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Kapitalerhöhung bei einer GmbH im Gründungsstadium („Vorbeteiligungsgesellschaft“) – rechtliche und buchhalterische Konsequenzen

Christian Thurow

OLG Schleswig-Holstein, Urteil vom 4.7.2014, 17 U 24/14

 

Schließen sich mehrere Parteien mit dem Zweck zusammen, eine Kapitalgesellschaft zu gründen, so bilden sie eine sog. Vorgründungsgesellschaft. Die hier geltenden Regelungen sind (laut einem aktuellen Urteil des OLG Schleswig-Holstein) auch auf den Fall zu übertragen, wenn sich mehrere Parteien an einer Kapitalgesellschaft im Wege einer Kapitalerhöhung beteiligen wollen. Dies hat diverse rechtliche und buchhalterische Konsequenzen.

 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Drei Parteien, die Schwestergesellschaften A-KG und B-KG sowie die Person C, wollen gemeinsam eine Biogasanlage betreiben. Die Anlage soll von einem Unternehmen in der Rechtsform einer GmbH betrieben werden. C gründet hierzu die C-GmbH, deren alleiniger Gesellschafter er ist. Zu dem alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer der GmbH wurde neben C auch der persönlich haftende Gesellschafter der A-KG und der B-KG bestellt.

Aus diversen Aufzeichnungen und Schriftwechseln geht hervor, dass die A-KG und die B-KG beabsichtigen, der C-GmbH im Wege einer Kapitalerhöhung beizutreten. C erläuterte die Kapitalerhöhung der C-GmbH im Rahmen einer Gesellschafterversammlung und bot den KGs die vereinbarten Anteile zum Kauf an. Zu diesem Zeitpunkt lagen aber bereits diverse Streitigkeiten zwischen den Parteien vor. Die beiden KGs überwiesen zwar den Betrag an die GmbH, doch wurde das Projekt vor Durchführung des Gesellschafterwechsels gestoppt. Die KGs begehrten daraufhin die Rückzahlung des vollen Betrags, während C eine Aufrechnung mit den bis zum Abbruch des Projekts entstandenen Kosten vornahm.

Hiergegen richtete sich die Klage der KGs: Aus ihrer Sicht lag keine vertragliche Bindung zur Übernahme von Kosten oder zur Leistung einer Stammeinlage vor, weshalb eine Kostenübernahme nicht infrage komme. Das erstinstanzliche Landgericht folgte der Auffassung der Klägerin. Hiergegen richtet sich die Revision der GmbH.

 

 

Lösung

Das OLG Schleswig-Holstein gibt der Revision in Teilen statt. Aus Sicht des OLG lag nämlich bereits vor dem Beitritt der KGs zur GmbH eine gesellschaftsrechtliche Verbindung vor. Alle drei Parteien verfolgten das ferne Ziel, gemeinsam eine Biogasanlage zu betreiben. Das nähere Ziel war es, die hierzu erforderlichen gesellschaftlichen Verbindungen durch abgestimmte Maßnahmen zu ermöglichen und zu fördern. Demnach bildeten die drei Parteien bereits vor dem Beitritt der KGs zur GmbH eine BGB-Gesellschaft. Die Gründung der GmbH durch C war somit ein Teil des Geschäftszwecks der BGB-Gesellschaft (Gesellschaft bürgerlichen Rechts – GbR).

Im Regelfall bereiten die künftigen Gesellschafter die Gründung einer Kapitalgesellschaft zusammen vor und führen die Gründung gemeinsam durch. Bis zum Zeitpunkt der Eintragung ins Handelsregister liegt hier eine sog. Vorgründungsgesellschaft vor. Diese Vorgründungsgesellschaft stellt eine GbR dar. Im vorliegenden Fall verläuft die Gründung zwar etwas anders – erst Gründung und dann Beitritt durch die anderen Gesellschafter –, kommt aber im Endeffekt zum selben Ergebnis.

