CHB_RSW_Logo_mit_Welle_trans
JuS_Logobasis_Linsenreflex
Menü

Steuerpflichtige Veräußerung eines Liebhabereibetriebs

Dr. Hans-Jürgen Hillmer

BFH-Urteil vom 11.5.2016, X R 15/15

 

Die Veräußerung oder Aufgabe eines Liebhabereibetriebs ist eine Betriebsveräußerung oder -aufgabe im Sinne von § 16 Abs. 1, 3 EStG. Der hieraus resultierende Veräußerungs- oder Aufgabegewinn ist steuerpflichtig, soweit er auf die einkommensteuerlich relevante Phase des Betriebs entfällt.

 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Mit dem Übergang vom Gewerbebetrieb zur Liebhaberei und der späteren Steuerpflicht des Veräußerungsgewinns hatte sich der BFH im Urteilsfall zu befassen. Es ging um ein seit 1983 von einem Ehepaar in der Rechtsform einer GbR betriebenes Hotel. Von Beginn an bis einschließlich 1999 waren nur Verluste von insgesamt über 13,5 Mio. DM erwirtschaftet worden. Im Jahr 2001 verständigte sich die GbR mit dem Finanzamt dahingehend, dass der Hotelbetrieb ab 1994 als Liebhabereibetrieb zu qualifizieren sei. Die beim Übergang zur Liebhaberei im Betrieb ruhenden stillen Reserven stellte das Finanzamt auf ca. 2,934 Mio. DM fest (im Wesentlichen. der Grundstückswert mit allein schon 2,919 Mio. DM).

Nachdem der Ehemann in 2008 verstarb, veräußerte die Ehefrau (Klägerin, K) das Hotel für ca. 1,8 Mio. € und erklärte einen Veräußerungsverlust von 911.311 €. Das Finanzamt korrigierte den Verlustbetrag durch Addition der festgestellten stillen Reserven für das Hotelgrundstück und kam so auf einen Veräußerungsgewinn von ca. 580.000 €. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab und wurde darin vom BFH bestätigt.

 

 

Lösung

Der BFH hielt zunächst fest: Der Übergang von einem Gewerbebetrieb zur einkommensteuerlich unbeachtlichen Liebhaberei ist keine Betriebsaufgabe und führt folglich nicht zu einem Aufgabegewinn. Erst die Veräußerung bzw. Aufgabe des Liebhabereibetriebs (hier: in 2008) lässt den Veräußerungsgewinn entstehen. Dieser ist insoweit steuerpflichtig, als er auf die einkommensteuerlich relevante Phase des Betriebs entfällt. Der Höhe nach entspricht der Veräußerungsgewinn im Grundsatz den nach § 8 der VO zu § 180 Abs. 2 AO auf den Zeitpunkt des Übergangs zur Liebhaberei bereits gesondert festgestellten stillen Reserven. Eine negative Wertentwicklung während der Liebhabereiphase berührt die Steuerpflicht des auf die einkommensteuerlich relevante Phase entfallenden Gewinnanteils nicht. Die Veräußerung eines Liebhabereibetriebs kann daher auch dann zu einem steuerpflichtigen Gewinn führen, wenn der erzielte Erlös die festgestellten stillen Reserven nicht erreicht.

 

 

Praxishinweise:

  • Wird – wie im vorliegenden Fall – der Veräußerungsgewinn für einen Betrieb ermittelt, der im Laufe seiner Existenz teilweise ein einkommensteuerlich relevanter Betrieb, teilweise hingegen ein einkommensteuerlich irrelevanter Liebhabereibetrieb war, ist der Gewinn nach dem Rechtsgedanken des § 4 Abs. 4 EStG in einen betrieblich veranlassten und einen privat veranlassten Teil aufzuteilen. Die Feststellung der stillen Reserven zum Stichtag des Übergangs zur Liebhaberei fixiert den auf die betriebliche Phase entfallenden und damit steuerbehafteten Gewinn.
  • Allein der Fortfall der Gewinnerzielungsabsicht in einem bestehenden Betrieb bewirkt keine Betriebsaufgabe, damit keine Überführung des Betriebsvermögens in das Privatvermögen und mangels anderweitigen Realisierungstatbestands auch sonst keine Auflösung und Versteuerung der in den Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens ruhenden stillen Reserven. Der Betrieb besteht fort, solange er nicht ausdrücklich aufgegeben oder veräußert wird. Die Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens bleiben sog. „eingefrorenes Betriebsvermögen“.
  • Spätestens mit diesem (nicht hier, sondern vom BFH geprägten) Rechtsbegriff des eingefrorenen Betriebsvermögens tun sich die Parallelen der einkommensteuerrechtlichen Liebhaberei zum zwischenmenschlichen Leben auf – nur verhält es sich meist umgekehrt. Denn im Einkommensteuerrecht friert das Betriebsvermögen ein, bevor die Liebhaberei sich ihre Wege sucht. Partnerschaftliche Liebeleien hingegen münden über Frösteln hervorrufende Erkenntnisse hinsichtlich anfänglich im Rausch übersehener „Macken“ nicht selten in eisige Auseinandersetzungen und zum Einfrieren des Vermögens. Steuerkundige BC-Leser sind hier im Vorteil, weil sie in dem Wissen um die Wirkungen der steuerlichen Liebhaberei Amorpfeile gezielter so versenden (bzw. empfangen) können, dass der Vermögenszugriff nicht mehr so geliebter Partner ins Leere läuft.

 

Dipl.-Kfm. Dr. Hans-Jürgen Hillmer, Coesfeld

 

 

BC 1/2017

becklink384837

Anzeigen

BC Newsletter

beck-online Bilanzrecht PLUS

wiwicareer-vahlen

Teilen

Menü