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Beleg- und Buchnachweispflichten bei der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen

BC-Redaktion

Entwurf eines BMF-Schreibens vom 24.6.2013, IV D 3 – S 7141/13/10001

 

Durch die 11. Verordnung zur Änderung der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung vom 25.3.2013 (BGBl. 2013 I, S. 602) wurden die in der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) geregelten Nachweispflichten zur Erlangung der Steuerfreiheit bei innergemeinschaftlichen Lieferungen mit Wirkung zum 1.10.2013 erneut umfassend geändert. Vor diesem Hintergrund sollen die einschlägigen Regelungen in den Abschnitten 3.14 sowie 6a.1 ff. des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses angepasst und präzisiert werden.

Die im Folgenden dargestellten Praxisprobleme beziehen sich insbesondere auf Stellungnahmen der Wirtschaftsverbände zu diesem Entwurfsschreiben des BMF.

 

 

Innergemeinschaftliche Lieferungen: Typische Praxisschwierigkeiten bei den neuen Nachweispflichten

Wichtige Regelungen

Praxisprobleme/-hinweise

Vertretungsberechtigung

Die Unterschrift des Abnehmers auf der Gelangensbestätigung kann auch von einem von dem Abnehmer zur Abnahme des Liefergegenstands Beauftragten oder von einem zur Vertretung des Abnehmers Berechtigten geleistet werden. Dies kann z.B. ein Arbeitnehmer des Abnehmers sein, ein selbstständiger Lagerhalter, der für den Abnehmer die Ware entgegennimmt, ein anderer Unternehmer, der mit der Warenannahme beauftragt wurde, oder in einem Reihengeschäft der tatsächliche (letzte) Abnehmer am Ende der Lieferkette.

Gemäß Abschn. 6a.4 Abs. 2 Satz 5 UStAE-E soll es genügen, wenn sich die Vertretungsberechtigung aus der Gesamtschau ergibt (z.B. durch Verwendung eines Firmenstempels des Abnehmers, Lieferauftrag, Bestellvorgang).

Die Verlässlichkeit der Aussage „Vertretungsberechtigung aus der Gesamtschau“ wird in Abschn. 6a.4 Abs. 2 Satz 4 UStAE-E infrage gestellt: „Sofern an der Vertretungsberechtigung für das Leisten der Unterschrift des Abnehmers im konkreten Einzelfall Zweifel bestehen, ist der Nachweis der Vertretungsberechtigung zu führen.“ Unklar ist, wann begründete Zweifel konkret bestehen.

 

Wichtig: Ein mit dem Warentransport beauftragter selbstständiger Dritter (z.B. Spediteur) darf nicht für Zwecke der Gelangensbestätigung zur Abnahme der Ware beauftragt sein.

Für einen Außenstehenden besteht häufig das Problem, dass er zum einen nicht erkennen kann, ob ein Dienst- oder Arbeitsverhältnis vorliegt, zum anderen nach Aufforderung der steuerlichen Betriebsprüfung auf die Offenlegung der Vertretungsregelungen bzw. Beauftragungen des ausländischen Abnehmers angewiesen ist, der ggf. daran nicht mitwirken will.

Elektronische Übermittlung der Belegnachweise

Bei einer elektronischen Übermittlung der Gelangensbestätigung ist (gemäß Abschn. 6a.4 Abs. 3 Satz 1 UStAE-E) eine Unterschrift nicht erforderlich, sofern erkennbar ist, dass die elektronische Übermittlung im Verfügungsbereich des Abnehmers oder des Beauftragten begonnen hat. Dies gilt auch für einen überwiegenden Teil der gewährten Alternativnachweise (Frachtbrief, Konnossement, Spediteurbescheinigung, Versendungsprotokoll eines Kurierdienstleisters). Der damit einhergehende Wegfall des Unterschriftserfordernisses bedeutet für die Praxis eine erhebliche Erleichterung.

Abschn. 6a.4 Abs. 3 Satz 2 UStAE-E nennt Beispiele, in welchen Fällen bei einer elektronischen Übermittlung die Angaben dem Abnehmer zugerechnet werden können:

  • bei Absenderangabe und Datum der Erstellung der E-Mail in dem sog. Header-Abschnitt der E-Mail,
  • Nutzung einer im Zusammenhang mit dem Abschluss des Liefervertrags bekannt gewordenen E-Mail-Adresse,
  • Verwendung eines zuvor zwischen dem Unternehmer und dem Abnehmer vereinbarten elektronischen Verfahrens.