Aus diesem Grund sind hier die Grundsätze der Vorgründungsgesellschaft analog anzuwenden. Die Parteien bilden eine Vorbeteiligungsgesellschaft, die ebenfalls in der Rechtsform der GbR auftritt. Wie im Fall einer bereits in der Gründungsphase gescheiterten GmbH kommt es auch hier zu einer gesellschaftsrechtlichen Auseinandersetzung – das Vermögen bzw. die Verluste werden auf die Gesellschafter verteilt. Andernfalls würde der Zufall darüber entscheiden, welchem Gesellschafter welcher Schaden verbleibt – je nachdem, in welchem Umfang er Vorleistungen erbracht hat. Insofern ist eine Aufrechnung der Kosten statthaft.

 

 

Buchhalterische Konsequenzen

Das OLG hat sich in seinem Urteil lediglich mit den gesellschaftsrechtlichen Fragestellungen beschäftigt. Aus dem Urteil folgt allerdings eine Reihe von interessanten Fragestellungen für die buchhalterische Abbildung des Vorgangs auf Ebene der GmbH. Da die „Vorbeteiligungsgesellschaft“ ein neues Konstrukt darstellt, gibt es hierzu noch keine herrschende Meinung. Folgende Punkte sind zu beachten:

  • Die GmbH ist selbst Gesellschafter der GbR. Laut OLG ist es unerheblich, ob hier eine Identität zwischen dem Gesellschafter der Vorbeteiligungsgesellschaft und der angestrebten GmbH besteht.
  • Aufgrund der Identitätsgleichheit von Vorbeteiligungsgesellschaft und Gesellschaft stellt sich die Frage: Ist die GbR als Beteiligung oder unter „eigenen Anteilen“ im Jahresabschluss zu erfassen? Da die GbR mit Durchführung der Kapitalerhöhung und dem Beitritt der neuen Gesellschafter erlischt, ist meines Erachtens eine Bilanzierung als Beteiligung angebracht. Die Durchführung der Kapitalerhöhung soll jedoch zeitnah erfolgen, weshalb die Beteiligung nicht im Anlagevermögen bilanziert werden kann, sondern dem Umlaufvermögen zugeordnet werden muss.
  • Zu beachten ist die unterschiedliche Behandlung von Beteiligungen an Personengesellschaften in Handels- und Steuerbilanz: Während in der Handelsbilanz ein einheitlicher Vermögensgegenstand vorliegt (vgl. IDW RS HFA 18 Rn. 2), werden die Vermögensgegenstände und Schulden der Personengesellschaft in der Steuerbilanz auf die einzelnen Gesellschafter verteilt (sog. Spiegelbildmethode).
  • Da keine Einlage o.Ä. erbracht worden ist, liegen keine Anschaffungskosten vor. Die von der GbR im Rahmen der Gründung der GmbH erbrachten Kosten können nicht als nachträgliche Anschaffungskosten erfasst werden. Andernfalls würde die GmbH über ihre Beteiligung an der GbR ihre eigenen Gründungskosten aktivieren. Dies würde dem Sinn und Zweck des § 248 Abs. 1 Nr. 1 HGB widersprechen. Mangels Anschaffungskosten wäre der Beteiligungsbuchwert mit Null anzusetzen.
  • Wichtig ist, dass die Aufwendungen, welche die GmbH auf Ebene der GbR erbringt, nicht in voller Höhe in der GuV der GmbH erfasst werden. Vielmehr ist der auf die übrigen GbR-Gesellschafter entfallende Teil als Forderung zu aktivieren.
  • Weil die Beteiligung keinen Anschaffungswert beinhaltet, führen die Verluste der GbR (den Aufwendungen stehen keine Erträge gegenüber) auch nicht zu einer Wertminderung. Andernfalls würde es zu einem negativen Beteiligungswert kommen. De facto liegt somit eine Verlustübernahme der GmbH für die auf sie entfallenden Aufwendungen der GbR vor.
  • Besteht auf Ebene der GbR ein hinreichend konkretisiertes Haftungsrisiko, so ist auf Ebene der GmbH eine entsprechende Rückstellung zu bilden (vgl. IDW RS HFA 18 Rn. 35).

 

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Lead Auditor Europe in der Internen Revision, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)

 

 

BC 10/2014

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