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Pauschalierung der Lohnsteuer bei Betriebsveranstaltungen

BC-Redaktion

BFH-Urteil vom 15.1.2009, VI R 22/06

Eine nur Führungskräften eines Unternehmens vorbehaltene Abendveranstaltung stellt mangels Offenheit des Teilnehmerkreises keine zur pauschalen Besteuerung des geldwerten Vorteils berechtigende Betriebsveranstaltung (§ 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG) dar.

 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Im Streitfall führte eine international tätige Beratungsgesellschaft (Arbeitgeber) verschiedene Fachtagungen der angestellten Führungskräfte durch. Den Besprechungen schlossen sich Abendveranstaltungen mit musikalischen und künstlerischen Darbietungen an. Die Gesellschaft ging von steuerbegünstigten Betriebsveranstaltungen (§ 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG) aus. Die den Führungskräften zugeflossenen geldwerten Vorteile sollten deshalb pauschal mit einem Steuersatz von 25% versteuert werden. Demgegenüber ermittelte das Finanzamt die Lohnsteuer mit einem individuell errechneten, wesentlich höheren Nettopauschsteuersatz. Dagegen klagte die Gesellschaft.

 

 

Lösung

Der BFH bestätigte die Auffassung des Finanzamts, wonach die Voraussetzungen für eine pauschale Besteuerung mit einem Steuersatz von 25% nicht vorliegen. Die Entscheidung basiert im Wesentlichen auf folgenden Feststellungen:

  1. Die Kostenübernahme für die durchgeführten Abendveranstaltungen durch den Arbeitgeber kann einen geldwerten Vorteil für die betroffenen Arbeitnehmer und damit steuerpflichtigen Arbeitslohn (nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) darstellen.
  2. Die durchgeführten Abendveranstaltungen erfüllen nicht die Voraussetzungen einer Betriebsveranstaltung (gemäß § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG).

 

 

Arbeitslohn

Betriebsveranstaltungen sind Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter. Sie zielen darauf ab, den Kontakt der Arbeitnehmer untereinander und damit das Betriebsklima zu fördern. Betriebsveranstaltungen liegen deshalb regelmäßig im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers und führen nicht zu Arbeitslohn. Dies gilt jedoch nicht, wenn den teilnehmenden Arbeitnehmern geldwerte Vorteile von solchem Eigengewicht zugewendet werden, dass von einem überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers nicht mehr ausgegangen werden kann. Aus Vereinfachungsgründen hat der BFH in diesem Zusammenhang eine Freigrenze festgelegt, die derzeit bei 110 € liegt (vgl. R 19.5 Abs. 4 Satz 2 LStR 2008). Entscheidend ist demnach die Höhe der konkreten Zuwendung (inklusive Umsatzsteuer!). Wird die Freigrenze überschritten, sind die Zuwendungen des Arbeitgebers in vollem Umfang als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu qualifizieren. Dies ist hinsichtlich der Abendveranstaltungen der Gesellschaft unstreitig der Fall.

 

 

Voraussetzungen einer Betriebsveranstaltung

Entgegen der Auffassung der Gesellschaft liegen jedoch die Voraussetzungen des § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG, wonach Arbeitslohn aus Anlass von Betriebsveranstaltungen mit einem festen Pauschsteuersatz von 25% besteuert werden kann, nicht vor.

Betriebsveranstaltungen richten sich an die Belegschaft in ihrer Gesamtheit. Eine Betriebsveranstaltung liegt daher nur dann vor, wenn die Teilnahme allen Betriebsangehörigen offensteht. Eine etwaige Begrenzung des Teilnehmerkreises darf sich keinesfalls als Bevorzugung bestimmter Arbeitnehmergruppen erweisen. Hinsichtlich des Teilnehmerkreises muss folglich sichergestellt sein: Weder die Stellung des Arbeitnehmers noch seine Gehalts- bzw. Lohngruppe, die Dauer der Betriebszugehörigkeit oder besondere Leistungen sind maßgebend.

