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Zinsen als Werbungskosten bei den Überschusseinkünften – bloße buchhalterische Erfassung als Forderung nicht ausreichend

Christian Thurow

FG Baden-Württemberg, Urteil vom 9.9.2014, 6 K 4193/12

 

Der Werbungskostenabzug setzt voraus, dass eine „objektive Entreicherung“ (d.h. Minderung des Vermögens bzw. der finanziellen Mittel) durch den Abfluss von Ausgaben stattgefunden hat. Eine reine buchhalterische Erfassung von Darlehenszinsen als Forderung bei einer Kapitalgesellschaft reicht hier nicht aus, um auf Ebene des Gesellschafters, der ein Darlehen in Anspruch nimmt, Werbungskosten auszulösen.

 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Der Kläger erzielte u.a. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (Überschusseinkünfte) und aus nichtselbstständiger Arbeit. Letztere resultieren aus seiner Tätigkeit als alleiniger Vorstand bei zwei Kapitalgesellschaften, an welchen er auch als Aktionär beteiligt war. Zwischen dem Kläger und den Kapitalgesellschaften wurde eine Kontokorrentkredit-Vereinbarung getroffen. Die anfallenden Zinsen sollten jeweils „zum Jahresende zu berechnen und zur Zahlung fällig“ sein. Der Kläger nutzte das Kontokorrentdarlehen zur Finanzierung von Investitionen bei seinen vermieteten Immobilien. Die angefallenen Zinsen wurden

– auf Ebene der Kapitalgesellschaften zum Jahresende als sonstige Forderungen aktiviert und

– auf Ebene des Klägers als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend gemacht.

Das zuständige Finanzamt erkannte diese Werbungskosten jedoch nicht an. Nach dessen Auffassung hat die reine buchmäßige Erfassung der Zinsen noch keinen Mittelabfluss beim Schuldner bewirkt. Es fehlt somit an einer objektiven Entreicherung. Die Tatsache, dass die Zinsen zu einem steuerpflichtigen Gewinn auf Ebene der Kapitalgesellschaften geführt haben, ist hier irrelevant, da bei den Überschusseinkünften andere Grundsätze als bei den Gewinneinkünften gelten.

 

 

Lösung

Das Finanzgericht Baden-Württemberg folgt in seinem Urteil der Auffassung des Finanzamts. Bei den Überschusseinkünften gilt das sog. Zufluss- und Abfluss-Prinzip, d.h., Einnahmen müssen tatsächlich zugeflossen und Ausgaben müssen tatsächlich abgeflossen sein. Der Abfluss von Ausgaben muss zu einer „objektiven Entreicherung in Form einer Vermögensminderung“ beim Steuerpflichtigen führen. Dies ist dann der Fall, wenn der Steuerpflichtige die wirtschaftliche Verfügungsmacht über das Wirtschaftsgut (hier: Geld) verliert. Im Ausgangsfall ist dies nicht gegeben:

  • Hier wurden die Zinsen lediglich als sonstige Forderungen verbucht. Die buchhalterische Erfassung der Zinsen als sonstige Forderung verschafft den Kapitalgesellschaften jedoch noch keine Verfügungsmöglichkeit über den Geldbetrag.
  • Im Umkehrschluss hat der Steuerpflichtige seine Verfügungsmacht über den Geldbetrag noch nicht verloren, und ein Abfluss von Ausgaben hat nicht stattgefunden.

Etwas anderes wäre es gewesen, wenn die Zinsen dem Kontokorrentkredit zugeschlagen worden wären, also den Saldo des Kredits erhöht hätten. Dies setzt aber die Einwilligung des Schuldners zu einer solchen Schuldumschaffung voraus. Hierzu hätten die Forderungen jedoch auf dem Kontokorrentkonto und nicht als sonstige Forderungen erfasst werden müssen. Ferner müssen die Darlehensbedingungen die Zahlung der Zinsen zum Jahresende vorsehen. Ein Zuschlag zur Darlehenssumme hätte somit einer Änderung der Darlehenskonditionen bedurft. Auch hierzu konnten vom Kläger keine Hinweise geliefert werden.

 

 

Praxishinweise:

  • Gemäß diesem Urteil werden Gewinn- und Überschusseinkünfte teilweise nach unterschiedlichen Maßstäben ermittelt. Gerade bei Transaktionen mit nahestehenden Personen ist hier darauf zu achten, dass Aufwendungen und Erträge bzw. Einnahmen und Ausgaben korrespondierend erfasst werden können.
  • Die buchhalterische Erfassung einer Zinsforderung bewirkt bei den Überschusseinkünften noch keinen Abfluss an Geldmitteln und kann daher nicht zu Werbungskosten führen. Anstatt als Forderung sollten die Zinsen daher dem Darlehen zugeschlagen werden. Dies setzt jedoch zum einen die Einwilligung des Schuldners und zum anderen auch die tatsächliche Verbuchung auf dem Kontokorrentkonto voraus.
  • Last, but not least – Pacta sunt servanda (Verträge müssen eingehalten werden): Bei Transaktionen zwischen Gesellschafter-Geschäftsführern und ihrer Gesellschaft legt das Finanzamt strenge Maßstäbe an. Schriftliche Vereinbarungen – wie im Ausgangsfall die Vereinbarung, dass Zinsen zu zahlen sind – müssen auch tatsächlich umgesetzt werden.

 

 

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Lead Auditor Europe in der Internen Revision, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)

 

 

BC 12/2014

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