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Investitionsabzugsbeträge nach § 7g Abs. 1 bis 4 und § 7 EStG: Zweifelsfragen

Christian Thurow

BMF-Schreiben vom 20.3.2017, IV C 6 – S 2139-b/07/10002-02

 

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat am 21.3.2017 ein umfangreiches Schreiben zur Inanspruchnahme von Investitionsabzugsbeträgen im Sinne des § 7g EStG (in der Fassung des Steueränderungsgesetzes 2015 vom 2.11.2015, BGBl. I 2015, 1834) bekannt gemacht.

 

 

Praxis-Info!

 

Welche Betriebe kommen infrage?

Die folgenden Betriebe können regelmäßig Investitionsabzugsbeträge für neue oder gebrauchte abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens in Anspruch nehmen (begünstigte Betriebe):

  • Einzelunternehmen, Personengesellschaften und Körperschaften, welche aktiv am wirtschaftlichen Verkehr teilnehmen und eine in diesem Sinne werbende Tätigkeit ausüben (aktive Betriebe).
  • Einzelunternehmen, Personengesellschaften und Körperschaften, welche sich in der Betriebseröffnungsphase befinden. In Zweifelsfällen muss der Steuerpflichtige die Betriebseröffnungsabsicht glaubhaft darlegen können, z.B. durch Nachweis von Gewerbeanmeldung oder Kreditanträgen.
  • Personengesellschaften und Gemeinschaften, soweit es sich um eine Mitunternehmerschaft handelt.

Folgende Betriebe sind von der Inanspruchnahme der Investitionsabzugsbeträge ausgeschlossen:

  • Betriebe, deren Betriebsvermögen im Sinne des § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG, Wirtschafts-/Ersatzwirtschaftswert bzw. Gewinn (bei Ermittlung des Gewinns mittels Einnahmen-Überschussrechnung) zum Schluss des jeweiligen Abschlussjahres die in § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG genannten Schwellenwerte übersteigt (z.B. Betriebsvermögen > 235.000 €);

 

Das Betriebsvermögen bei bilanzierenden Unternehmen ist wie folgt mit seinen steuerlichen Werten zu ermitteln:

Anlagevermögen

+ Umlaufvermögen

+ aktive Rechnungsabgrenzungsposten

- Rückstellungen

- Verbindlichkeiten

- steuerbilanzielle Rücklagen (z.B. § 6b EStG, Ersatzbeschaffung)

- passive Rechnungsabgrenzungsposten

= Betriebsvermögen im Sinne des § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a EStG

 

Gegenüber dem BMF-Schreiben vom 20.11.2013, BStBl. I 2013, 1493, wurde der Abzug von „noch passivierte[n] Ansparabschreibungen gemäß § 7 Abs. 3 ff. EStG a. F.“ herausgenommen.

Bei den Steuerrückstellungen können die Minderungen aufgrund in Anspruch genommener Investitionsabzugsbeträge unberücksichtigt bleiben. Anders hingegen bei der Rückgängigmachung von Investitionsabzugsbeträgen zu einem späteren Zeitpunkt (siehe Rn. 57 des BMF-Schreibens vom 20.3.2017).

 

  • land- und forstwirtschaftliche Betriebe, die ihren Gewinn nach Durchschnittssätzen berechnen;
  • Betriebe, die ohne Aufgabe durch Verpachtung im Ganzen fortgeführt werden.

 

 

Praxishinweis:

  • Bei einer Betriebsaufspaltung können sowohl Besitz- als auch Betriebsunternehmen Investitionsabzugsbeträge getrennt in Anspruch nehmen. Bei einer Organschaft kann die Inanspruchnahme ebenfalls jeweils durch Organträger und Organgesellschaft erfolgen.
  • Bei einer nachträglichen Überschreitung der maßgebenden Betriebsgrößenobergrenzen des Abzugsjahres (z.B. zusätzliche Aktivierung eines Wirtschaftsguts, Gewinnerhöhung nach § 4 Abs. 3 EStG) ist der entsprechende Steuerbescheid zu ändern.

 

 

 

Welche Wirtschaftsgüter sind begünstigt?

Investitionsabzugsbeträge können für neue oder gebrauchte abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens geltend gemacht werden, die in einem dem Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden Wirtschaftsjahr angeschafft oder hergestellt werden.