 

Praxishinweis:

Sog. Incentive-Veranstaltungen sind nicht als Betriebsveranstaltung (im Sinne des § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG) anzusehen; denn sie richten sich nicht an sämtliche Betriebsangehörige, sondern an einen nach gewissen Leistungsmerkmalen bestimmten und damit privilegierten Kreis von Arbeitnehmern.

 

Die Vorschrift des § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG soll lediglich der Vereinfachung des Lohnsteuerverfahrens dienen, nicht jedoch einer Steuervergünstigung: Die Pauschalbesteuerung mit einem Durchschnittssteuersatz von 25% sei strukturell darauf angelegt, eine einfache und auch sachgerechte Besteuerung von solchen geldwerten Vorteilen zu ermöglichen, die bei der an der Betriebsveranstaltung teilnehmenden Gesamtbelegschaft mit Arbeitnehmern unterschiedlichster Lohngruppen anfallen. Bei lediglich Führungskräften vorbehaltenen Abendveranstaltungen verfehle der Durchschnittssteuersatz von 2 % jedoch insbesondere das Prinzip der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit.

 

 

Praxishinweise:

Erfolgen seitens des Arbeitgebers Zuwendungen an die Arbeitnehmer, stellen sich aus steuerrechtlicher Sicht stets zwei Fragen:

  • Sind die Aufwendungen des Arbeitgebers als Betriebsausgaben (in voller Höhe oder zum Teil) abzugsfähig?
  • Zählen vom Arbeitgeber erbrachte Vorteile zum steuerpflichtigen Arbeitslohn des Arbeitnehmers?

Zum Zweck der steuerlichen Beurteilung empfiehlt sich bei Betriebsveranstaltungen eine Unterscheidung zwischen

  • üblichen Betriebsveranstaltungen sowie
  • unüblichen Betriebsveranstaltungen.

Abgrenzungsmerkmale für die Üblichkeit einer Betriebsveranstaltung sind:

  • die Häufigkeit der Veranstaltung (bis zu zwei Veranstaltungen im Kalenderjahr) sowie
  • der Umfang der Zuwendungen an die Arbeitnehmer (Freigrenze: 110 €).

Handelt es sich bei der Betriebsveranstaltung um eine übliche Veranstaltung, sind die Aufwendungen des Arbeitgebers als Betriebsausgaben abzugsfähig. Die Zuwendungen an die Arbeitnehmer stellen keinen Arbeitslohn dar.

Wird hingegen eine unübliche Betriebsveranstaltung abgehalten (z.B. weil es bereits die dritte Veranstaltung im Kalenderjahr war oder aber der Wert der Zuwendungen die Freigrenze von 110 € überschreitet), liegt in Höhe des geldwerten Vorteils sowohl steuer- als auch beitragspflichtiger Arbeitslohn vor. Ungeachtet dessen kann der Arbeitgeber den aufgewendeten Betrag jedoch auch in diesem Fall in voller Höhe als Betriebsausgabe abziehen. Darüber hinaus liegt allerdings keine Bewirtung (im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG) und damit auch keine Kürzung der Betriebsausgaben um 30% vor, da es sich nicht um die Bewirtung von Geschäftspartnern handelt.

Der Vorteil einer Pauschalversteuerung liegt insbesondere darin:

  • einheitlicher Steuersatz von 25%,
  • Nichterfassung des Arbeitslohns im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung des Arbeitnehmers; hierdurch kann vermieden werden, dass durch die Versteuerung nach den allgemeinen Vorschriften etwaige außersteuerliche Vorteile (z.B. Arbeitnehmer-Sparzulage) wegen Überschreitens der Einkommensgrenzen verloren gehen,
  • Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 SvEV).

 

[Anm. d. Red.]
  
  

BRZ 4/2009

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