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Handelsrechtliche Abzinsungsvorschriften für Pensionsrückstellungen

Kai Peter Künkele und Sanja Mitrovic

Das IDW regt eine nachhaltige Reform an.

 

Bereits mit Schreiben vom 4.10.2022 hat das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW) gegenüber dem Bundesministerium der Justiz (BMJ) eine kurzfristige Änderung im Hinblick auf die einheitliche Verwendung eines 7-Jahres-Durchschnittszinssatzes für sämtliche Rückstellungen angeregt. Mit einem Schreiben vom 6.9.2023 hat sich das IDW nun gesondert gegenüber dem BMJ dafür ausgesprochen, eine nachhaltige Neuausrichtung der handelsrechtlichen Abzinsungskonzeption für Pensionsrückstellungen anzustreben. Dabei schlägt das IDW einen gesetzlich vorgegebenen fixen Diskontierungssatz vor.


 

Praxis-Info!

 

1. Einführung

Die betriebliche Altersversorgung ist von enormer gesellschaftlicher Bedeutung und bildet eine der drei Hauptstützen der Alterssicherung. In den Jahresabschlüssen der Unternehmen spiegeln sich die gewährten Direktzusagen in den Pensionsrückstellungen wider, die betragsmäßig häufig einen beträchtlichen Anteil an der Bilanzsumme ausmachen. Die aktuellen Bilanzierungsvorschriften sehen vor, dass die Bewertung von Pensionsrückstellungen zu jedem Abschlussstichtag auf Basis eines aus Marktdaten abgeleiteten Zinssatzes erfolgt.

 

 

2. Problematik an der bisherigen Konzeption

Die Grundproblematik besteht darin, dass Änderungen der Zinssätze am Kapitalmarkt auf die Fähigkeit der Unternehmen, nachhaltige Renditen zu erwirtschaften, nur mittelbare Auswirkungen haben. Die Bewertung von Rückstellungen erfolgt jedoch unter Berücksichtigung von Änderungen der Marktzinssätze zu jedem Abschlussstichtag, was zu erheblichen Schwankungen in der Bewertung führen kann. Um die starken Schwankungen abzumildern, wird der Abzinsungssatz aus dem Durchschnitt der jeweils letzten 10 Geschäftsjahre ermittelt. In einer Nebenrechnung ist eine Bewertung mit dem bisherigen 7-Jahres-Durchschnittszins vorzunehmen (Parallelbewertung). Der Unterschiedsbetrag ist zu jedem Bilanzstichtag neu zu ermitteln und wird mit einer Ausschüttungssperre belegt. Er ist im Anhang oder unter der Bilanz anzugeben.

Daraus ergibt sich dennoch eine angenäherte Marktbewegung, die über die Zeit zu erhöhten Schwankungen der Jahresergebnisse der bilanzierenden Unternehmen führen kann. Hierbei gilt es hervorzuheben, dass sich ein erheblich veränderndes Zinsniveau nicht gleichermaßen auf die Aktivseite wie auf die Passivseite auswirkt. Die sich aus sinkenden Marktzinssätzen ergebenden steigenden Barwerte sind auf der Aktivseite in der Regel nicht über die ursprünglichen Anschaffungs- und Herstellkosten hinaus zu bewerten. Ausnahmen bestehen z.B. bei der Bewertung von sogenanntem Deckungsvermögen von Pensionszusagen. Dies kann insgesamt zu einer verzerrten Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage führen.

Darüber hinaus gilt es an der Stelle, die Uneinheitlichkeit mit Blick auf die Bewertung der unverzinslichen Verbindlichkeiten hervorzuheben. Diese werden grundsätzlich im Zeitpunkt ihres Entstehens mit dem Barwert bilanziert und im Rahmen der Folgebewertung nach Maßgabe der Effektivzinsmethode – ohne Berücksichtigung von Änderungen der Marktzinssätze – um die Aufzinsungsbeträge erhöht. Demnach kommt bei gestiegenen Marktzinssätzen – entgegen der Bewertung der Pensionsrückstellungen – eine Verringerung des Buchwerts bzw. eine zinsinduzierte Umbewertung der Verbindlichkeiten nicht in Betracht.

 

 

3. Schlussfolgerung

Das IDW schlägt aufgrund der ausgeführten Problematiken eine reformierte Abzinsungskonzeption bezüglich der Bewertung von Pensionsrückstellungen vor. Aus dem Schreiben an das BMJ vom 6.9.2023 geht dabei hervor, dass sich ein veränderndes Marktzinsniveau zumindest nicht mehr kurzfristig auf die Bewertung der Pensionsrückstellungen auswirken sollte. Der dargestellte Reformvorschlag sieht dabei vor, einen festen Diskontierungszinssatz einzuführen, der das langfristige durchschnittliche Marktzinsniveau widerspiegelt und in größeren Zeitabständen (anlassbezogen) einer Überprüfung unterzogen wird. Damit soll sichergestellt werden, dass sich Änderungen des Marktzinsniveaus nicht kurzfristig auf die Bewertung von Pensionsrückstellungen auswirken. Ein fester Diskontierungszinssatz soll eine langfristige Stabilität und Planbarkeit für die Unternehmen bieten. Da der aktuelle Durchschnittszinssatz gemäß § 253 Abs. 2 HGB noch deutlich unterhalb des derzeit langfristig erwarteten durchschnittlichen Zinsniveaus liegt, würde eine Umbewertung der bestehenden Pensionsrückstellungen auf einen konstant festgelegten Zinssatz bei den bilanzierenden Unternehmen höchstwahrscheinlich zu einem Auflösungseffekt führen.

An der Stelle bleibt es abzuwarten, inwiefern die Reformvorschläge vom BMJ angenommen werden.

 

WP/StB Kai Peter Künkele, Dr. Kleeberg & Partner GmbH WPG StBG, München (www.kleeberg.de)

WP Sanja Mitrovic, Dr. Kleeberg & Partner GmbH WPG StBG, München

 

 

BC 8/2023

BC20231026

 

 

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