Die begünstigten Wirtschaftsgüter müssen mindestens bis zum Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahres in einer inländischen Betriebsstätte betrieblich genutzt werden (Verbleibens- bzw. Nutzungsfrist).

Eine Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags ist sowohl für Geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG, § 6 Abs. 2 EStG) als auch für Wirtschaftsgüter, die in einen mehrjährigen Sammelposten (§ 6a Abs. 2a EStG) eingestellt werden, möglich. Auch für Trivialprogramme, die nach R 5.5 Abs. 1 EStR zu den abnutzbaren beweglichen und selbständig nutzbaren Wirtschaftsgütern gehören, dürfen Investitionsabzugsbeträge geltend gemacht werden, nicht jedoch für immaterielle Wirtschaftsgüter (z.B. Software).

 

 

Praxishinweis:

Beachtet werden sollte, ob sich der mit der Bildung von Investitionsabzugsbeträgen verbundene administrative Aufwand lohnt. Daher ist die vom BMF nun zugestandene Berücksichtigung von Trivialsoftware in der Praxis vermutlich oft wenig hilfreich (so Hillmer bereits in BC 2014, 7, Heft 1).

 

 

 

Was ist bei der Inanspruchnahme von Investitionsabzugsbeträgen zu beachten?

Investitionsabzugsbeträge sind nur bis zu einer Höhe von 40% der tatsächlichen Aufwendungen für begünstigte Wirtschaftsgüter, die innerhalb der dreijährigen Investitionsfrist angeschafft bzw. hergestellt werden, berücksichtigungsfähig, wobei die Inanspruchnahme im Wirtschaftsjahr auf 200.000 € begrenzt ist (abzüglich der in den drei vorangegangenen Wirtschaftsjahren berücksichtigten, noch vorhandenen Abzugsbeträge!).

Die Geltendmachung von Investitionsabzugsbeträgen erfolgt im Rahmen der Steuererklärung:

  • Liegen die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Investitionsabzugsbeträgen nach § 7g Abs. 1 EStG vor, kann der Gewinn (im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG) entsprechend gemindert werden.
  • In dem Wirtschaftsjahr, in dem das Wirtschaftsgut angeschafft oder hergestellt wurde, kann (Wahlrecht – im Unterschied zur Pflicht im BMF-Schreiben vom 20.11.2013, BStBl. I 2013, 1493) der Gewinn (nach § 7g Abs. 2 EStG) um 40% der jeweiligen Anschaffungs- oder Herstellungskosten erhöht werden, während zeitgleich die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten um bis zu 40% gewinnmindernd herabgesetzt werden können. Teilhinzurechnungen sind unzulässig.

 

 

Buchungssatz zur Kürzung der AHK:

außerordentlicher Aufwand

an

Wirtschaftsgut

 

 

Bei einer Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich erfolgen der Abzug sowie die Hinzu- und Herabsetzung außerhalb der Bilanz. Im Ergebnis wird damit Abschreibungsvolumen in einem Jahr vor der tatsächlichen Investition gewinnmindernd berücksichtigt.

 

 

Praxishinweis:

Der Nachweis oder die Glaubhaftmachung von Investitionsabsichten ist nicht erforderlich. Damit berücksichtigt das BMF die jüngsten Erleichterungen und Verfahrensvereinfachungen in § 7g EStG, die durch das Steueränderungsgesetz 2015 (vom 2.11.2015, BGBl. I 2015, 1834) eingeführt worden sind. Nach der Neuregelung kann der Steuerpflichtige – nunmehr ohne weitere Angaben – Abzugsbeträge für künftige Investitionen in bewegliches Anlagevermögen bis zu einem Höchstbetrag von unverändert 200.000 € gewinnmindernd abziehen. Die Abzugsbeträge (sowie ihre Hinzurechnung, Rückgängigmachung und Rückabwicklung) müssen allerdings nach amtlich vorgeschriebenen Datensätzen durch Datenfernübertragung übermittelt werden:

  • bei Betriebsvermögensvergleich: E-Bilanz;
  • bei Einnahmen-Überschussrechnung: Anlage EÜR.

