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Verluste bei Erststudenten steuerlich geltend machen

Jürgen Plenker

BFH-Urteil vom 13.1.2015, IX R 22/14

 

Allen Eltern ist bekannt, dass die Ausbildung ihrer Sprösslinge eine Menge Geld kostet. Die Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung außerhalb eines Arbeitsverhältnisses (sog. Pilotenfälle) oder ein Studium als Erstausbildung (Erststudium) sind nach gegenwärtiger Rechtslage aber keine Werbungskosten oder Betriebsausgaben, sondern bis zu einem Betrag von 6.000 € jährlich als Sonderausgaben abziehbar. Dies ist für den Auszubildenden oder Studierenden oftmals nachteilig, weil er während dieser Zeit keine steuerlich relevanten Einkünfte bezieht und sich seine Aufwendungen daher steuerlich nicht auswirken. Ein Verlustrücktrag oder Verlustvortrag von Sonderausgaben in andere Kalenderjahre ist gesetzlich nicht vorgesehen.

Aufgrund dieser Rechtslage hält der Bundesfinanzhof den Ausschluss des Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzugs für „Erstausbildungskosten“ für verfassungswidrig und hat die Frage daher dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt (BFH-Beschlüsse vom 17.7.2014, BFH/NV 2014, 1954 und 1970).

 

 

Praxis-Info!

Sollte das Bundesverfassungsgericht der Auffassung des Bundesfinanzhofs folgen, stellt sich die Frage, ob auch die in der Vergangenheit entstandenen Kosten steuerlich noch geltend gemacht werden können. Hier hat sich der Bundesfinanzhof nunmehr für eine erleichterte Feststellung der Verlustvorträge ausgesprochen.

Demnach kann ein Verlustvortrag für die Zukunft auch dann gesondert festgestellt werden, wenn ein Einkommensteuerbescheid für das Verlustentstehungsjahr wegen Eintritts der sog. Festsetzungsverjährung nicht mehr erlassen werden kann. Eine Bindungswirkung des Einkommensteuerbescheids für die Feststellung des Verlustvortrags besteht nämlich dann nicht, wenn eine Einkommensteuerveranlagung für das Kalenderjahr gar nicht durchgeführt worden ist.

Der Bundesfinanzhof erwähnt zwar nicht ausdrücklich, welche Verjährungsfrist für die Verlustfeststellung gilt. Da er jedoch im Streitfall im Kalenderjahr 2012 eine Verlustfeststellung für die Kalenderjahre 2005 bis 2007 zugelassen hat, spricht vieles für eine siebenjährige Verjährungsfrist. Folglich wäre im Kalenderjahr 2015 noch eine Verlustfeststellung für die Kalenderjahre ab 2008 möglich.

Aber eins gilt es noch zu beachten: Liegt ein bestandskräftiger Einkommensteuerbescheid für das infrage stehende Kalenderjahr vor, ist dieser für die Verlustfeststellung bindend. Der steuerlich Sorgfältige, der frühzeitig eine Einkommensteuererklärung ohne seine Ausbildungskosten abgegeben hat, kann also dieses Mal der „Dumme“ sein.

 

 

Verfahrensrechtlicher Hinweis:

Aufgrund des Vorlagebeschlusses des Bundesfinanzhofs an das Bundesverfassungsgericht hat die Finanzverwaltung entschieden, dass sämtliche Einkommensteuerbescheide hinsichtlich der Frage der Abziehbarkeit der Aufwendungen für eine Berufsausbildung oder ein Studium als Werbungskosten oder Betriebsausgaben vorläufig ergehen. Entsprechendes gilt (bei Vorliegen dieser Sachverhalte) bei Ablehnungen einer Feststellung des hier infrage stehenden Verlustvortrags.

Eine Aussetzung der Vollziehung kommt aber nur dann in Betracht, wenn die Berücksichtigung von Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung außerhalb eines Arbeitsverhältnisses oder ein Studium als Erstausbildung (Erststudium) streitig ist und bei einer Berücksichtigung dieser Aufwendungen die Einkommensteuer herabzusetzen wäre. Folglich scheidet eine Aussetzung der Vollziehung von vorneherein aus, wenn die Einkommensteuer des Auszubildenden oder Studierenden – wie in den meisten Fällen – ohnehin 0 € beträgt (BMF-Schreiben vom 20.2.2015, BStBl. I, 174).

 

Dipl.-Finanzw. (FH) Jürgen Plenker, Krefeld

 

BC 5/2015

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