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Gewinnrealisierung bei Abschlagszahlungen für Werkleistungen der Architekten nach HOAI

BC-Redaktion

BMF-Schreiben vom 13.5.2015, IV C 6 – S 2130/15/10001, DOK 2015/0407559

 

Vielen Dank für Ihr Schreiben vom 11.12.2014, mit dem Sie darum gebeten haben, die Auswirkungen der Entscheidung des BFH vom 14.5.2014 (VIII R 25/11, BStBl. II 2014, 968) mit den obersten Finanzbehörden der Länder zu erörtern. Sie schlagen vor, eine Möglichkeit zu schaffen, Gewinne aus Abschlagszahlungen, die mehrere Jahre betreffen, über einen größeren Zeitraum abzuschmelzen. [Anm. d. Red.: Es handelt sich um ein Schreiben der Bundesarchitektenkammer, Berlin.]

Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder wird zu Ihrem Anliegen wie folgt Stellung genommen:

Die Finanzverwaltung teilt die Auffassung des BFH, dass die Gewinnrealisierung bei Planungsleistungen eines Ingenieurs nicht erst mit der Abnahme oder Stellung der Honorarschlussrechnung eintritt, sondern bereits dann, wenn der Anspruch auf Abschlagszahlung nach § 8 Abs. 2 HOAI entstanden ist. Abschlagszahlungen nach § 8 Abs. 2 HOAI sind daher nicht wie Anzahlungen auf schwebende Geschäfte zu bilanzieren. Dies hat die Finanzverwaltung durch die Veröffentlichung des BFH-Urteils im Bundessteuerblatt zum Ausdruck gebracht.

Ausgehend vom Regelfall, dass auf eine gestellte Honorarrechnung in Form einer Abschlagszahlung auch ein Zahlungseingang folgt, wurden die nunmehr als Gewinn zu realisierenden Erträge auch vereinnahmt. Die Mittel zur Begleichung daraus entstandener Gewinne, die der Besteuerung zugrunde zu legen sind, sind dem Steuerpflichtigen also zugeflossen. Selbst nach der bisherigen Beurteilung musste der Steuerpflichtige Vorsorge treffen, für die zugeflossenen Erträge, die erst zu einem späteren Zeitpunkt realisiert wurden, die entstehenden Steuerzahlungen zurückzulegen. Insoweit kann es nicht darauf ankommen, ob eine Gewinnrealisierung nach der BFH-Entscheidung nun vorgezogen wird. Wie Frau RiBFH Prof. Dr. Franceska Werth in der von Ihnen übersandten Zusammenfassung zutreffend ausführt, ist die Entscheidung des BFH als positiv für das Baugewerbe anzusehen, weil der Werklohn so periodisch und nicht zusammengeballt versteuert wird und damit günstige Auswirkungen auf die Progression des Steuertarifs entfaltet.

Die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder haben zugleich die Frage erörtert und entschieden, dass die Grundsätze aus der BFH-Entscheidung auch auf Abschlagszahlungen nach § 632a BGB und für Abschlagszahlungen nach § 15 Abs. 2 HOAI n.F. anzuwenden sind.

Deshalb wurde auch entschieden, dass die Grundsätze aus der BFH-Entscheidung vom 14.5.2014 (VIII R 25/11, BStBl. II 2014, 968) erstmalig im Wirtschaftsjahr anzuwenden sind, das nach dem 23.12.2014 (Datum der Veröffentlichung im Bundessteuerblatt) beginnt. Zur Vermeidung von Härten kann der Steuerpflichtige den aus der erstmaligen Anwendung der Grundsätze der BFH-Entscheidung resultierenden Gewinn gleichmäßig entweder auf das Wirtschaftsjahr der erstmaligen Anwendung und das folgende Wirtschaftsjahr oder auf das Wirtschaftsjahr der erstmaligen Anwendung und die beiden folgenden Wirtschaftsjahre verteilen.

 

 

Praxis-Info!

