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Anschaffungsnahe Herstellungskosten anstelle von Sofortabzug bei der Gebäudesanierung

Christian Thurow

BFH-Urteile vom 14.6.2016, IX R 25/14, IX R 15/15 und IX R 22/15

 

Bei Netto-Renovierungskosten von mehr als 15% der Anschaffungskosten innerhalb von drei Jahren nach Erwerb einer Immobilie liegen (gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG) sog. anschaffungsnahe Herstellungskosten vor. Doch welche Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen fallen unter diese Definition? Diese Frage hat der BFH nun in drei Urteilen konkretisiert.

 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Der Begriff der anschaffungsnahen Herstellungskosten wird in § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG definiert als

– Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen,

– die innerhalb von drei Jahren nach Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden und

– netto mehr als 15% der ursprünglichen Anschaffungskosten übersteigen.

Anschaffungsnahe Herstellungskosten können nicht sofort steuermindernd erfasst werden, sondern werden ratierlich über die AfA erfasst.

 

 

Beispiel:

A erwarb für Vermietungszwecke im Jahr 2013 eine Wohnung für 300.000 €. In den folgenden zwei Jahren führte er Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen durch. Die Aufwendungen für diese Maßnahmen beliefen sich ohne Umsatzsteuer auf 46.000 €. Da die Aufwendungen 15% des ursprünglichen Kaufpreises übersteigen (hier: 15,33%), liegen anschaffungsnahe Herstellungskosten vor. Diese werden nun über die reguläre Gebäude-AfA abgeschrieben.

 

 

Um den steuerlichen Sofortabzug der Aufwendungen durchführen zu können, haben sich in der Praxis einige „Tricks“ eingebürgert. So wurde z.B. ein Teil der Aufwendungen als „Schönheitsreparatur“ gekennzeichnet und nicht in die Berechnung der 15%-Grenze mit einbezogen. Oder es wurden (kleine) Teile der Aufwendungen aktiviert mit der Folge, dass der Großteil der Aufwendungen unter der 15%-Grenze lag und somit steuerlich sofort abzugsfähig war.

 

 

Beispiel:

Ausgangslage wie oben.

A aktiviert einen Betrag von 2.000 € für neue Fenster als Anschaffungskosten. Die verbleibenden 44.000 € Aufwendungen betragen nun weniger als 15% des ursprünglichen Kaufpreises (hier: 14,67%) und liegen somit unter der Bewertungsgrenze für anschaffungsnahe Herstellungskosten. Sie sind daher sofort abzugsfähig.

 

 

Erleichtert wurden diese Tricks durch die bisherige BFH-Rechtsprechung, die bei anschaffungsnahen Herstellungskosten einen engen räumlichen, zeitlichen und sachlichen Zusammenhang der Aufwendungen gefordert hat. So könnten im zweiten Beispiel die 2.000 € für die Fenster z.B. ein Jahr nach den übrigen Aufwendungen angefallen sein. Somit wäre ein enger zeitlicher Zusammenhang nicht mehr gegeben. De facto wurde so die Drei-Jahres-Frist des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG ausgehebelt. Zusätzlich war bislang vor allem die genaue Definition des Begriffs „Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen“ unklar. So wurde häufig argumentiert, dass reine Schönheitsreparaturen nicht hierunter fallen.

 

 

Lösung

In seinen Urteilen definiert der BFH den Begriff der „Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen“ wie folgt:

  • Bauliche Maßnahmen, durch die Mängel oder Schäden an vorhandenen Einrichtungen beseitigt werden.
  • Bauliche Maßnahmen, durch die das Gebäude durch Erneuerung in einen zeitgemäßen Zustand versetzt wird.
  • Schönheitsreparaturen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden.

Mit seiner neuen Rechtsprechung gibt der BFH ausdrücklich seine bisherige Forderung nach einem engen räumlichen, zeitlichen und sachlichen Zusammenhang der Aufwendungen auf. Somit sind nunmehr sämtliche Aufwendungen für Reparatur, Verbesserung und Verschönerung, die bei einer Sanierung innerhalb von drei Jahren nach Anschaffung des Gebäudes anfallen, bei der Ermittlung der Bewertungsgrenze für anschaffungsnahe Herstellungskosten zu berücksichtigen. Einzig diejenigen Aufwendungen für Erhaltungsarbeiten, die jährlich üblicherweise anfallen (z.B. Heizungswartung), sind nicht zu berücksichtigen und sofort abzugsfähig.

Werden Aufwendungen (teilweise) von dritter Seite getragen, sind nur die dem Steuerpflichtigen tatsächlich entstehenden Aufwendungen zu berücksichtigen.

Bei einem aus mehreren Einheiten bestehenden Gebäude ist bei der Ermittlung von anschaffungsnahen Herstellungskosten nicht auf das gesamte Gebäude, sondern auf den jeweiligen selbstständigen Gebäudeteil abzustellen, wenn das Gesamtgebäude in unterschiedlicher Weise genutzt wird.

 

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Vice President Audit, Operations & Reporting, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)

 

 

BC 10/2016

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