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Ort der Lieferung in ein Konsignationslager

BC-Redaktion

BFH-Urteil vom 16.11.2016, V R 1/16

 

Für die Lieferortbestimmung (nach § 3 Abs. 6 UStG) muss der Abnehmer bereits bei Beginn der Versendung feststehen. Eine Versendungslieferung kann dann auch vorliegen, wenn der Liefergegenstand nach dem Beginn der Versendung für kurze Zeit in einem Auslieferungslager gelagert wird.

 

 

Praxis-Info!

 

Begriff

Ein Konsignationslager ist ein Warenlager eines Lieferanten, welches sich im Unternehmen seines Kunden bzw. Abnehmers befindet.

 

 

Grundsätze

Bei einem Konsignationslager bleibt der Lieferer (Konsignant) zivilrechtlicher Eigentümer der im Lager befindlichen Ware. Erst wenn der Abnehmer (Konsignatar) die Ware entnimmt, geht das Eigentum an dieser vom Konsignanten auf den Konsignatar über. Liefert ein im Drittlands- oder Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer Waren aus dem Drittland oder dem Gemeinschaftsgebiet in ein von ihm in Deutschland unterhaltenes Konsignationslager, aus dem der inländische Abnehmer Waren bei Bedarf entnimmt, verschafft er grundsätzlich erst im Zeitpunkt der Warenentnahme aus dem Konsignationslager die Verfügungsmacht im Sinne des § 3 Abs. 1 UStG an den Abnehmer. Gleichzeitig verwirklicht er nach § 3 Abs. 6 UStG eine im Inland steuerbare und steuerpflichtige Lieferung.

Verbringt ein im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer Waren in sein in Deutschland belegenes Konsignationslager, verwirklicht er in Deutschland einen innergemeinschaftlichen Erwerb nach § 1a Abs. 2 Satz 1 UStG. Im Zeitpunkt der Entnahme durch den Leistungsempfänger aus dem Konsignationslager bewirkt der Unternehmer wiederum eine in Deutschland steuerbare und steuerpflichtige Lieferung. Dies hat zur Folge, dass der im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer verpflichtet ist, sich in Deutschland für umsatzsteuerliche Zwecke registrieren zu lassen.

 

 

Problemstellung

Eine niederländische Kapitalgesellschaft (B.V.) lieferte in den Streitjahren (2005 bis 2010) Waren (Bildschirme) an ein im Inland befindliches Konsignationslager auf dem Betriebsgelände eines deutschen Großhändlers. Die Waren wurden dabei von der Klägerin aus den Niederlanden in ein auf dem Betriebsgelände der Beigeladenen befindliches Konsignationslager verbracht.

Geschäftsgrundlage war ein gemeinsam vereinbartes „Consignment Distribution Agreement“ (CDA):

  • Danach war der deutsche Großhändler (D) verpflichtet, den von der niederländischen Kapitalgesellschaft (N) angelieferten Konsignationsbestand in einem gesonderten von ihm betriebenen Lager zu lagern, zu dem allein D Zugang hatte. N war nur nach einer angemessenen Vorankündigung berechtigt, das Lager zum Zwecke einer Inventur zu betreten.
  • D war dazu berechtigt, den Konsignationsbestand im Rahmen des üblichen Geschäftsbetriebs an seine Kunden zu veräußern. N blieb so lange Eigentümerin des Konsignationsbestands, bis D der N – einmal wöchentlich – eine Aufstellung des in der Vorwoche an seine Kunden verkauften Konsignationsbestands übermittelt hatte.
  • Der Verkaufspreis der N an D wurde am Tag, an dem D den Konsignationsbestand weiter veräußerte, bestimmt.
  • Der Konsignationsbestand wurde von D bei der N auf Grundlage der gemeinsam vereinbarten Einlagerungsrichtlinien bestellt. N war verpflichtet, den Konsignationsbestand mindestens drei Wochen im Lager zu belassen; nach Ende dieses Zeitraums war D berechtigt, den gesamten Bestand oder einen Teil davon an N zurückzusenden.

N behandelte die Veräußerungen an D als in Deutschland nicht steuerbar und erklärte diese in den Niederlanden als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen.

