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Umsetzung von Digitalisierungsprojekten: Hürden und Chancen

Dr. Hans-Jürgen Hillmer

KMU-spezifische Einsichten anlässlich eines Netzwerktreffens am 23.11.2023 in Kufstein

 

Notwendige Veränderungsprozesse begegnen gerade in erfolgreichen Unternehmen oft hohen Hürden. Woran das liegt und wie diese überwunden werden können, wurde in einem Netzwerktreffen am 23.11.2023 spezifisch für kleine und mittlere Unternehmen analysiert.


 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Mit dem Fokus auf kleine und mittlere Unternehmen (KMU) fand am 23.11.2023 das Netzwerktreffen „Digitale und Agile Transformation“ an der FH Kufstein Tirol statt. Die Aspekte Agilität und Digitalisierung sind, regional gesehen, für KMU in Bayern und Tirol von hoher Relevanz, weil sich dadurch der Bedarf an strategischer Neuorientierung und zur Anpassung bzw. sogar Neuausrichtung von Geschäftsmodellen ergibt. Aus diesem Grund luden die Kooperationspartner Fachhochschule Kufstein Tirol, Rosik e.V. und die Wirtschaftskammer Tirol gemeinsam zu einem über Interreg Bayern-Österreich geförderten Netzwerktreffen ein. In diesem wurde über Impulsvorträge und Best-Practice-Beispiele dargestellt, wie Agilität und Digitalisierung im eigenen Unternehmen umgesetzt werden können. Nach der Einführung durch Prof. (FH) Dr. Dr. Mario Situm, Studiengangsleiter an der Fachhochschule Kufstein Tirol Bildungs GmbH, Kufstein (AT), und verschiedenen fachspezifischen Impulsvorträgen zu den Themen

  • „Agilität & Digitalisierung“,
  • „Future Skill Vielseitigkeit: Zukunft sichern, Innovationen, Ideen & Veränderungen gestalten und erfolgreich umsetzen“

standen auch Finanzierungs- und Fördermöglichkeiten zur Umsetzung von Digitalisierungsprojekten auf dem Programm. In der Podiumsdiskussion wurden Best-Practice-Erfahrungen bei der Umsetzung von Digitalisierungsprojekten vorgestellt, die über den regionalen Einzugsbereich hinaus von allgemeinem Interesse sind.

 

 

Lösung

(1) Gefragt wurde zunächst nach Hürden bei Digitalisierungsprozessen.

Peter Kurz (mehr zu diesem und den weiteren Referenten siehe weiter unten unter den Hinweisen) nimmt Widersprüche wahr, weil insbesondere Unternehmen mit großem Erfolg sehr konservativ auftreten. Die größte Hürde besteht seiner Erfahrung nach in der mangelnden Veränderungsbereitschaft der Führungskräfte. Zu beobachten sei, dass Digitalisierungspotenziale schlicht nicht erkannt werden. Es fehlen Generalisten, die die Übertragbarkeit von Einzellösungen auf andere Bereiche durchdenken können. Gewarnt wurde vor zu großen Schritten bei KI-Projekten; oft mangelt es noch an Basistechnologien. Der Einstieg müsse finanzierbar dargestellt werden.

Sylvia Kern betonte eine unzureichende Fehlerkultur; es bedarf eines anderen Umgangs mit dem Scheitern. Man dürfe nicht zu perfektionistisch sein. Sie sprach das Digitalisieren von Prozessen bei ERP-Umstellungen an. Die damit verbundenen Vorteile werden oft nicht deutlich genug kommuniziert, sodass der zunächst beträchtliche Kostenaufwand diese Vorteile überdeckt. Die Beraterin Kern regte an, den Netzwerkaustausch zu forcieren, um von anderweitig bereits praktizierten Anwendungen zu profitieren.

Martina Dickstein merkte an, dass es an Innovationsbudgets mangle, die insbesondere auch Fehlerfinanzierungen abdecken. Gefährlich sei auch ein zu einer Ablehnung führendes Halbwissen (Stichwort ChatGPT); Prozesse werden nicht bis zum Ende gedacht. Dickstein führt das auch auf einen gegenüber früheren Perioden reduzierten Leistungswillen zurück: Der Wille, etwas zu bewirken und zu leisten, lasse nicht selten zu wünschen übrig.

Georg Foidl berichtete von einem Praxisbeispiel zu Lieferscheinen, die per PDF übermittelt werden und beim Kunden auf Unverständnis hinsichtlich der Weiterverarbeitung treffen. Auch er betonte wie Peter Kurz, dass der Erfolg des aktuellen Geschäfts oft der Überwindung von Hürden im Wege steht, weil die Handlungsnotwendigkeiten nicht erkannt werden.

(2) Was ist Unternehmen, die vor Digitalisierungsprozessen stehen, zu raten:

Nach Peter Kurz ist es am wichtigsten, die Führungskräfte abzuholen. Hohe Projektkosten sollten auf Kosten je Mitarbeiter runtergerechnet werden, um die Scheu vor auf den ersten Blick sehr hohen Beträgen zu nehmen. Dann werden die Effizienzverbesserungen eher erkannt.

Wichtig ist auch für Silvia Kern, den Mehrwert von Veränderungsprozessen klarzumachen. Es gehe nicht um Digitalisierung an sich, zumal Soft Skills immer wichtiger werden. Es bedarf qualifizierter Persönlichkeiten als Treiber, die sich engagieren und die anderen mitnehmen. Notwendig ist zunächst einmal die Einsicht, dass Veränderungen notwendig sind.

Wichtig ist zudem, nach Anraten von Martina Dickstein, der Wissenstransfer und die Bewusstseinsschärfung. Das gelinge besser, wenn man Finanzierungswege aufzeigen kann. Die Fülle von potenziell verfügbaren Softwarelösungen bedarf der Einordnung. Viele Unternehmen haben schon Tools, die aber nicht genutzt werden.

Die Frage nach der „besten Technologie“ konnte Georg Foidl so nicht beantworten: Diejenige ist die beste, die in der Lage ist, die Firmenabläufe realitätsgerecht digital darzustellen.

Ein allgemein bewährtes Mittel der Akzeptanzsteigerung bei Digitalisierungsprojekten sind Quick wins. Falsche Erwartungen hingegen müssen bekämpft werden. Oft werden für den Projekterfolg wichtige Mitarbeitende nicht in Projekte einbezogen. Unternehmen benötigen externe Impulse (z.B. auch von IHKs), um den Anschluss nicht zu verlieren. In vielen Unternehmen ist der aufgeschobene Generationenwechsel ein zu lösendes Problem.

 

 

Hinweise:

  • Zu den Podiumsteilnehmern:
    Martina Dickstein ist als Unternehmensberaterin & Digitalisierungsstrategin im 13PUNKT4-Büro für Digitalisierung e.U., Wals-Siezenheim (AT), tätig;
    Georg Foidl ist Founder & CEO der anewo GmbH, Waidring (AT);
    Sylvia Kern ist selbstständige Expertin & Beraterin für Agile und Digitale Transformation, Bad Aibling (DE);
    Peter Kurz ist Geschäftsführer des mittelständischen Dienstleistungsunternehmens itelio GmbH, Kiefersfelden (DE), mit ca. 100 Mitarbeitern.


 

Dr. Hans-Jürgen Hillmer, BuS-Netzwerk Betriebswirtschaft und Steuern, Coesfeld

 

BC 12/2023

BC20231224

 

 

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