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Bußgeld für GDPdU-Verweigerer ab 2009

Stefan Groß

§ 146 Abs. 2b AO (Jahressteuergesetz 2009)

 

Eine kaum beachtete Änderung der Abgabenordnung, welche mit dem Jahressteuergesetz 2009 (JStG 2009) einhergeht, legt es künftig in das Ermessen der Finanzverwaltung: Bei Nichteinräumung des Rechts auf Datenzugriff darf sie ein Verzögerungsgeld in Höhe von 2.500 € bis 250.000 € erheben.

 

 

Die bisherigen Möglichkeiten der Verwaltungspraxis

 

Bei Verstößen gegen Vorgaben der Abgabenordnung (AO) stehen dem Betriebsprüfer im Wesentlichen zwei Sanktionsmöglichkeiten zur Verfügung:

  • Androhung von Zwangsmitteln, insbesondere eines Zwangsgeldes bis zu 25.000 € (§ 328 Abs. 1 S. 1, § 329, § 332 AO) oder
  • das Instrument der Schätzung von Besteuerungsgrundlagen.

 

 

1. Zwangsgeld

Zwangsgeld kann in allen Fällen angedroht werden, in welchen der Steuerpflichtige eine nach den Steuergesetzen gebotene Handlung unterlässt. In Bezug auf den Datenzugriff ist dies insbesondere dann der Fall:

  • Dem Prüfer wird nicht gestattet, einen Rechner mit steuerrelevanten Daten selbst zu bedienen, oder
  • die Buchungsdaten werden dem Prüfer nicht innerhalb einer angemessenen Frist auf einem Datenträger und in einem maschinell auswertbaren Format übergeben.

Die Höhe des Zwangsgeldes hat sich dabei nach den Umständen des Einzelfalles zu bestimmen.

 

 

2. Schätzung von Besteuerungsgrundlagen 

 

Die Schätzung von Besteuerungsgrundlagen kommt auf der Grundlage des § 162 Abs. 2 Satz 2 AO immer dann in Betracht, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann. Weiter ist eine Schätzung möglich, wenn die sachliche Richtigkeit der Buchführung i. S. d. § 158 AO zu beanstanden ist und mithin aufgrund gravierender Mängel nicht als Grundlage für die Besteuerung dienen kann.

In folgendem Fall käme jedoch eine Schätzung einer Überreaktion gleich und wäre durchaus anfechtbar: Es wurden lediglich Anforderungen in Bezug auf den Datenzugriff nicht eingehalten, während die Buchführung ansonsten keine formellen oder materiellen Mängel aufweist (vgl. auch Groß/Kampffmeyer/Eller, DStR 29/2005, S. 1214 (1218)). Soweit in diesem Kontext verursachte Unklarheiten und Zweifel durch anderweitige zumutbare Ermittlungen beseitigt werden können – etwa auf der Grundlage papierbasierter Unterlagen bzw. anhand von Ausdrucken – dürfte eine Schätzung ausscheiden.

 

Insoweit bleibt festzuhalten: Bei einer Nichtbeachtung von Vorschriften zum Datenzugriff kam bislang faktisch lediglich die Androhung und Festsetzung von Zwangsgeld in Betracht. Die häufig propagierte Schätzungsbefugnis kam mangels materieller und formeller Mängel hingegen in der Praxis meist nicht zum Zug.

 

 

Das neue Verzögerungsgeld

 

Mit dem JStG 2009 soll nunmehr über ein Verzögerungsgeld der Durchsetzbarkeit des Rechts auf Datenzugriff entscheidend Nachdruck verliehen werden. Allerdings fand diese Verschärfung in einem anderen Zusammenhang Eingang in das JStG 2009:

  • Der neu hinzugefügte § 146 Abs. 2a AO räumt dem Steuerpflichtigen unter bestimmten Voraussetzungen das Recht ein, elektronische Bücher insbesondere in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union zu führen und aufzubewahren.
  • Der auf diese Vereinfachungsvorschrift folgende § 146 Abs. 2b AO sieht allerdings nicht nur für Fälle einer unzulässigen Auslandsverlagerung, sondern darüber hinaus auch bei generellen Verstößen gegen § 147 Abs. 6 AO (also gegen das Recht auf Datenzugriff) eine Sanktionierung mit bis zu 250.000 € vor.

