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Zum Umfang und zu den Grenzen eines Lohnbuchhaltungsmandats

Christian Thurow

BGH Urt. v. 8.2.2024 – IX ZR 137/22

 

Bei Gesellschafter-Geschäftsführern stellt sich häufig die Frage, ob eine Sozialversicherungspflicht vorliegt. Umstritten ist, ob die eigenständige Prüfung der Sozialversicherungspflicht ein fester Bestandteil eines Lohnbuchhaltungsmandats ist. Der BGH hat nun in einem Urteil Klarheit geschaffen.


 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Eine GmbH mit drei zu gleichen Teilen beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführern hatte die Lohnbuchhaltung an eine aus Rechtsanwälten und Steuerberatern bestehende Partnerschaftsgesellschaft ausgelagert. Die Gesellschafter-Geschäftsführer wurden in der Lohnbuchhaltung als selbständig behandelt und deshalb für sie keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt.

Nach rund fünf Jahren stellte eine sozialversicherungsrechtliche Betriebsprüfung fest, dass aufgrund der vertraglichen Ausgestaltung der Geschäftsführerverträge eine Sozialversicherungspflicht gegeben war. Die Deutsche Rentenversicherung forderte daher eine Nachzahlung von rund 260.000 €. Die GmbH verklagte daraufhin das Lohnbuchhaltungsbüro auf Schadensersatz, was auch vor den erstinstanzlichen Gerichten anerkannt wurde.

 

 

Lösung

Der BGH folgt der Klage nur teilweise. Zunächst stellt das Gericht fest, dass ein Lohnbuchhaltungsmandat keine Pflicht zur eigenständigen Aufklärung einer etwaigen Sozialversicherungspflicht beinhaltet. Über die hierzu erforderliche sozial(versicherungs)rechtliche Sachkunde braucht ein durchschnittlicher Lohnbuchhalter nicht zu verfügen.

Die Lohnbuchhaltung ist keine Rechtsberatung, sondern stellt eine Hilfeleistung bei der Erfüllung der Buchführungspflichten dar. Sie ist somit der Rechnungslegung zuzuordnen und umfasst die Erfassung, Abrechnung und Buchung der Arbeitsentgelte sowie der gesetzlichen Abzüge, wie etwa Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge. Der Umfang des Mandats ändert sich auch nicht, wenn es von einem Steuerberater oder Rechtsanwalt übernommen wird.

Die Frage der Sozialversicherungspflicht einer Tätigkeit eines Entgeltempfängers ist der Berechnung der Abzugsbeträge vorgelagert. Hierbei ist nach der verbindlichen Vorgabe des Auftraggebers zu verfahren. Fehlt diese und ist die statusrechtliche Einordnung nicht zweifelsfrei ersichtlich, so hat der Lohnbuchhalter auf eine Klärung der Statusfrage durch den Auftraggeber hinzuwirken. Nimmt der Lohnbuchhalter die sozialversicherungsrechtliche Einordnung hingegen selbst vor, so haftet er bei schuldhafter Fehleinschätzung.

Im Ausgangsfall lag keine verbindliche Vorgabe der klagenden GmbH zur Sozialversicherungsfreiheit ihrer Geschäftsführer vor. Das Lohnbuchhaltungsbüro hat es unterlassen, auf eine Klärung der Frage durch die GmbH hinzuwirken, und somit seine vertraglichen Pflichten verletzt. Anders als von den erstinstanzlichen Gerichten angenommen, liegt aber nicht automatisch eine Schadensersatzpflicht über den gesamten Zeitraum der Sozialversicherungspflicht vor. Vielmehr hätte das Berufungsgericht feststellen müssen, wie die GmbH auf die Aufforderung zur rechtssicheren Klärung der Versicherungspflicht durch den Lohnbuchhalter reagiert hätte. Der Fall wird somit zur Klärung an das Berufungsgericht zurückgewiesen.

 

 

Praxishinweis:

Festzuhalten bleibt: Auch der BGH bejaht die grundsätzliche Schadensersatzpflicht. Offen ist lediglich der genaue Umfang. Gerade bei Gesellschafter-Geschäftsführern sollten Lohnbuchhalter daher die Vorgaben des Auftraggebers genau dokumentieren. Fehlt es an einer ausdrücklichen Vorgabe, so sollte diese schnellstmöglich eingeholt werden. Eine Zusage durch konkludentes (schlüssiges) Handeln – der Gesellschafter-Geschäftsführer widerspricht seiner Lohnabrechnung nicht – ist nicht ausreichend.


 

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Business Audit Manager, London (E-Mail: c.thurow@thurow.co.uk)

 

 

BC 3/2024

BC20240322

 

 

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