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Umsatzsteuerliche Organschaft in der Insolvenz

Christian Thurow

BFH-Urteil vom 15.12.2016, V R 14/16

 

Rutscht eine Organschaft in eine wirtschaftliche Schieflage, so sind aufgrund der engen Verflechtung in der Regel alle Gesellschaften zur gleichen Zeit insolvenzreif. Fraglich ist, ob die Organschaft in der Insolvenz bestehen bleibt. Bedeutsam ist dies insbesondere zur Klärung, bei welcher Gesellschaft etwaige Umsatzsteuerverbindlichkeiten als Masseverbindlichkeiten zu erfassen sind.

 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Eine GmbH war alleinige Gesellschafterin von sechs Tochtergesellschaften, mit denen unstreitig eine umsatzsteuerliche Organschaft bestand. Aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten stellte die GmbH einen Insolvenzantrag für sich und ihre Tochtergesellschaften und beantragte Eigenverwaltung, welche auch gewährt wurde.

Aus Sicht des Finanzamts blieb die umsatzsteuerliche Organschaft damit weiterhin bestehen, so dass bei der Organobergesellschaft die Umsatzsteuerverbindlichkeiten als Masseverbindlichkeiten erfasst wurden. Zugleich wurde der sich aus der Organschaft ergebene Ausgleichsanspruch des Organträgers (Muttergesellschaft) gegenüber den Tochtergesellschaften als Masseforderung erfasst.

Hiergegen erhob die GmbH erfolglos Einspruch und Klage, da aus ihrer Sicht die Organschaft mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens geendet habe.

 

 

 

Abb.: Umsatzsteuerliche Organschaft vor (!) Eröffnung des Insolvenzverfahrens

 

 

Lösung

Der BFH folgt der Auffassung der Klägerin. Anders als im Steuerrecht können im Insolvenzrecht nicht mehrere (juristische) Personen zusammengefasst werden. Eine sog. Konzerninsolvenz ist bisher im Insolvenzrecht nicht vorgesehen. Die einzelnen Unternehmen des Organkreises bleiben insolvenzrechtlich selbstständig. Somit scheidet die Bildung einer einheitlichen Haftungsmasse aus, da ansonsten die unterschiedlichen Gläubigerrechte, wie sie im Verhältnis zu den einzelnen Insolvenzschuldnern bestehen, missachtet würden.

Die Insolvenz eines Organträgers (Muttergesellschaft) erstreckt sich daher nur auf dessen Vermögen, nicht aber auf das Vermögen der übrigen Organgesellschaften (Tochtergesellschaften). Deshalb gehört zur Insolvenzmasse des Organträgers auch nur sein Anteil an der Organschaft. Die insolvenzrechtliche Trennung führt dazu, dass der Umsatzsteueranspruch aus der Umsatztätigkeit der bisherigen Organschaft nunmehr auf die einzelnen Organgesellschaften entfällt.

Darüber hinaus endet die finanzielle Eingliederung – und damit die Organschaft – mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über die Organgesellschaften. Der Organträger (Muttergesellschaft) kann bei der Insolvenz einer Organgesellschaft (Tochtergesellschaft) nicht mehr frei über das Vermögen der Gesellschaft entscheiden. Hieran ändert auch die Eigenverwaltung nichts.

 

 

Praxishinweis:

Mit Beendigung der Organschaft fällt auch die Umsatzsteuerbefreiung für Innenumsätze weg. Somit sind Leistungen zwischen den Gesellschaften der umsatzsteuerlichen Organschaft nach Eintritt der Insolvenz steuerbar.

 

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Vice President Audit, Operations & Reporting, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)

 

 

BC 4/2017

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