Bei Körperschaftsteuerpflichtigen sind die Abzugsbeträge, Hinzurechnungen und Rückgängigmachungen nach § 7g EStG nicht in dem E-Bilanz-Datensatz, sondern in der Körperschaftsteuererklärung (Anlage GK) anzugeben (vgl. im Einzelnen das BMF-Schreiben vom 20.3.2017, Rn. 24 bis 26).

Darüber hinaus ist es nicht mehr erforderlich, die Funktion des Wirtschaftsguts anzugeben. Da die Funktionsbeschreibung, für welchen Zweck das Wirtschaftsgut angeschafft werden soll, nicht mehr erforderlich ist, eröffnen sich Ermessensspielräume für Unternehmen. Ist z.B. geplant, einen Bürostuhl anzuschaffen, dürfte der Investitionsabzugsbetrag nicht versagt werden, wenn anstatt des Stuhls ein Wandregal angeschafft wird. Dies bestätigt indirekt das BMF-Schreiben vom 20.3.2017 auch in Rn. 51 und 52. Danach ist eine Übertragung der Abzugsbeträge, deren Hinzurechnung wieder rückgängig gemacht wurde, auf andere begünstigte Investitionen im jeweiligen Veranlagungsjahr möglich. Auch können nicht verwendete Investitionsabzugsbeträge für eventuelle künftige Investitionen verwendet werden, wenn der Zeitpunkt der Rückgängigmachung innerhalb der dreijährigen Investitionsfrist liegt und der Höchstbetrag von 200.000 € nicht überschritten wird.

Diese Neuregelungen gelten für Investitionsabzugsbeträge, die in nach dem 31.12.2015 endenden Wirtschaftsjahren in Anspruch genommen werden (§ 52 Abs. 16 Satz 1 EStG).

 

 

Werden innerhalb des dreijährigen Investitionszeitraums keine begünstigten Investitionen getätigt, so sind vorhandene Investitionsabzugsbeträge bei der Veranlagung rückgängig zu machen. Auch wenn bei an sich begünstigten Investitionen die oben genannte Verbleibens- bzw. Nutzungsfrist nicht eingehalten wird, ist die Anwendung von § 7g EStG rückgängig zu machen. Dasselbe gilt, wenn das begünstigte Wirtschaftsgut innerhalb der Verbleibens- bzw. Nutzungsfrist
  • zu weniger als 90% betrieblich genutzt wird,
  • veräußert oder entnommen wird,
  • einem anderen für mehr als drei Monate zur Nutzung überlassen wird,
  • in einem anderen Betrieb oder einer ausländischen Betriebsstätte eingesetzt wird.

Nicht schädlich ist hingegen das Ausscheiden eines begünstigten Wirtschaftsguts innerhalb der Verbleibens- bzw. Nutzungsfrist aufgrund eines nicht vom Willen des Steuerpflichtigen abhängigen Ereignisses, wie z.B. bei höherer Gewalt (Feuer, Diebstahl, Sturmschäden etc.) oder bei Umtausch wegen Mangelhaftigkeit gegen ein anderes vergleichbares Wirtschaftsgut.

 

 

Praxishinweis:

Bei zulagenbegünstigten Pkws sind Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte und Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung der betrieblichen Nutzung zuzurechnen.

Der Umfang der betrieblichen Nutzung ist im maßgebenden Nutzungszeitraum durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch darzulegen. Bei der Anwendung der 1%-Bruttolistenpreisregelung (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG) ist grundsätzlich von einem schädlichen Nutzungsumfang auszugehen.

 

 

Gegenüber dem BMF-Schreiben vom 20.11.2013, BStBl. I 2013, 1493, werden die Bedingungen der Nutzung eines zulagenbegünstigten Wirtschaftsguts in einem anderen Betrieb des Steuerpflichtigen (Rn. 46 bis 49) ausführlich erläutert.

 

Die Regelungen des BMF-Schreibens sind für Investitionsabzugsbeträge anzuwenden, die in nach dem 31.12.2015 endenden Wirtschaftsjahren in Anspruch genommen werden. Für davor in Anspruch genommene Investitionsabzugsbeträge gilt weiterhin das BMF-Schreiben vom 20.11.2013 (BStBl. I 2013, 1493).

 

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Vice President Audit, Operations & Reporting, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)

 

 

BC 3/2017

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