Dementsprechend erklärte D innergemeinschaftliche Erwerbe in entsprechender Höhe in Deutschland und zog die darauf entfallende Umsatzsteuer als Vorsteuer ab.

Das Finanzamt behandelte demgegenüber in den geänderten Umsatzsteuerbescheiden 2005 bis 2010 die Lieferungen der N an D als steuerbar und steuerpflichtig und setzte Nachzahlungszinsen fest. Erlangt D wie im Streitfall die Verfügungsmacht erst mit der Entnahme aus dem Konsignationslager, liegt (so das Finanzgericht) ein in den Niederlanden steuerbares, aber steuerbefreites innergemeinschaftliches Verbringen vor, das mit einem in Deutschland steuerbaren und steuerpflichtigen und zum Vorsteuerabzug berechtigenden innergemeinschaftlichen Erwerb des D korrespondiere. Erst mit der Veräußerung der in dem Konsignationslager befindlichen Ware durch D an seine Kunden sei eine zeitgleiche Lieferung der N an D am Ort des Konsignationslagers erfolgt.

Das Verbringen von Ware in ein Konsignationslager führe nur dann zu einer am Ort des Beginns der Beförderung oder Versendung erfolgenden Lieferung an den Abnehmer, wenn der Abnehmer die Ware zum Zeitpunkt des Beginns der Beförderung oder Versendung in das Konsignationslager bereits verbindlich bestellt habe.

 

 

 

Abb.: Konsignationslager in Deutschland mit Waren aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet – noch nicht feststehender Abnehmer

 

 

Lösung

Die Umsätze der N sind im Inland steuerbar, weil sich der Ort der Lieferungen der N an D nach § 3 Abs. 7 Satz 1 UStG bestimmt. Sofern der Gegenstand der Lieferung nicht befördert oder versendet wird, wird die Lieferung dort ausgeführt, wo sich der Gegenstand zur Zeit der Verschaffung der Verfügungsmacht befindet.

Hingegen setzt § 3 Abs. 6 UStG eine Versendung an den Abnehmer voraus; dieser muss im Zeitpunkt der Versendung feststehen.

  • Somit befand sich der Ort der streitigen Lieferungen am Ort des Konsignationslagers im Inland, weil bei Versendung der Waren der Abnehmer noch nicht feststand.
  • Erst mit der Entnahme der Waren aus dem Konsignationslager war sicher, dass D die Gegenstände behalten werde und bereit war, hierfür den Kaufpreis zu entrichten. D war nicht von vornherein dazu verpflichtet, die von N in das Lager verbrachten Waren abzunehmen. D war auch erst nach der Entnahme der Waren aus dem Konsignationslager zur Zahlung verpflichtet.

Die Einlagerung in das Konsignationslager der Beigeladenen führte deshalb nicht (!) lediglich zu einer nur kurzen Unterbrechung der begonnenen Versendung an den bereits feststehenden Abnehmer.

 

 

Praxishinweis:

Erlangt der Abnehmer (D) wie im Streitfall die Verfügungsmacht erst mit der Entnahme aus dem Konsignationslager, liegen ein innergemeinschaftliches Verbringen und eine Inlandslieferung vor. Das bedeutet:

  • Der niederländische Unternehmer N verwirklicht mit der Verbringung der Waren in sein in Deutschland belegenes Konsignationslager eine innergemeinschaftliche Lieferung an sich selbst („Verbringen”). Folge: N muss das Verbringen an sich selbst in seiner niederländischen Umsatzsteuererklärung erklären.
  • In Deutschland, wo das Konsignationslager belegen ist, hat der niederländische Unternehmer N einen innergemeinschaftlichen Erwerb zu versteuern (gemäß § 1a Abs. 2 Satz 1 UStG). Das heißt: Er muss sich in Deutschland (vorab) registrieren und dort eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer beantragen.
  • Im Zeitpunkt der Entnahme durch den Leistungsempfänger (D) aus dem Konsignationslager bewirkt der niederländische Unternehmer N wiederum eine in Deutschland steuerbare und steuerpflichtige Lieferung an den deutschen Großhändler D. Auch in dieser Hinsicht muss sich der in den Niederlanden ansässige N in Deutschland für umsatzsteuerliche Zwecke registrieren lassen.

 

[Anm. d. Red.]                 

 

 

BC 5/2017

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