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Aufwendungen zur Beseitigung nachträglicher Schäden sind keine anschaffungsnahen Herstellungskosten

Christian Thurow

FG Düsseldorf, Urteil vom 21.1.2016, 11 K 4274/13 E (Revision zugelassen)

 

Sofort abziehbare Erhaltungsaufwendungen bzw. Werbungskosten oder nachträgliche Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten? Diese Frage ist des Öfteren zwischen Finanzverwaltung und Steuerpflichtigen strittig. Das FG Düsseldorf hat nun in einem am 29.2.2016 veröffentlichten Urteil der Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG Grenzen gesetzt.

 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Die Kläger erwarben im Jahr 2007 eine vermietete Eigentumswohnung. Das Mietverhältnis wurde zunächst fortgesetzt. Im folgenden Jahr kam es zu diversen Mietverzögerungen und -ausfällen, woraufhin das Mietverhältnis erfolgreich gekündigt wurde. Die Mieterin hinterließ die Wohnung in einem stark beschädigten Zustand. Für die Beseitigung der Schäden musste ein Betrag in Höhe von rund 20% des damaligen Kaufpreises aufgewendet werden. Die Kläger machten diesen Betrag als sofort abzugsfähige Werbungskosten bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend.

Das Finanzamt erkannte dies jedoch nicht an und verwies auf § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG, wonach Instandhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen innerhalb von drei Jahren nach Erwerb, welche 15% der Anschaffungskosten übersteigen, als anschaffungsnahe Herstellungskosten zu aktivieren sind.

In Einspruch und Klage machen die Kläger geltend, dass aus ihrer Sicht die Regelungen des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG keine Anwendung bei erst nach der Anschaffung entstandenen Schäden findet.

 

 

Lösung

Das FG Düsseldorf folgt in seinem Urteil der Auffassung der Kläger. Zwar liegen im Streitfall dem Wortlaut nach anschaffungsnahe Herstellungskosten im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG vor; doch kommt diese Vorschrift aufgrund der gebotenen Auslegung nicht zur Anwendung. Aus der Gesetzesbegründung lassen sich, so das Finanzgericht, keine Anhaltspunkte entnehmen, dass Aufwendungen zur Beseitigung von nach dem Erwerb eingetretenen Schäden unter die Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG fallen sollten.

Die Gesetzesregelung beruht auf der zuvor geltenden Verwaltungsvorschrift R 157 Abs. 4 EStR 2002 „Erhaltungsaufwand und Herstellungsaufwand“ (im aktuellen R 21.1 EStR 2012 nicht mehr enthalten).

 

 

Zum Hintergrund:

Anstehende Reparaturkosten wirken sich mindernd auf den Kaufpreis aus. Diese im engen zeitlichen Zusammenhang zum Erwerb gehörenden Reparaturkosten stehen somit – wirtschaftlich betrachtet – den Anschaffungskosten gleich. Im Ausgangsfall sind die Schäden aber unstreitig erst nach dem Erwerb der Wohnung entstanden. Somit haben sie sich nicht mindernd auf den Kaufpreis ausgewirkt. Es liegen auch keine einheitlichen Renovierungs- oder Modernisierungsmaßnahmen vor. Vielmehr ging es ausschließlich um die Beseitigung der nachträglich entstandenen Schäden.

Andernfalls käme eine Absetzung für außerordentliche technische Abnutzung für Substanzschäden infrage. Eine solche Abschreibung wäre auch dann möglich, wenn die Reparatur den Schaden nur teilweise behoben und eine auf technischen Mängeln beruhende erhebliche Wertminderung fortbestanden hätte. Der Aufwand aus einer außerordentlichen Absetzung für Abnutzung begründet jedoch noch keine Instandsetzungs- oder Modernisierungsmaßnahme (gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG).

 

 

Praxishinweise:

  • Laut H 21.1 EStH 2012 (früher H 157 EStH 2002) liegen allerdings Herstellungskosten dann vor, wenn „bei schweren Substanzschäden an den für die Nutzbarkeit als Bau und die Nutzungsdauer des Gebäudes bestimmenden Teilen“ Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwendungen vorgenommen werden.
  • Das FG hat die Revision zugelassen, da die steuerliche Behandlung von Aufwendungen zur Beseitigung nachträglich entstandener Schäden nicht eindeutig in Schrifttum und Rechtsprechung geklärt ist.
  • Der Ausgangsfall bezieht sich auf Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Da § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG allgemein für die Bewertung von Betriebsvermögen gilt, ist das Urteil auch für Immobilien besitzende Unternehmen von Bedeutung.

 

  

Mit dem Steueränderungsgesetz 2003 (StÄndG 2003) wurde zwar die bisherige Verwaltungsregelung zum sog. „anschaffungsnahen Aufwand“ gesetzlich verankert. Dennoch bestehen immer noch Abgrenzungsprobleme zwischen sofort abzugsfähigen Erhaltungsaufwendungen und anschaffungsnahen Herstellungskosten.

 

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Vice President Audit Operations & Reporting, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)

 

 

BC 4/2016

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