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Bilanzbuchhalter als freie Mitarbeiter von Steuerberatern: unzulässige Kooperation und Gebührenteilung

BC-Redaktion

LG Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 9.8.2011, StL 22/2010 (rkr.)

 

  1. Die Nennung eines Bilanzbuchhalters auf dem Briefkopf und der Website eines Steuerberaters als „Kooperationspartner“ stellt eine berufswidrige Werbung dar.
  2. Eine Honoraraufteilung von 70% für den Bilanzbuchhalter und 30% für den Steuerberater verstößt gegen die Pflicht zur wirtschaftlichen Unabhängigkeit, wenn der Bilanzbuchhalter die Höhe des Honorars anregt und die Zahlungsabwicklung über das Konto des Bilanzbuchhalters erfolgt.
  3. Die fachliche Aufsicht eines Steuerberaters über einen freien Mitarbeiter lässt sich auch über eine größere räumliche Distanz gewährleisten.

[Leitsätze 1. und 2. von der DStR-Redaktion, DStR 17/2012, S. 876]

 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Ein Steuerberater und Rechtsanwalt (StB) hatte auf dem Briefkopf seiner Kanzlei einen geprüften Bilanzbuchhalter (IHK) wie folgt aufgeführt:

 

Kooperationspartner

Betriebswirtschaftliche Beratung

unter freier Mitarbeit von

geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK)

(… Telefon-/Faxnummer, E-Mail-/Web-Adresse, Bankkonto-Nr., Bankleitzahl, Bank, Kontoinhaber …)

 

 

Der Bilanzbuchhalter arbeitete dabei als freier Mitarbeiter im Bereich der sog. Vorbehaltsaufgaben (insbesondere Erstellen von Jahresabschlüssen und Steuererklärungen) dem StB zu. Er konnte Zeit, Dauer und Ort seiner Arbeit selbst bestimmen und wurde auf Grundlage von Einzelaufträgen weisungsgebunden sowie unter fachlicher Aufsicht des StB tätig.

In der Gebührenrechnung auf dem Briefbogen wurde das Bankkonto des selbstständigen Bilanzbuchhalters angegeben. In diesem Zusammenhang erhielt der Bilanzbuchhalter – entsprechend dem Zeit- und Arbeitsaufwand – 70% des Nettohonorars, das der StB gegenüber dem Mandanten abrechnete. Hierbei hatte der Mandant das Gesamthonorar auf das Bankkonto des Bilanzbuchalters zu überweisen, welcher wiederum nach Eingang des Betrags 30% auf das Bankkonto des Steuerberaters überwies.

Darüber hinaus wurde auf der Homepage des StB auf den selbstständigen Bilanzbuchhalter als Kooperationspartner hingewiesen.

Nach Auffassung der Steuerberaterkammer Nürnberg stelle dies einen schweren Eingriff in die Unabhängigkeit des StB dar. Damit liege ein Verstoß gegen die eigenverantwortliche Berufsausübung des StB vor (fachliche Aufsicht des StB gegenüber dem freien Mitarbeiter nach § 7 BOStB a.F. bzw. § 17 BOStB n.F.). Der betreffende Briefbogen verstoße gegen das Verbot berufswidriger Werbung (gemäß § 57 Abs. 1 StBerG i.V.m. § 19 Abs. 7 BOStB a.F. bzw. § 9 Abs. 5 und Abs. 6 BOStB n.F.).

Aufgrund der Gewichtung des Honorars werde der Eindruck erweckt, der StB sei für den Bilanzbuchhalter tätig.

Da der selbstständige Bilanzbuchhalter in einem vom StB 300 km entfernten Büro tätig wurde, sei es (so die Steuerberaterkammer) nicht möglich, die erforderliche Kontrolle und Überwachung des freien Mitarbeiters vorzunehmen (z.B. Überwachung der Eingangs- und Ausgangspost und der ordnungsgemäßen Verbuchung der Belege).

 

 

Lösung

Nach Auffassung des LG Nürnberg stellt das Verhalten des StB eine Berufspflichtverletzung dar, welche von der Steuerberaterkammer Nürnberg zu Recht gerügt wurde. Im Einzelnen:

  • Briefbogengestaltung und Homepage-Hinweis: Verstoß gegen das Verbot berufswidriger Werbung (gemäß § 57 Abs. 1 StBerG i.V.m. § 9 Abs. 5 und Abs. 6 BOStB n.F.).
  • Handhabung und Abwicklung des Mandats: Verstoß gegen die allgemeine Berufspflicht des StB, seinen Beruf wirtschaftlich unabhängig auszuüben (§ 57 Abs. 1 StBerG).

Da (gemäß § 56 Abs. 5 StBerG) eine berufliche Zusammenarbeit (Kooperation) mit Gewerbetreibenden, zu denen auch Bilanzbuchhalter zählen, nicht zulässig ist, durfte dieser auch nicht auf dem Briefkopf des StB aufgenommen werden. Das LG Nürnberg macht hier (unter Hinweis auf einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 15.2.1967) interessanterweise deutlich, im Gegensatz zu den Rechtsanwälten könne es bei Steuerberatern bei gleichzeitiger Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit neben ihren Steuerberateraufgaben zu Interessenkollisionen kommen.

Irreführend sei weiterhin der Kooperationshinweis auf der Website des StB. Dies stelle einen Verstoß gegen seine berufsrechtliche Pflicht der wirtschaftlichen Unabhängigkeit dar.

Überdies entsteht durch die Honoraraufteilung (70/30) sowie die Abwicklung der Honorarnote über das Bankkonto des selbstständigen Bilanzbuchhalters eine Abhängigkeit von dem Bilanzbuchhalter. Diese Konstellation lasse erhebliche Zweifel an der notwendigen inneren und wirtschaftlichen Unabhängigkeit des StB aufkommen.

Das Landgericht bestätigte hingegen die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Tätigkeit der freien Mitarbeit bei einem Steuerberater aus größerer Entfernung (siehe BGH-Urteil vom 14.10.2010, I ZR 95/09, hier, sowie Schiffer/Fries, in: BC 7/2011, S. 318 ff.): Danach verletze die räumliche Entfernung der Niederlassung des StB und des Arbeitsortes des Bilanzbuchhalters von 300 km nicht die eigenverantwortliche Berufsausübung des StB. Denn die heute zur Verfügung stehenden modernen Kommunikationsmittel (wie E-Mail, Internet, Handy) stellten eine jederzeitige Erreichbarkeit sicher.

 

 

Praxishinweis:

  • „Ein gemeinsamer Internet-Auftritt ist nach der aktuellen Rechtsprechung dann nicht zulässig, wenn der selbstständige Bilanzbuchhalter mit einem Steuerberater unter einer gemeinsamen Marke, einem gemeinsamen Oberbegriff oder Ähnlichem auftritt.
  • Für beide Seiten gilt der Grundsatz der unabhängigen Berufsausübung.
  • Sinnvollerweise wird bei der (…) grundsätzlich zulässigen Zusammenarbeit durch einen gemeinsamen Internetauftritt der mitwirkende selbstständige Bilanzbuchhalter seine Eigenständigkeit deutlich klarstellen. Der Besucher der Internetseite sollte auf den ersten Blick erkennen können, dass hier zwei voneinander unabhängige Unternehmen eben 'nur' gemeinsam werben. Selbstverständlich hat der selbstständige Bilanzbuchhalter dabei die rechtlichen Regularien für seinen Auftritt zu beachten.“ (Schiffer/Fries, in: BC 7/2011, S. 322)

 

[Anm. d. Red.] 

 

 

BC 6/2012

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