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Sofortabzug eines Disagios

Christian Thurow

BFH-Urteil vom 8.3.2016, IX R 38/14

 

Ein Disagio ist steuerlich sofort als Werbungskosten bzw. als Betriebsausgabe (bei EÜR) abziehbar, wenn es der Höhe nach marktüblich ist. Doch welche Kriterien müssen bei der Bestimmung der Marktüblichkeit angelegt werden? Hierzu hat sich der BFH nun in einem am 15.6.2016 veröffentlichten Urteil geäußert.

 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Der Kläger erwarb zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ein Mehrfamilienhaus. Zur Finanzierung des Kaufpreises nahm er bei einer Geschäftsbank ein Hypothekendarlehen auf. Die Darlehenskonditionen beinhalteten ein Disagio in Höhe von 10% sowie einen auf zehn Jahre festgeschriebenen Nominalzinssatz von 2,85%. Der Kläger machte das Disagio im Jahr der Darlehensaufnahme in voller Höhe als Werbungskosten geltend.

Das Finanzamt ließ dagegen nur die Hälfte des Disagios zum sofortigen Werbungsabzug zu und verteilte die andere Hälfte auf die Dauer der Zinsbindung. Begründung: Lediglich ein marktübliches Disagio bis zu einer Höhe von 5% sei sofort abziehbar. Im Ausgangsfall sei der vereinbarte Nominalzins deutlich niedriger als der Marktzins. Das vereinbarte Disagio sei dementsprechend ungewöhnlich hoch und somit nicht in voller Höhe sofort abzugsfähig.

Der Kläger machte dagegen geltend, dass der Darlehensvertrag zwischen unabhängigen Dritten geschlossen wurde und somit einem Drittvergleich standhalte. Daher seien die getroffenen Vereinbarungen auch grundsätzlich als marktüblich anzusehen.

Das erstinstanzliche Finanzgericht folgte der Auffassung des Finanzamts. Mit seiner Revision begehrt der Kläger weiterhin den vollständigen sofortigen Abzug des Disagios.

 

 

Lösung

Der BFH folgt in seinem Urteil der Auffassung des Klägers. Nach § 11 Abs. 2 Satz 4 EStG ist ein Disagio sofort abzugsfähig, soweit es marktüblich ist. Die Marktüblichkeit bestimmt sich nach folgenden Kriterien:

  • Höhe des Disagios,
  • Höhe und Laufzeit des Kredits sowie
  • aktuelle Verhältnisse am Kreditmarkt.

Im Rahmen der tatrichterlichen Würdigung ist dabei festzustellen, ob ungewöhnliche Gestaltungen, welche sich nicht an den auf dem aktuellen Kreditmarkt üblichen Rahmen halten, vorliegen. Die Kopplung der Marktüblichkeit an einen festen Zinssatz ist dagegen nicht möglich. Insofern ist auch die vom BMF verwendete Nichtbeanstandungsgrenze von 5% ohne Belang.

Der Abschluss eines Darlehens mit einer Geschäftsbank wie unter fremden Dritten weist bereits auf die Marktüblichkeit hin. Aufgrund der Pflicht von Geschäftsbanken zur Risikokontrolle ist davon auszugehen, dass sich die mit einer Geschäftsbank getroffenen Zins- und Disagio-Vereinbarungen in dem auf dem aktuellen Kreditmarkt üblichen Rahmen halten. Diese Vermutung kann durch besondere Umstände, wie z.B. eine Kreditunwürdigkeit des Darlehensnehmers, persönliche Beziehungen der Beteiligten untereinander oder ganz atypische Vertragsgestaltungen, widerlegt werden.

Im Ausgangsfall liegt unstreitig ein Vertragsabschluss unter fremden Dritten vor. Somit kann die Marktüblichkeit der Vereinbarung vermutet werden. Das erstinstanzliche Finanzgericht hat es unterlassen, diese Vermutung durch Prüfung der Einzelumstände zu widerlegen. Der Fall wird somit zur erneuten Prüfung an das Finanzgericht zurückverwiesen.

 

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Vice President Audit Operations & Reporting, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)

 

BC 7/2016

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