Trotz der Beispiele zur Zuverlässigkeit der Angaben des Warenempfängers bei elektronischer Übermittlung bestehen insbesondere dann Unsicherheiten, wenn

  • die E-Mail des Abnehmers bei Abschluss des Liefervertrags noch nicht bekannt war,
  • bei Konzernen die Absendung von der konkreten Landesgesellschaft vielfach nicht an der E-Mail-Adresse erkennbar ist, da z.B. eine Kennung „.com“ verwendet wird und z.B. nicht „.dk“ oder „.it“.

Anerkannt werden elektronisch übermittelte Dokumente zu umsatzsteuerlichen Nachweiszwecken sowie die Zahlungsnachweise für das intercompany-clearing (Abschn. 6a.4 Abs. 8 Satz 6 UStAE-E).

Sammelbestätigung

Die quartalsweise Abgabe der Sammelbestätigung ist auch dann zulässig, wenn eine Pflicht zur monatlichen Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen besteht (Abschn. 6a.4 Abs. 4 Satz 6 UStAE-E). Dies gilt sowohl für die Gelangensbestätigung als auch für einen überwiegenden Teil der gewährten Alternativnachweise (Frachtbrief, Konnossement, Spediteurbescheinigung, Versendungsprotokoll eines Kurierdienstleisters).

 

In Satz 5 von Abschn. 6a.4 Abs. 4 UStAE-E wird jedoch von „dauerhaften Liefervereinbarungen“ gesprochen. Demnach besteht Unsicherheit darüber, ob bei nur wenigen und voneinander unabhängigen Einzelbestellungen eines Abnehmers im EU-Mitgliedstaat im Quartal eine Sammelbestätigung zulässig ist. Das „Beispiel 2“ in Abschn. 6a.4 Abs. 4 UStAE-E deutet jedoch darauf hin, dass auch bei sporadischen Geschäftsbeziehungen Sammelbestätigungen quartalsweise erstellt werden dürfen.

Alternativen zur Gelangensbestätigung

a) Handelsrechtlicher Frachtbrief oder Konnossement

In Versendungsfällen kann als Nachweis der Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung ein handelsrechtlicher Frachtbrief oder Konnossement (ein Schiffsfrachtbrief bzw. Warenwertpapier) oder Doppelstücke des Frachtbriefs oder Konnossements dienen (§ 17a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UStDV). Dieser ist vom Auftraggeber des Frachtführers, also dem Versender des Liefergegenstands, zu unterzeichnen (beim CMR-Frachtbrief in Feld 22) und soll eine Unterschrift des Empfängers als Bestätigung des Erhalts des Gegenstands der Lieferung enthalten (beim CMR-Frachtbrief in Feld 24, siehe auch Abschn. 6a.5 Abs. 2 UStAE-E).

In der Praxis fehlt häufig die Empfängerunterschrift in Feld 24, wenn die Papiere dem Lieferer bei Abholung ausgehändigt werden (Beauftragung des Transportunternehmens durch den Abnehmer), die Unterschrift aber erst später geleistet werden kann. Auf diese Schwierigkeit weist bereits die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates vom 23.11.2012 zur 11. Verordnung zur Änderung der UStDV hin.

b) Anderer handelsüblicher Beleg (Spediteurbescheinigung)

Zu den verpflichtenden Angaben auf einer Spediteurbescheinigung zählen u.a. der Gegenstand der Lieferung (Menge, handelsübliche Bezeichnung) sowie die Unterschrift des beauftragten Transportunternehmers.

Häufig sind jedoch Pakete in schwarzer Folie verschweißt bzw. Spediteure sollen nicht wissen, was tatsächlich in den Paketen/Paletten ist. Lieferscheine sind oft ebenfalls verschweißt. Ungeklärt ist insofern, ob es ausreichend ist, wenn der Spediteur die Paket-/Palettenzahl in der Spediteurbescheinigung vermerkt und auf den (unbekannten) Lieferschein oder die Rechnung verweist.

c) Transport der Ware durch Kurierdienste

In diesem Fall kann der Unternehmer (gemäß § 17a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c UStDV) den Belegnachweis mit der schriftlichen oder elektronischen Auftragserteilung und dem vom mit der Beförderung Beauftragten erstellten Protokoll führen, das den Warentransport lückenlos bis zur Ablieferung beim Empfänger nachweist (sog. tracking-and-tracing-Protokoll).

Im Unterschied zu den UStDV benennt Abschn. 6a.5 Abs. 6 Satz 1 UStAE-E die Angaben, die bei Beauftragung eines Kurierdienstes im Einzelnen zu machen sind (z.B. Bezeichnung, Menge, Wert der einzelnen beförderten Gegenstände). Dies bedeutet eine Einschränkung des Wortlauts in § 17a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c UStDV.