Die Anwendung des Verzögerungsgeldes gilt somit unabhängig davon, ob Steuerpflichtige ihre Bücher und sonstigen Aufzeichnungen im Ausland führen oder dies im Inland tun. Damit soll eine Ungleichbehandlung vermieden werden, welche fiskalisch nicht zu rechtfertigen sei.

 

 

Praxis-Info!

 

Das Instrument des Verzögerungsgeldes dürfte in der Praxis besonders bei Systemwechseln im Hard- oder Softwareumfeld, bei denen die maschinelle Auswertbarkeit von Altdaten nicht unverändert gewährleistet bleibt, zur Anwendung kommen. Als Druckmittel müsste dann der Steuerpflichtige alles daran setzen, diesem Umstand zeitnah abzuhelfen. Allerdings ist bei dem neuen Verzögerungsgeld (laut Gesetzesbegründung) der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten, welcher dem Betriebsprüfer insoweit eine unternehmensspezifische Sichtweise abverlangt.

Problematisch ist jedoch: Die Voraussetzungen für die Annahme einer Pflichtverletzung zur Gewährung des Datenzugriffs sind nicht ausreichend bestimmt. Einer gesonderten Klärung bedarf es insbesondere, ob es sich um steuerrelevante Daten handelt oder nicht. Im Klartext: Der zulässige Umfang einer digitalen Betriebsprüfung muss sich eindeutig feststellen lassen. Von daher ist es überhaupt fragwürdig, ob in diesen Fällen ein Verzögerungsgeld zur Anwendung kommen kann. Vieles wird hier vom „Fingerspitzengefühl“ des steuerlichen Außenprüfers abhängen. Unternehmen sollten vor diesem Hintergrund dem Thema „Datenzugriff der Finanzverwaltung“ noch mehr Aufmerksamkeit widmen.

 

Praxishinweis:

Kostenstellenrechnungen unterliegen nur zum Teil der Aufbewahrungs- und Vorlagepflicht. Denn die Kostenrechnung enthält 

  • zum einen steuerlich relevante Daten (z.B. für die Ermittlung der Herstellungskosten der unfertigen und fertigen Erzeugnisse sowie der selbst erstellten Anlagen oder von konzerninternen Verrechnungspreisen),
  • zum anderen aber auch eine Fülle von entscheidungserheblichem Zahlenmaterial (z.B. Kostensätze, Zuschlags- und Verrechnungssätze für die Kalkulation), das ausschließlich der Unternehmensführung und -kontrolle dient und der Betriebsprüfung nicht vorzuzeigen ist.

Vor diesem Hintergrund unterliegen Kostenstellen nur dann dem Zugriff der Finanzbehörde, soweit sie für die Bewertung von Wirtschaftsgütern oder Passiva von Bedeutung sind. Demnach werden Kostenstellen, die Beteiligungen oder die Bewertung von Vermögensgegenständen oder Rückstellungen zum Gegenstand haben, ebenso als aufbewahrungs- und vorlagepflichtig eingeordnet wie solche, welche die Grundlagen für die Bemessung von Verrechnungspreisen enthalten (vgl. BFH-Beschluss vom 26.9.2007, I B 53, 54/07,  hier).

 

 

 

Quelle: Dipl.-Kfm. Stefan Groß, Steuerberater, CISA (s.gross@pspmuc.de), und Dipl.-Kfm. Alexander Georgius (a.georgius@pspmuc.de), beide Peters, Schönberger & Partner GbR, München (Internet: www.pspmuc.de).

 

 

Heft 2/2009

becklink274361

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