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Herrenabende gehören nicht in die Gewinnermittlung, offene Informationsveranstaltungen aber schon!

Dr. Hans-Jürgen Hillmer

FG Düsseldorf, Urteil vom 19.11.2013, 10 K 2346/11 F

 

Soweit der steuerliche Ansatz von Aufwendungen für die Veranstaltung von sog. Herrenabenden beabsichtigt ist, sollte streng darauf geachtet werden, dass kein Zusammenhang mit der privaten Lebensführung der begünstigten Geschäftsfreunde vermutet werden kann. Denn dann sind die Aufwendungen insgesamt nicht abzugsfähig – und das wird im Regelfall so sein.

 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Streitig war in dem vom FG Düsseldorf entschiedenen Fall, ob Aufwendungen für die Veranstaltung von sog. Herrenabenden im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen als Betriebsausgaben bei den Einkünften aus selbstständiger Arbeit zu berücksichtigen sind. Diese Herrenabende hatte ein Partner einer Rechtsanwaltskanzlei in seinem Garten veranstaltet. An den Events nahmen Mandanten, Geschäftsfreunde und Persönlichkeiten aus Verwaltung, Politik, öffentlichem Leben und Vereinen teil. Der Argumentation der Kanzlei, die Veranstaltung sei beruflich veranlasst, weil sie dazu gedient habe, geschäftliche Kontakte zu pflegen, vorzubereiten und zu begünstigen, folgte das Finanzamt nach einer steuerlichen Betriebsprüfung nicht.

 

 

Lösung

Das Finanzgericht (FG) bestätigte die vom Finanzamt vertretene Rechtsauffassung. Zwar scheidet der Betriebsausgabenabzug nicht bereits deshalb aus, weil es sich bei den streitigen Aufwendungen um solche der Lebensführung handelt (§ 12 Nr. 1 Satz 2 EStG). Auch räumt das FG eine betriebliche Veranlassung der Aufwendungen ein: „Dem Vortrag der Klägerin folgend, dienten die Herrenabende auch dazu, Mandanten zu gewinnen und zu binden und für die Rechtsanwaltskanzlei der Klägerin zu werben. Damit ist die betriebliche Veranlassung der Aufwendungen zu bejahen.“ Insgesamt sei jedoch diese betriebliche Veranlassung (so das FG nach einer Beurteilung des Geschehens) durch Zwecke der Unterhaltung und Repräsentation überlagert worden.

Hier kommt § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG ins Spiel: Danach dürfen „Aufwendungen für Jagd oder Fischerei, für Segeljachten oder Motorjachten sowie für ähnliche Zwecke und für die hiermit zusammenhängenden Bewirtungen“ den Gewinn nicht mindern, soweit die damit verfolgten Zwecke nicht selbst Gegenstand einer mit Gewinnabsicht ausgeübten Betätigung des Steuerpflichtigen sind (§ 4 Abs. 5 Satz 2 EStG). Unerheblich ist dann, ob der Unternehmer mit den Aufwendungen weitere Zwecke verfolgt.

Das Abzugsverbot wurde – so führt das FG weiter aus –geschaffen, weil der Gesetzgeber die genannten Ausgaben ihrer Art nach als überflüssige und unangemessene Repräsentation ansah und im Interesse der Steuergerechtigkeit und des sozialen Friedens den Aufwand nicht länger durch den Abzug vom steuerpflichtigen Gewinn auf die Allgemeinheit abgewälzt wissen wollte. Ungeachtet ihrer betrieblichen Veranlassung dürfen die Ausgaben danach bei der Ermittlung des Gewinns nicht abgezogen werden. Eines konkret feststellbaren Zusammenhangs mit der Lebensführung des Steuerpflichtigen bedürfe es dafür nicht. Vielmehr stelle das Gesetz auf den Zusammenhang der Aufwendungen mit der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Stellung der Geschäftsfreunde des Steuerpflichtigen ab und unterstelle diesen typisiert bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG.

Die Ausnahme, dass die mit den Herrenabenden verfolgten Zwecke selbst Gegenstand einer mit Gewinnabsicht ausgeübten Betätigung des Steuerpflichtigen sind (§ 4 Abs. 5 Satz 2 EStG), liegt nach Ansicht des FG nicht vor. Die Klägerin betreibe eine Partnerschaft, die aus Rechtsanwälten als Organe der Rechtspflege besteht (§ 1 BRAO – Bundesrechtsanwaltsordnung), und sie werde daher nicht selbst als originäre Eventagentur oder Organisatorin von Veranstaltungen tätig.