Schwierigkeiten, eine schriftliche oder elektronische Auftragserteilung beizubringen, können Rahmenvereinbarungen bereiten. In diesen verpflichten sich die Kurierdienstleister, periodisch (z.B. täglich, wöchentlich) ins Unternehmen zu kommen, um dort die nach Bedarf zur Abholung bereitstehende Ware abzuholen (kein Einzelauftrag). Darüber hinaus werden Kurierdienste nicht selten telefonisch beauftragt. Offen bleibt, ob Einlieferungslisten, Versandquittungen, zugeordnete Sendungsnummern, Zustellprotokoll und/oder Rechnung als Nachweis der Auftragserteilung gelten.

Angaben zur Bezeichnung, zur Menge und zum Wert der beförderten Gegenstände bei Kurierdiensten werden in der Praxis häufig nicht gemacht, u.a. um ein Fehlverhalten von Kurierdienst-Mitarbeitern zu vermeiden. Die Wirtschaftsverbände fordern daher, einen bloßen Verweis auf den Lieferschein oder die Rechnung zuzulassen.

d) Beförderung der Ware durch Postdienstleister

Wurde ein Postdienstleister mit der Beförderung des Liefergegenstands beauftragt, kann der Nachweis für dessen Gelangen zum Abnehmer im betreffenden EU-Mitgliedstaat wie folgt geführt werden:

  • die Empfangsbescheinigung eines Postdienstleisters über die Entgegennahme der an den Abnehmer adressierten Postsendung und
  • der Nachweis über die Bezahlung der Lieferungen

Die Angaben in der Empfangsbescheinigung über den Empfänger und die gelieferten Gegenstände können durch einen entsprechenden Verweis auf die Rechnung über die Lieferung ersetzt werden (Abschn. 6a.5 Abs. 8 Satz 2 UStAE-E).

Eine Erleichterung für die Praxis wäre gegeben, wenn auch ein Verweis auf einen Lieferschein oder andere Dokumente erlaubt werden.

e) Spediteurbescheinigung zusammen mit Zahlungsnachweis

Gemäß Absatz 10 Satz 1 Abschn. 6a.5 UStAE-E hat der liefernde Unternehmer „den Nachweis der Bezahlung des Liefergegenstands von einem Bankkonto des Abnehmers zu führen“.

Die Betonung des Bankkontos des Abnehmers hat zur Verunsicherung geführt, ob der Nachweis möglicherweise über „Bankauszüge des Abnehmers“ geführt werden muss. Genügen sollte hingegen als Nachweis der „Kontoauszug des Zahlungsempfängers“.

Schwierigkeiten bereitet der Nachweis über die Bezahlung des Liefergegenstands vom Bankkonto des Abnehmers zudem bei

  • Tauschgeschäften,
  • Bargeschäften,
  • Abwicklung von Forderungen oder Verbindlichkeiten über ein Factoring,
  • Aufrechnung von Gegenforderungen und
  • langfristiger Stundung.

Von daher fordern verschiedene Wirtschaftsverbände, auch spezifische Nachweise zu diesen („Zahlungs“-)Vorgängen anzuerkennen.

 

Abholfälle

Bei Abholfällen, wenn z.B. der ausländische Kunde die Ware – ohne Beauftragung einer Spedition – selbst beim Lieferanten abholt, kann der Belegnachweis in der Regel nur mittels einer Gelangensbestätigung erbracht werden (keine Erwähnung in § 17a Abs. 3 UStDV).

Nicht zufriedenstellend ist der Nachweis bei Abhollieferungen in Fällen von geringer wirtschaftlicher Bedeutung geregelt. Dies ist insbesondere bei Verkäufen im grenznahen Raum (sozusagen über die Ladentheke) der Fall. Das Einfordern und die Eingangsüberwachung der Gelangensbestätigung verursachen bei solchen Kleinstumsätzen unangemessen hohe Verwaltungskosten.

Aufbewahrung in Papierform

Eine auf elektronischem Weg erhaltene Gelangensbestätigung kann für umsatzsteuerliche Zwecke auch in ausgedruckter Form aufbewahrt werden (Abschn. 6a.4 Abs. 6 Satz 2 UStAE-E). Dies gilt auch für einen überwiegenden Teil der gewährten Alternativnachweise (Frachtbrief, Konnossement, Spediteurbescheinigung, Versendungsprotokoll eines Kurierdienstleisters) sowie für Zahlungsnachweise beim intercompany-clearing (Abschn. 6a.5 Abs. 8 Satz 4 UStAE-E). Wird die Gelangensbestätigung via E-Mail versendet, ist allerdings auch die E-Mail als solche zu archivieren (Abschn. 6a.4 Abs. 6 Satz 3 UStAE-E). 

Unverständlich ist, weshalb nicht auch die zugehörige E-Mail ausgedruckt und für umsatzsteuerliche Zwecke in Papierform aufbewahrt werden darf.

 

[Anm. d. Red.] 

 

 

BC 8/2013

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