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Rückwirkung der Rechnungsberichtigung auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Ausstellung: Voraussetzungen

BC-Redaktion

BFH-Urteil vom 20.10.2016, V R 54/14 (NV)

 

Berichtigt der Unternehmer eine Rechnung (Rechnung nach § 31 Abs. 5 UStDV) für eine von ihm erbrachte Leistung, wirkt dies auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Rechnungsausstellung zurück.

 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Ein polnisches Unternehmen (mit dem Rechtsformzusatz „Sp.zo.o“) unterhält in Deutschland eine Betriebsstätte. Aus den Streitjahren 2003 bis 2006 waren Rechnungen an „F“ oder „F GmbH“ und jeweils die Postanschrift der deutschen Betriebsstätte adressiert. Unter dieser Anschrift war auch eine Schwestergesellschaft des polnischen Unternehmens, die „F-B und K GmbH“, ansässig. Damit wurde auf einen Rechtsformzusatz verzichtet oder ein falscher Rechtsformzusatz „GmbH“ statt „Sp.zo.o“ verwendet.

Das Finanzamt änderte 2010 aufgrund einer dort durchgeführten steuerlichen Außenprüfung die Bescheide zur Umsatzsteuer für die Streitjahre 2003 bis 2006. Gekürzt wurde dabei die Vorsteuer aus diversen Eingangsrechnungen. Grund: Diese Rechnungen ließen nicht hinreichend klar das polnische Unternehmen als Leistungsempfänger erkennen; vielmehr bestand Verwechslungsgefahr mit einer Schwestergesellschaft.

Für die beanstandeten Rechnungen der Streitjahre übersandte das polnische Unternehmen berichtigte Rechnungen aus den Jahren 2008 und 2009 an das Finanzamt.

 

 

Lösung

Das polnische Unternehmen kann das Recht auf Vorsteuerabzug im Streitfall zumindest wegen der Rechnungsberichtigung bereits für die Jahre 2003 bis 2006 ausüben. Wird eine Rechnung nach § 31 Abs. 5 UStDV berichtigt, wirkt die Berichtigung auf den Zeitpunkt zurück, in dem die Rechnung ursprünglich ausgestellt wurde.

Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt (für das Streitjahr 2003 der § 14 UStG a.F.).

Eine Rechnung kann nach § 31 Abs. 5 Satz 1 UStDV berichtigt werden, wenn sie nicht alle Angaben nach § 14 Abs. 4 oder § 14a UStG enthält oder Angaben in der Rechnung unzutreffend sind. Das Recht auf Vorsteuerabzug darf (gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG) aufgrund der berichtigten Rechnung entsprechend den Vorgaben des Unionsrechts (vgl. EuGH-Urteil Senatex GmbH, EU:C:2016:691, DStR 2016, 2211) für den Besteuerungszeitraum ausgeübt werden, in dem die Rechnung ursprünglich ausgestellt wurde.

 

 

Praxishinweise:

  • Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der BFH auf sein Urteil vom 20.10.2016, V R 26/15 (siehe BC 2017, 5 f., Heft 1): Danach liegt eine berichtigungsfähige Rechnung jedenfalls dann vor, wenn sie Angaben
    – zum Rechnungsaussteller,
    – zum Leistungsempfänger,
    – zur Leistungsbeschreibung,
    – zum Entgelt und
    – zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer
    enthält. Diesbezügliche Angaben sollten nicht in so hohem Maße unbestimmt, unvollständig oder offensichtlich unzutreffend sein, dass sie fehlenden Angaben gleichstehen.
  • Die berichtigte Rechnung kann bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem FG berichtigt werden.
  • Zur Rechnungsberichtigung müssen die fehlenden oder unzutreffenden Angaben durch ein Dokument, das spezifisch und eindeutig auf die Rechnung bezogen ist, übermittelt werden; es gelten die gleichen Anforderungen an Form und Inhalt wie in § 14 UStG (§ 31 Abs. 5 Sätze 2 und 3 UStDV).
  • Die Entscheidung ist von großer Bedeutung für Unternehmer, die trotz formaler Rechnungsmängel den Vorsteuerabzug aus bezogenen Leistungen in Anspruch nehmen. Sie hatten bislang bei späteren Beanstandungen selbst im Fall einer Rechnungsberichtigung Steuernachzahlungen für das Jahr des ursprünglich in Anspruch genommenen Vorsteuerabzugs zu leisten. Die Steuernachzahlung war zudem im Rahmen der sog. Vollverzinsung mit 6% jährlich zu verzinsen. Beides entfällt nunmehr.

 

 

 

Im Streitfall kam nach der Adressierung der ursprünglich erteilten Rechnungen – trotz einer möglichen Verwechslungsgefahr – zumindest nur ein beschränkter Kreis verbundener Unternehmen als Leistungsempfänger in Betracht.

Die berichtigten Rechnungen entsprachen hinsichtlich der Angaben zu Name und Anschrift des Leistungsempfängers unstreitig den Anforderungen des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. §§ 14, 14a UStG. Daher besteht das Recht auf Ausübung des Vorsteuerabzugs schon für die Streitjahre.

Die Rechnungen wurden noch während des Einspruchsverfahrens und damit auch rechtzeitig berichtigt. Zwar bestand im Streitjahr 2003 im nationalen Recht keine ausdrückliche Rechtsgrundlage für die Berichtigung; mit Blick auf das EuGH-Urteil Senatex GmbH (EU:C:2016:691, DStR 2016, 2211) ist dies jedoch unerheblich.

Nicht von Belang ist vor diesem Hintergrund die Frage, inwieweit die Angaben zum Leistungsempfänger unzutreffend sind, da auf einen Rechtsformzusatz verzichtet oder ein falscher Rechtsformzusatz „GmbH“ statt „Sp.zo.o“ verwendet wurde. Dasselbe gilt für den Streitpunkt, dass unter der Postanschrift des polnischen Unternehmers eine Schwestergesellschaft mit einem ähnlichen Namen ansässig ist.

 

[Anm. d. Red.]                             

 

 

BC 4/2017

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