 

 

Praxishinweise:

  • Letzteres öffnet zwar manche Abzugsmöglichkeiten (etwa für ein Catering-Unternehmen, das bei einer solchen Gelegenheit aktuelle und potenzielle Kunden über sein Leistungsprogramm informieren möchte), aber nicht für Bilanzbuchhalter und Controller, da deren Tätigkeitsspektrum ebenso wie bei Rechtsanwälten oder Steuerberatern keine solche Ausnahme annehmen lässt.
  • Aus der Entscheidung lässt sich aber eine Reihe von Gestaltungshinweisen ableiten, wie selbstständige Bilanzbuchhalter solche Events organisieren müssten, damit die Abzugsfähigkeit der damit verbundenen Aufwendungen vielleicht doch dem strengen Betriebsprüferblick standhalten könnte (ebenso angesprochen sind nachfolgend angestellte Bilanzbuchhalter/Controller, die von der Geschäftsführung einen entsprechenden Organisationsauftrag erhalten).
  • Es ging im entschiedenen Fall um Beträge von etwas mehr als 20.000 € je (jährlich durchgeführtem) Event: Sparsamkeits­überlegungen im Sinne von Angemessenheitserwägungen mit Reduzierung auf 10.000 € oder noch weit weniger Euro hätten allerdings nicht weitergeholfen. Zweck der gesetzlichen Regelung ist es vielmehr gerade, die zum Ausschluss vom Abzug führende Unangemessenheit von Aufwendungen typisierend zu bestimmen. Im Kern muss stattdessen der Eindruck eines bunten Treibens vermieden und vielmehr der einer ganz überwiegend fachorientierten Informationsveranstaltung vermittelt werden.
  • Zumindest weibliche Betriebsprüferinnen hätten vielleicht mehr Wohlwollen entwickelt, wenn nicht mit dem Terminus „Herrenabend“ Eingrenzungen nicht nur der Bezeichnung nach vorgenommen worden wären, sondern auch noch in der Darstellung der Klägerin bekräftigt worden wären: „Wenn ausschließlich Männer eingeladen worden seien, liege dies daran, dass in den Führungsebenen nach wie vor nahezu ausschließlich Männer tätig seien und dies ein Alleinstellungsmerkmal dieser Veranstaltungen gewesen sei. Die Vorbereitungshandlungen für diese Veranstaltungsform seien regelmäßig von den in der Kanzlei tätigen Rechtsanwältinnen und Mitarbeiterinnen unterstützt worden.“ Frauen nur in der Vorbereitung und zu sonstigen Diensten (…) zugelassen? Wer so argumentiert, muss sich nicht wundern, wenn Bedenkenfalten nicht nur weibliche Stirnhäute besetzen.
  • Zu vermeiden sind also Einladungen an eine geschlossene und ausgewählte Herrengesellschaft. Handelt es sich dagegen um eine offene (Werbe-)Veranstaltung, zu der ein freier Zugang für Interessierte besteht, vermehren sich die Chancen auf steuerliche Anerkennung, insbesondere wenn die Events den Charakter von Informationsveranstaltungen zu einem juristischen oder betriebswirtschaftlichen Thema haben.
  • Zu vermeiden sind aber auch dann mehrstündige individuelle Begrüßungsrituale (im Streitfall von 18.00 bis 20.00 Uhr). Dann hilft auch nicht mehr eine Gesamt-Begrüßung aller Gäste von der Bühne, selbst dann nicht, wenn die Rede von einem im Hauptberuf als Richter tätigen Dritten (wie im Streitfall) gehalten wird.
  • Wenn die Veranstaltungen nicht in den Räumlichkeiten der Partnerschaft oder des Unternehmens, sondern wie im Streitfall auf dem Privatgrundstück des Partners A stattfanden und dort ein Zelt und eine Bühne aufgebaut wurden, wird auch das den privaten Rahmen der Veranstaltungen einschließlich der Gelegenheit zu privaten Gesprächen („Smalltalk“) unterstreichen, ebenso wie nach Meinung des FG übrigens ein Spendenaufruf. Stattdessen wird also beispielsweise ein Hotel mit entsprechenden Räumlichkeiten für Informationsveranstaltungen zu empfehlen sein.
  • Dann schadet es auch nicht, wenn Journalisten eingeladen werden, im Gegenteil können diese die Sachinformationen in Fachzeitschriften einem größerem Publikum vorstellen. Der gegenläufige Effekt stellte sich aber zumindest im Streitfall aus steuerlicher Sicht ein, da über den Event „anschaulich“ unter der Rubrik „Persönlich“ berichtet wurde und diese objektive Darstellung zu allem Überfluss auch noch den Ausführungen der Klägerin widersprach. Daher werteten Finanzamt und FG den Zeitungsartikel (in der …) als ein Beweisanzeichen für eine Verknüpfung der Herrenabende mit der privaten bzw. gesellschaftlichen Sphäre von Einlader und Eingeladenen. Wie man es demgegenüber richtig macht, können Sie anhand der gelegentlich auch in der BC enthaltenen Tagungsberichte (beispielsweise über den BVBC-Bundeskongress) nachvollziehen.
  • Zum Schluss: Nicht entscheidend war nach ausdrücklichem Hinweis des FG, inwieweit die Veranstaltung der Herrenabende mit dem Gebot der Zurückhaltung in der Werbung für Rechtsanwälte nach § 43b BRAO zu vereinbaren ist. Das konnten die FG-Richter getrost offenlassen; diese haben dem Leser leider vorenthalten, in welcher Zeitung denn so „anschaulich“ über die Herrenabende berichtet wurde – so muss hier leider offenbleiben, ob es sich um die St. Pauli-Nachrichten gehandelt haben könnte.

 

Dipl.-Kfm. Dr. Hans-Jürgen Hillmer, Coesfeld

 

BC 9/2014

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