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Umfassender Datenzugriff des Finanzamts auf DV-gestützte Buchführung

BC-Redaktion

BFH-Pressemitteilung vom 21.11.2007, Nr. 99

 

In zwei Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hat der Bundesfinanzhof (BFH) dazu Stellung genommen, in welchem Umfang die Finanzverwaltung bei Außenprüfungen auf die mit Hilfe von Datenverarbeitungssystemen geführte Buchhaltung des Steuerpflichtigen zugreifen darf. Eine Aktiengesellschaft (AG) hatte bestimmte Einzelkonten ihrer EDV-gestützten Finanzbuchhaltung gegen den Zugriff durch die Prüfer gesperrt, weil eine Prüfung dieser Konten allenfalls zur Festsetzung einer niedrigeren Steuer würde führen können. Außerdem hatte sie sich geweigert, in elektronischen Formaten gespeicherte Ein- und Ausgangsrechnungen über ihr EDV-System lesbar zu machen und stattdessen den Ausdruck auf Papier angeboten.

Der BFH hat sich nicht der Auffassung der AG angeschlossen und mit Beschluss vom 26.9.2007 (I B 53, 54/07) deren Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der entsprechenden Anordnungen des Finanzamts abgelehnt. Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass sich das in § 147 Abs. 6 AO geregelte Datenzugriffsrecht der Finanzverwaltung auf sämtliche Konten der Finanzbuchhaltung erstreckt und es nicht im Belieben des Steuerpflichtigen steht, einzelne Konten vor dem Zugriff der Prüfer zu sperren. Auch ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass der Steuerpflichtige verpflichtet ist, den Prüfern die in elektronischen Formaten gespeicherten Ein- und Ausgangsrechnungen mit Hilfe seines EDV-Systems über Bildschirm lesbar zu machen.

 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

 

Im Streitfall ging es um eingescannte Ein- und Ausgangsrechnungen, wobei die Originale der Eingangsrechnungen anschließend vernichtet, während von den Ausgangsrechnungen Duplikate aufbewahrt wurden. Das Unternehmen verweigerte dem Finanzamt den unmittelbaren Zugriff auf die gescannten und digital gespeicherten Belege, bei denen zunächst keine Möglichkeit der Trennung zwischen steuerlich relevanten und nicht relevanten Vorgängen bestand. Stattdessen bot das Unternehmen an, die nicht freigegebenen Belege auf Wunsch des Finanzamts auszudrucken.

Außerdem verweigerte das Unternehmen den Datenzugriff auf folgende, nach dessen Auffassung nur handelsrechtlich, nicht aber auch steuerlich relevanten Konten der handelsrechtlichen Finanzbuchhaltung:

  • Drohverlustrückstellungen aus schwebenden Geschäften,
  • nichtabzugsfähige Betriebsausgaben,
  • Aufwendungen für handelsrechtliche Steuerumlagen der körperschaftsteuerlichen und der gewerbesteuerlichen Organschaft.

 

 

Lösung

 

Die Speicherung und Aufbewahrung der Rechnungen in Form sog. pdf- oder tif-Dateien auf Festplatten, CD-ROM oder sonstigen Speichermedien ist zulässig; sie müssen bei Lesbarmachung mit den Originaldokumenten bildlich übereinstimmen (§ 147 Abs. 2 Nr. 1 AO). Ein bloßer Ausdruck genügt nicht (gemäß § 147 Abs. 5 AO).

Andererseits haben Steuerpflichtige die (zusätzliche) Pflicht zum Ausdrucken der Unterlagen, falls die Behörde dies verlangt, was nicht als eine Form der Lesbarmachung zu verstehen ist.

Die vom Unternehmen gesperrten Konten sind unbestritten solche der Finanzbuchhaltung, die zur Ermittlung der Unterschiedsbeträge des Prüfungszeitraums beigetragen haben; daher erstreckt sich die Aufbewahrungspflicht (gemäß § 147 Abs. 1 Nr. 1 AO) auch auf diese Konten. Den gesperrten drei Konten der Finanzbuchhaltung fehlt es nicht an steuerlicher Relevanz: Sowohl die in ihrer Handelsbilanz passivierten Drohverlustrückstellungen (§ 249 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 HGB) als auch der als steuerlich nicht abziehbare Betriebsausgaben bzw. als Organschaftsumlagen behandelte Aufwand haben den nach den GoB zu ermittelnden handelsrechtlichen Gewinn reduziert und sich damit auf den jeweiligen Unterschiedsbetrag, der (gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG) Ausgangspunkt für die steuerliche Gewinnermittlung ist, ausgewirkt.

Auch wenn die betreffenden Minderungsbeträge im Rahmen der Überleitungsrechnung dem steuerlich maßgeblichen Gewinn wieder hinzugerechnet werden, so ist dies ein Teilakt der steuerlichen Ergebnisermittlung, der als solcher der uneingeschränkten Prüfung durch das Finanzamt unterliegt. Im Übrigen: Etwaige Fehler im Zusammenhang mit der Hinzurechnung wirken sich nicht ausschließlich zuungunsten des Steuerpflichtigen aus. Beispiel: Eine handelsrechtlich zu Unrecht gebildete Drohverlustrückstellung, für die richtigerweise – etwa weil es an den Voraussetzungen eines schwebenden Geschäfts fehlt – eine Verbindlichkeitsrückstellung nach § 249 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1 HGB zu bilden gewesen wäre, ist auch steuerbilanziell zu passivieren. Dann würde sogar im betreffenden Wirtschaftsjahr eine Steuerminderung eintreten.

 

 

Praxishinweis:

Kostenstellenrechnungen unterliegen nur zum Teil der Aufbewahrungs- und Vorlagepflicht. Denn die Kostenrechnung enthält

  • zum einen steuerlich relevante Daten (z.B. für die Ermittlung der Herstellungskosten der unfertigen und fertigen Erzeugnisse sowie der selbst erstellten Anlagen oder von konzerninternen Verrechnungspreisen),
  • zum anderen aber auch eine Fülle von entscheidungserheblichem Zahlenmaterial (z.B. Kostensätze, Zuschlags- und Verrechnungssätze für die Kalkulation), das ausschließlich der Unternehmensführung und -kontrolle dient und der Betriebsprüfung nicht vorzuzeigen ist.

Vor diesem Hintergrund unterliegen Kostenstellen nur dann dem Zugriff der Finanzbehörde, soweit sie für die Bewertung von Wirtschaftsgütern oder Passiva von Bedeutung sind. Demnach werden Kostenstellen, die Beteiligungen oder die Bewertung von Vermögensgegenständen oder Rückstellungen zum Gegenstand haben, ebenso als aufbewahrungs- und vorlagepflichtig eingeordnet wie solche, welche die Grundlagen für die Bemessung von Verrechnungspreisen enthalten (vgl. FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13.6.2006, 1 K 1743/05, BC 11/2006, S. VIII ff., hier).

 

[Anm. d. Red.] 

 

BC 12/2007

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