Erhaltene Anzahlungen sind sowohl handels- als auch steuerrechtlich als Verbindlichkeit in Höhe des Nennwerts zu passivieren. Doch diese Regel kann durch Sonderbestimmungen, wie z.B. Gebührenordnungen, durchbrochen werden. Demnach ist der Vorschuss/die Abschlagszahlung für bereits entstandene Gebühren als Gewinn zu realisieren. Der Vorschuss für voraussichtlich entstehende Gebühren muss dagegen – dem Regelfall entsprechend – als Anzahlung passiviert werden.

Betroffen sein können hiervon z.B. die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI), die Rechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) bzw. das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) oder die Steuerberatervergütungsverordnung (StBVV).

In der (Bau-)Planungsbranche wurden „erhaltene Anzahlungen“ bei Werkverträgen (im Sinne des § 631 BGB) bislang dann als Verbindlichkeiten passiviert, wenn die Übergabe des Werkes an und die Abnahme durch den Besteller noch nicht erfolgt war (keine Gewinnrealisierung). Bei erbrachten Planungsleistungen im Rahmen der HOAI sehen dies jedoch sowohl der BFH (Urteil vom 14.5.2014, VIII R 25/11, BStBl. II 2014, 968) als auch das Bundesfinanzministerium (BMF) anders: Da hier Abschlagszahlungen in angemessenen zeitlichen Abständen für nachgewiesene Grundleistungen gefordert werden können, stellt dies eine Erhöhung des Gesamtgewinns des Architektur- bzw. Ingenieurbüros dar. Denn dieser Anspruch setzt weder eine (Teil-)Abnahme des Werkes noch die Stellung einer Honorarabschlussrechnung voraus (so der BFH).

Um größere Steuernachzahlungsbelastungen für Architektur- und Ingenieurbüros zu vermeiden, hat nun das BMF für Gewinnauswirkungen in der Steuerbilanz, die gegebenenfalls durch diese Rechtsauffassung ausgelöst werden, eine Verteilungsmöglichkeit zugestanden. Danach können die Abschlagszahlungen (Gewinnrealisierung) auf maximal drei Wirtschaftsjahre verteilt werden. Dies gilt allerdings nur für die erstmalige Gewinnrealisierung der Erträge aus diesen Abschlagszahlungen.

 

 

Praxishinweis:

  • Fast nebenbei erweitert das BMF die besagte BFH-Entscheidung auch auf Abschlagszahlungen nach § 632a BGB: Dies sind Werkverträge, bei denen der Besteller durch die Leistung einen Wertzuwachs erlangt. Der Anwendungsbereich des § 632a BGB betrifft überwiegend Bauleistungen; auch auf Leistungen für Außenanlagen oder Erdarbeiten ist dieser Paragraf anwendbar. Bei anderen Werkverträgen fehlt es meist an der erforderlichen Wertsteigerung durch die Teilleistung. Ein Wertzuwachs ist nur dann gegeben, wenn die Teilleistung selbstständig bewertbar ist (z.B. bei der Entwicklung einer individuellen EDV-Lösung oder der Erstellung eines aus mehreren Teilbereichen bestehenden Gutachtens).
  • Zivilrechtlich wird zwischen Abschlags- und Vorauszahlungen unterschieden:
    – Bei der Abschlagszahlung ist zumindest ein Teil der Werkleistung bereits erbracht worden; die Höhe der Zahlung orientiert sich am Verhältnis der erbrachten Leistung zur Gesamtleistung.
    – Die Vorauszahlung wird zwar ebenfalls auf den versprochenen Werklohn geleistet, erfolgt jedoch ohne Rücksicht auf eine bereits erbrachte Leistung des Unternehmers (Raab, Thomas in Dauner-Lieb/Langen, BGB-Schuldrecht, 2. Aufl. 2012, Rn. 4).
    Im Grunde genommen wäre dies auch bilanziell aufschlussreich. Allerdings gehen in der Praxis die Begriffe teilweise durcheinander bzw. werden häufig identisch verwendet.

 

[Anm. d. Red.]

 

 

 

BC 7/2015

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