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Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers: Betriebsvorrichtungen als Bauleistungen

BC-Redaktion

BMF-Schreiben vom 28.7.2015, III C 3 – S 7279/14/10003; DOK 2015/0593552

 

Das Bundesfinanzministerium (BMF) widerspricht der Auffassung des Bundesfinanzhofs (BFH) im Urteil vom 28.8.2014, V R 7/14, Betriebsvorrichtungen seien keine Bauwerke im Sinne von § 13b Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 UStG. Bestandteil des Bauwerks sind nicht nur eingebaute Anlagen, die für Konstruktion, Bestand, Erhaltung oder Benutzbarkeit des Bauwerks von wesentlicher Bedeutung sind. Die vom BFH vorgenommene Auslegung des Begriffs des Bauwerks anhand des Bewertungsrechts ist mit dem Unionsrecht nicht vereinbar.

Auch bei Leistungen an Betriebsvorrichtungen kann es sich um Bauleistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück handeln. Als Grundstück im weiteren Sinne wird (gemäß Art. 13b MwStVO) definiert:

  • ein bestimmter über- oder unterirdischer Teil der Erdoberfläche, an dem Eigentum und Besitz begründet werden kann;
  • jedes mit oder in dem Boden über oder unter dem Meeresspiegel befestigte Gebäude oder jedes derartige Bauwerk, das nicht leicht abgebaut oder bewegt werden kann;
  • jede Sache, die einen wesentlichen Bestandteil eines Gebäudes oder eines Bauwerks bildet, ohne die das Gebäude oder das Bauwerk unvollständig ist, wie z.B. Türen, Fenster, Dächer, Treppenhäuser und Aufzüge;
  • Sachen, Ausstattungsgegenstände oder Maschinen, die auf Dauer in einem Gebäude oder einem Bauwerk installiert sind, und die nicht bewegt werden können, ohne das Gebäude oder das Bauwerk zu zerstören oder zu verändern.

Demzufolge gelten Betriebsvorrichtungen unionsrechtlich nur dann nicht als Grundstück, wenn sie nicht auf Dauer installiert sind oder bewegt werden können, ohne das Gebäude oder das Bauwerk zu zerstören oder zu verändern.

 

 

Praxishinweis:

In der Praxis wäre eine Abgrenzung zwischen Bauwerk und Betriebsvorrichtung ohnehin schwierig. Denn ein leistender Unternehmer dürfte nicht bzw. nur schwer erkennen,

  • ob die von ihm eingebaute Anlage eigenständigen Zwecken dient und mithin als Betriebsvorrichtung zu beurteilen ist oder
  • ob die Anlage (z.B. Klima-, Kälte- oder Belüftungsanlage) für Konstruktion, Bestand, Erhaltung oder Benutzbarkeit des Bauwerks von wesentlicher Bedeutung ist.

Nur in letzterem Fall könnte es nach dem besagten BFH-Urteil zur Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers kommen.

 

 

Praxis-Info!

Gemäß dieser Auslegung des BMF dürften z.B. auch folgende Betriebsvorrichtungen als Bauwerke gelten:

  • Einbau einer Entrauchungsanlage in eine Werkshalle, die bereits über ein eigenes Klimasystem verfügt, um Reinraumbedingungen für die Produktion von Speicherchips herzustellen: Eine lufttechnische Anlage oder auch eine Klimaanlage gehört dann zum Gebäude, wenn damit den Mitarbeitern „im Winter angenehme Wärme und im Sommer angenehme Kühle” bereitgestellt werden soll. Ist die Anlage jedoch erforderlich, um beispielsweise hohe Temperaturen oder Dämpfe, die beim Produktionsprozess entstehen, abzusaugen, dann ist die Anlage eine Betriebsvorrichtung.
  • Werklieferungen von Photovoltaikanlagen (Abschn. 13 b.2 Abs. 5 Nr. 11 UStAE). Die Lieferung und Montage von betriebsbereiten (sog. schlüsselfertigen) Photovoltaikanlagen auf Gebäudedächern dürfte selbst dann eine Bauleistung darstellen, wenn sie als Betriebsvorrichtungen gelten und keine unmittelbare Funktion für das Gebäude selbst haben.
  • Die Einrichtung eines automatischen Hochregallagers, in dem der Aufenthalt von Menschen während des laufenden Betriebs nicht vorgesehen ist, stellt ebenfalls eine Betriebsvorrichtung dar und dürfte somit unter die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers fallen. Denn es wird in der Regel auf Dauer installiert und kann nicht bewegt werden, ohne das Gebäude oder das Bauwerk zu zerstören oder zu verändern.

 

 

Praxishinweis:

Die Abgrenzung, ob ein Bauwerk als Gebäude oder Betriebsvorrichtung anzusehen ist, hat jedoch weiterhin wesentliche Bedeutung für die Bilanzierungspraxis. Zwar sind unselbstständige Gebäudeteile, wie Fahrstuhlanlagen, Heizungsanlagen, Be- und Entlüftungsanlagen, in der Regel nur noch einheitlich mit dem Gebäude abzuschreiben. Aber die selbstständigen Gebäudeteile können gesondert bilanziert und abgeschrieben werden. Zu diesen selbstständigen Gebäudeteilen werden stets solche Anlagen gerechnet, die nach den bewertungsrechtlichen Grundsätzen zu den Betriebsvorrichtungen gehören und damit einkommensteuerrechtlich den beweglichen Anlagegütern gleichzustellen sind (R 4.2 Abs. 3 ff. i.V.m. R 7.1 Abs. 3 EStR, H 4.2 (3) EStH und H 7.1 EStH). Weitere Bilanzierungshinweise zur Abgrenzung des Grundvermögens von den Betriebsvorrichtungen mit einer Kontierungshilfe gibt Jüttner in BC 2010, 99 ff. (Heft 3).

 

[Anm. d. Red.]

 

 

BC 9/2015

becklink371154

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