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Selbstständige: Behandlung der Fahrtkosten zu einem einzigen Auftraggeber

Christian Thurow

BFH-Urteil vom 22.10.2014, X R 13/13

 

Sind die Fahrten eines Einzelunternehmers zu seinem einzigen Kunden in voller Höhe oder nur mit der Entfernungspauschale ansetzbar? Mit dieser Frage hat sich der BFH in seinem am 4.2.2015 veröffentlichten Urteil auseinandergesetzt und dabei das erstinstanzliche Finanzgerichtsurteil verworfen.

 

 

Praxis-Info!

Problemstellung

Ein Einzelunternehmer erzielte im Streitjahr Einkünfte aus Gewerbetrieb. Sämtliche Einkünfte gingen dabei auf einen einzigen Kunden zurück, für den der Einzelunternehmer Buchhaltungs- und EDV-Leistungen erbrachte. Dazu suchte er den Betrieb seines Kunden an vier bis fünf Tagen pro Woche auf. Die restlichen betrieblichen Tätigkeiten führte er in Räumen durch, die im Obergeschoss des von ihm bewohnten Einfamilienhauses lagen.

Bei seiner Gewinnermittlung machte der Einzelunternehmer die Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte seines Kunden in voller Höhe geltend. Das Finanzamt setzte dagegen die Entfernungspauschale an und erhöhte den Gewinn entsprechend.

Die hiergegen erhobene Klage war vor dem erstinstanzlichen Finanzgericht erfolgreich. Aus Sicht des Finanzgerichts hat der Einzelunternehmer bei seinem Kunden keine Betriebsstätte unterhalten. Insofern können die Fahrtkosten in voller Höhe angesetzt werden. Auf die Frage, ob die betrieblich genutzten Räumlichkeiten im Einfamilienhaus als Betriebsstätte oder als häusliches Arbeitszimmer anzusehen sind, kommt es laut Finanzgericht in diesem Fall nicht an.

 

 

Lösung

Der BFH widerspricht der Auffassung des Finanzgerichts. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH gilt bei einem auf Dienstvertragsbasis arbeitenden Unternehmer, der keine eigene Betriebsstätte unterhält, Folgendes: Der Ort, an dem er die geschuldete Leistung zu erbringen hat, ist als Betriebsstätte anzusehen. Dies ist in der Regel der Betrieb des Kunden.

Im Ausgangsfall hat der Einzelunternehmer nur einen einzigen Kunden, in dessen Betrieb er an vier bis fünf Tagen pro Woche tätig wurde. Somit ist der Betrieb des Kunden als eine Betriebsstätte des Einzelunternehmers anzusehen. Ausschlaggebend ist nun:

  • Sind die im Einfamilienhaus genutzten Räumlichkeiten ebenfalls als Betriebsstätte anzusehen, würden die Fahrten des Klägers Fahrten zwischen zwei Betriebsstätten darstellen; sie wären dann in voller Höhe absetzbar.
  • Stellen die Räumlichkeiten dagegen lediglich ein häusliches Arbeitszimmer dar, so überwiegt die Nutzung des Gebäudes als Wohnung die dort auch verwirklichten betrieblichen Zwecke. Somit wären die Fahrten zum Betrieb des Kunden nur in Höhe der Entfernungspauschale ansetzbar.

Der BFH verweist den Fall zurück zum Finanzgericht. Dieses muss klären, ob es sich bei den im Einfamilienhaus betrieblich genutzten Räumlichkeiten um eine Betriebsstätte oder ein häusliches Arbeitszimmer handelt.

 

 

Praxishinweise:

  • Entscheidend ist auch, dass es im Ausgangsfall nur einen einzigen Auftraggeber gab. Die vom BFH festgelegten Ausnahmen bei wechselnden Einsatzstellen sind somit nicht anwendbar: Danach sind die Fahrten zwischen der Wohnung und den Betriebsstätten zeitlich unbegrenzt in nachgewiesener oder glaubhaft gemachter Höhe als Betriebsausgaben absetzbar; es gelten hierbei gleichermaßen die Regelungen für Arbeitnehmer bei ständig wechselnden Tätigkeitsstätten, wie der BFH im oben bezeichneten Urteil betont.
  • Die ebenfalls vom BFH entwickelte Rechtsprechung, wonach eine betriebliche Einrichtung des Kunden keine regelmäßige Arbeitsstätte darstellt, bezieht sich auf Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit und ist nicht auf die Gewinneinkünfte übertragbar, wie der BFH im obigen Urteil ausführlich darlegt.

 

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Lead Auditor Europe in der Internen Revision, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)

 

 

BC 3/2015

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