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Verfassungswidrigkeit der Zinsschrankenregelung nach § 4h EStG und § 8a KStG?

Christian Thurow

FG München, Urteile vom 2.3.2015, 7 K 2372/13, und vom 6.3.2015, 7 K 680/12 und 7 K 3431/12

 

In seinem Beschluss vom 18.12.2013 (I B 85/13) äußerte der BFH ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der sog. Zinsschranke und gewährte eine Aussetzung der Vollziehung. In drei aktuellen Urteilen zur Zinsschranke setzt sich das FG München mit den Argumenten des BFH auseinander und kommt zu dem Schluss, dass die Zinsschrankenregelung „ganz offensichtlich“ verfassungsgemäß ist.

 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

In den Ausgangsfällen wurde der steuerliche Abzug von Zinsaufwendungen eines Unternehmens vom Finanzamt auf Basis der sog. Zinsschranke nach § 4h EStG beschränkt. Der hiergegen erhobene Einspruch blieb jeweils ohne Erfolg.

In ihrer Klage verweisen die drei Kläger auf das oben genannte BFH-Urteil. Aus ihrer Sicht durchbricht die Zinsschrankenregelung das objektive Nettoprinzip. Hinzu kommt, dass es sich in den Fällen um Inlandssachverhalte gehandelt hat und keine Gewinnverlagerung ins Ausland vorlag.

 

 

Lösung

In seiner Urteilsbegründung folgt das Finanzgericht (FG) München der mittlerweile auch im Schrifttum geäußerten Auffassung, dass die Zinsschranke nicht zu einer Verletzung des objektiven Nettoprinzips führe. Der BFH hat in seinem oben genannten Urteil unberücksichtigt gelassen, dass die Zinsschranke nicht zu einer endgültigen Nichtabziehbarkeit des Zinsaufwands führt. Stattdessen bewirken EBITDA- und Zinsvortrag eine zeitliche Verlagerung der Abziehbarkeit. Da das objektive Nettoprinzip aber allein auf das „Ob“ und nicht das „Wann“ abstellt, können zeitliche Beschränkungen grundsätzlich keinen Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip darstellen. Das zentrale Argument für die Verfassungswidrigkeit – die Verletzung des objektiven Nettoprinzips – ist somit aus Sicht des FG München hinfällig.

Laut den Ausführungen des FG München diene die Zinsschranke nicht allein der Missbrauchsbekämpfung. Vielmehr soll auch die Besteuerung der individuellen Leistungsfähigkeit sichergestellt werden. Ein Ziel der Zinsschranke ist daher auch die Verhinderung von Finanzierungen zulasten einzelner Konzernunternehmen. Eine solche Verschiebung der Leistungsfähigkeit eines Steuerpflichtigen zulasten oder zugunsten eines anderen soll sowohl im grenzüberschreitenden als auch bei reinen Inlandssachverhalten verhindert werden. Zugleich sollen Anreize zur besseren Eigenkapitalausstattung gegeben werden, weshalb hier auch ein qualifizierter Fiskalzweck vorliegt. Diese außerfiskalischen Ziele sind auch der Grund dafür, dass viele Länder mittlerweile ähnliche Vorschriften eingeführt haben.

Aufgrund der aufgeführten Argumente ist die Zinsschrankenregelung aus Sicht des FG München offensichtlich verfassungsgemäß.

 

 

Praxishinweise:

  • Die endgültige Klärung der Verfassungsmäßigkeit der Zinsschrankenregelung durch das Bundesverfassungsgericht steht noch aus. Schrifttum und Finanzgerichte sind in dieser Frage gespalten. Es bleibt abzuwarten, welcher Seite sich das Bundesverfassungsgericht anschließen wird.
  • Auf Grundlage des oben genannten BFH-Urteils sollten von der Zinsschranke betroffene Unternehmen bis zur Klärung des Sachverhalts gegen die betreffenden Steuerbescheide Einspruch einlegen sowie – mit Verweis auf dieses BFH-Urteil und das anhängige Verfahren beim Bundesverfassungsgericht – ein „Ruhen des Verfahrens“ (nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO) beantragen. Wegen der niedrigen Marktzinsverhältnisse ist davon abzuraten, stattdessen einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (§ 361 Abs. 2 AO) zu stellen. Denn hat der Rechtsbehelf letztendlich keinen Erfolg, ist die ausgesetzte Steuerschuld nicht nur zu begleichen, sondern der geschuldete Betrag für die Dauer der Aussetzung zu verzinsen. Die Zinshöhe beläuft sich dann auf 0,5% pro Monat; dies ergibt einen Jahreszins von 6% (§ 237 AO i.V.m. § 238 Abs. 1 AO).

 

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Lead Auditor Europe in der Internen Revision, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)

 

 

BC 6/2015

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