FG Düsseldorf, Urteil vom 4.12.2014, 12 K 1073/14 E (Revision zugelassen)
Können vom Arbeitnehmer getragene Benzinkosten für einen Firmenwagen als Werbungskosten geltend gemacht werden, wenn die Nutzungsüberlassung nach der 1%-Bruttolistenpreisregelung ermittelt wird? Nein, sagte der BFH in einem Urteil aus dem Jahr 2007. Doch, sagt das FG Düsseldorf in einem aktuellen Urteil.
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Problemstellung
Ein Außendienstmitarbeiter erhielt von seinem Arbeitgeber einen Firmenwagen, dessen Benzinkosten er selbst zu tragen hatte. Dem Außendienstmitarbeiter war die private Nutzung des Firmenwagens gestattet. Der Arbeitgeber ermittelte den geldwerten Vorteil aus der Kfz-Überlassung nach der sog. 1%-Bruttolistenpreisregelung. Von dem im Streitjahr angefallenen Benzinkosten in Höhe von 5.599 € setzte der Außendienstmitarbeiter zunächst den kompletten Betrag als Werbungskosten an. Später nahm er eine Aufteilung der Benzinkosten in beruflich und privat veranlasste Kosten vor und machte 73% der Benzinkosten als Werbungskosten geltend.
Das Finanzamt lehnte die Werbungskosten unter Hinweis auf ein BFH-Urteil ab, wonach eine Berücksichtigung vom Arbeitnehmer selbst getragener Benzinkosten bei der Anwendung der 1%-Bruttolistenpreisregelung nicht möglich ist.
Lösung
Das FG Düsseldorf gab der Klage des Außendienstmitarbeiters statt. Nach Auffassung des Finanzgerichts sind die vom Kläger selbst getragenen Benzinkosten trotz Anwendung der 1%-Bruttolistenpreismethode sogar vollumfänglich als Werbungskosten abziehbar:
- Die auf berufliche Fahrten entfallenden Benzinkosten dienen der Erzielung von Arbeitslohn. Sie stellen somit durch Einnahmen veranlasste Werbungskosten dar und sind nach den allgemeinen Regelungen des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG abziehbar.
- Die auf Privatfahrten entfallenden Benzinkosten dienen zum Erwerb von Sachlohn in Form der privaten Pkw-Nutzung. Sie sind daher ebenfalls (gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG) als Werbungskosten abziehbar.
Aus Sicht des Finanzgerichts kann der Abzug dieser Werbungskosten nicht deshalb versagt werden, weil der Wert der Privatnutzung nach der 1%-Bruttolistenpreisregelung ermittelt worden ist. § 8 Abs. 2 Sätze 2 bis 4 EStG befasst sich lediglich mit Methoden zur Bewertung der Nutzungsüberlassung und enthält keine Regelungen zum Werbungskostenabzug. Dieser ist somit auch bei Anwendung der 1%-Bruttolistenpreisregelung nach den allgemeinen Grundsätzen zu beurteilen. Ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung kann die Abzugsfähigkeit der Werbungskosten nicht von der Methode der Bewertung der Einnahmen abhängig gemacht werden.
- Im Ausgangsfall sind zwei Besonderheiten zu beachten: Zum einen hatte der Außendienstmitarbeiter keine feste regelmäßige Arbeitsstätte. Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte waren somit nicht zu berücksichtigen. Zum anderen war der Arbeitnehmer arbeitsvertraglich verpflichtet, die Benzinkosten selbst zu tragen. Diese Kombination unterscheidet den Ausgangsfall von der bisherigen Rechtsprechung.
- Das FG Düsseldorf vertritt mit diversen Argumenten den Standpunkt, dass vom Arbeitnehmer getragene Benzinkosten als Werbungskosten abziehbar sind. Es widerspricht damit dem auch vom Finanzamt angeführten BFH-Urteil vom 18.10.2007 (VI R 57/06), wonach ein Werbungskostenabzug nicht in Betracht kommt, wenn der Nutzungsvorteil pauschal nach der 1%-Bruttolistenpreisregelung ermittelt wird. Das Urteil ist zur Revision zugelassen. Es bleibt abzuwarten, ob der BFH seine Meinung in dieser Sache ändern wird.
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Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Lead Auditor Europe in der Internen Revision, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)
BC 2/2015
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