht. Dies soll zum einen eine aggressive Steuerplanung einzelner Unternehmen unterbinden und zum anderen eine bessere Koordination der Mitgliedstaaten bei der Missbrauchsbekämpfung ermöglichen.

 

 

Änderung der Richtlinie 2011/96/EU

Der Vorschlag der Europäischen Kommission sieht folgende wesentlichen Änderungen vor:

  • Einfügung eines Artikel 1a:
    Im Falle einer künstlichen Gestaltung, die dem Geist, Ziel und Zweck der Richtlinie zuwider handelt und die überwiegend dazu dient, aus den Regelungen der Richtlinie einen unangemessenen steuerlichen Vorteil zu erlangen, entziehen die Mitgliedstaaten diesen Steuervorteil. Eine künstliche Gestaltung liegt vor, wenn die Vorgänge nicht die wirtschaftliche Realität widerspiegeln. Es werden mehrere Kriterien zur Bestimmung der Abweichung von der wirtschaftlichen Realität gegeben.
  • Änderung des Wortlauts von Artikel 4 Abs. 1a:
    Der Mitgliedstaat, in welchem die Muttergesellschaft ihren Sitz hat, und der Mitgliedstaat, in welchem die Betriebsstätte liegt, besteuern bestimmte Gewinne nicht, wenn diese nicht analog bei der Tochtergesellschaft als Aufwand abgezogen werden können. Im Umkehrschluss folgt hieraus: Eine Besteuerung ist vorzunehmen, wenn auch ein steuerlicher Abzug stattgefunden hat.
    Bezogen auf die Schließung des Steuerschlupflochs bei hybriden Finanzinstrumenten bedeutet das: Zahlungen infolge von Hybridanleihen, die im Mitgliedstaat der Tochtergesellschaft abzugsfähig sind, werden in dem Mitgliedstaat besteuert, in dem die Muttergesellschaft ansässig ist. Auf diese Weise sollen grenzübergreifende Gesellschaften davon abgehalten werden, ihre gruppeninternen Zahlungen so zu gestalten, dass eine doppelte Nichtbesteuerung entsteht.

Die EU-Mitgliedstaaten sollen die geänderte Richtlinie bis zum 31.12.2014 umsetzen.

 

 

Kritische Würdigung

Nicht alles, was Recht ist, wird auch von der Öffentlichkeit toleriert. In den letzten Monaten haben einige internationale Konzerne wegen ihrer Steuerpolitik negative Schlagzeilen gemacht. Die Politik versucht nun, Schlupflöcher zu schließen. Dabei kommt es vermehrt zu nebulösen Formulierungen wie „dem Geist, Ziel und Zweck zuwider handeln“ oder „unangemessene Steuervorteile“. Anstelle objektiver Kriterien wird teilweise auf subjektiv-moralische Vorstellungen abgestellt. Insofern müssen Unternehmen in Zukunft verstärkt ethische Überlegungen in ihre Steuerpolitik einfließen lassen. Am sichersten ist es, wenn die Besteuerung den wirtschaftlichen Gegebenheiten folgt und nicht umgekehrt ein Primat der Steuergestaltung vorherrscht.

 

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Operational Risk Manager Corporate Finance, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)

 

BC 12/2013

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