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Ort der Lieferung bei Versendung über Konsignationslager

BC-Redaktion

BFH-Urteil vom 20.10.2016, V R 31/15

 

Für die Bestimmung des Lieferorts (nach § 3 Abs. 6 UStG) muss der Abnehmer bereits bei Beginn der Versendung feststehen. Eine Versendungslieferung kann auch dann vorliegen, wenn der Liefergegenstand nach dem Beginn der Versendung für kurze Zeit in einem Auslieferungslager gelagert wird.

 

 

Praxis-Info!

 

Begriff

Ein Konsignationslager ist ein Warenlager eines Lieferanten, welches sich im Unternehmen seines Kunden bzw. Abnehmers befindet.

 

 

Grundsätze

Bei einem Konsignationslager bleibt der Lieferer (Konsignant) zivilrechtlicher Eigentümer der im Lager befindlichen Ware. Erst wenn der Abnehmer (Konsignatar) die Ware entnimmt, geht das Eigentum an dieser vom Konsignanten auf den Konsignatar über. Liefert ein im Drittlands- oder Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer Waren aus dem Drittland oder dem Gemeinschaftsgebiet in ein von ihm in Deutschland unterhaltenes Konsignationslager, aus dem der inländische Abnehmer Waren bei Bedarf entnimmt, verschafft er grundsätzlich erst im Zeitpunkt der Warenentnahme aus dem Konsignationslager die Verfügungsmacht im Sinne des § 3 Abs. 1 UStG an den Abnehmer. Gleichzeitig verwirklicht er nach § 3 Abs. 6 UStG eine im Inland steuerbare und steuerpflichtige Lieferung.

Verbringt ein im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer Waren in sein in Deutschland belegenes Konsignationslager, verwirklicht er in Deutschland einen innergemeinschaftlichen Erwerb nach § 1a Abs. 2 Satz 1 UStG. Im Zeitpunkt der Entnahme durch den Leistungsempfänger aus dem Konsignationslager bewirkt der Unternehmer wiederum eine in Deutschland steuerbare und steuerpflichtige Lieferung. Dies hat zur Folge, dass der im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer verpflichtet ist, sich in Deutschland für umsatzsteuerliche Zwecke registrieren zu lassen.

 

 

Problemstellung

In den Streitjahren 2001, 2002 und 2003 erfolgten durch einen spanischen Lieferanten (Konsignanten) die Lieferungen über ein im Inland gelegenes Lager beim Abnehmer (Konsignatar), das von einem Lagerhalter (LA) betrieben wurde. Der Konsignant (Lieferant) war Auftraggeber des LA.

Nach den zum Vertragsbestandteil gewordenen Allgemeinen Einkaufsbedingungen wurden Warenmenge und Liefertermin erst durch den Lieferabruf festgelegt. Der Konsignant (Lieferant) hatte die erforderliche Kapazität sicherzustellen, um die Warenmengen einschließlich Vorschaumengen aus Lieferabrufen erfüllen zu können. Der Abnehmer (Konsignatar) war verpflichtet, für die durch den Lagerhalter (LA) verursachten Schäden gegenüber dem Konsignanten (Lieferanten) einzustehen. Für den Fall einer Kündigung eines Lieferabrufs musste der Abnehmer (Konsignatar) die aufgrund des Abrufs bereits eingelagerten Waren bezahlen. Die in das Lager in Deutschland versandten Waren entsprachen mengenmäßig dem Bedarf des Abnehmers (Konsignatar) in den nächsten Tagen und Wochen.

Für 95% der Lieferungen lagen bereits bei Beginn der Versendung in Spanien verbindliche Bestellungen des Abnehmers (Konsignatar) vor. Eine Versendungslieferung kann (nach Auffassung des Abnehmers und des Finanzgerichts) bei einer kurzfristigen Einlagerung in ein Lager des Lieferanten vorliegen, wenn der Kunde als Abnehmer feststeht.

Das Finanzamt nahm an, dass alle über das inländische Lager ausgeführten Lieferungen – trotz der Versendung aus Spanien – im Inland steuerpflichtig seien und erließ entsprechende Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre. Erlangt der Abnehmer (Konsignatar) wie im Streitfall die Verfügungsmacht erst mit der Entnahme aus dem Lieferantenlager, liegen (so das Finanzamt) ein innergemeinschaftliches Verbringen und eine Inlandslieferung vor. Der Abnehmer (Konsignatar) habe mit der Einlagerung in das Lieferantenlager nach seiner Interessenlage auch noch keine Verfügungsmacht erlangen wollen.

 

 

Abb.: Konsignationslager in Deutschland mit Waren aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet – kurzfristige Zwischenlagerung (feststehender deutscher Abnehmer zu Beginn der Versendung)

 

 

Lösung

Der Ort der vom spanischen Lieferanten (Konsignanten) unstreitig ausgeführten Lieferungen bestimmt sich nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG, wenn die Person des Abnehmers bereits bei Beginn der Versendung feststeht. Unter dieser Bedingung kann eine Versendungslieferung auch dann vorliegen, wenn der Liefergegenstand nach dem Beginn der Versendung für kurze Zeit in einem Auslieferungslager gelagert wird.

F Wird der Gegenstand der Lieferung durch den Lieferer, den Abnehmer oder einen vom Lieferer oder vom Abnehmer beauftragten Dritten befördert oder versendet, gilt die Lieferung (gemäß § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG) dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung an den Abnehmer oder in dessen Auftrag an einen Dritten beginnt. Der Abnehmer muss bereits beim Beginn der Versendung feststehen. Als Ort der Lieferung gilt demnach der Ort, an dem sich der Gegenstand zum Zeitpunkt des Beginns der Versendung oder Beförderung an den Erwerber befindet.

 

 

Praxishinweis:

  • Gemäß § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG kommt es bei einer Versendung darauf an, dass bei ihrem Beginn der Abnehmer bereits feststeht. Diese Vorschrift setzt somit auch voraus, dass die Versendung zu einem Gelangen des Liefergegenstands an den Abnehmer führt. Die Versendung darf daher nicht abgebrochen werden. Dies ist allerdings bei einer nur kurzzeitigen Lagerung nach dem Beginn der Versendung nicht gegeben.
  • Eine Lieferung gilt auch dann (gemäß § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG) als bei Beginn der Versendung ausgeführt, wenn die Ware von dem mit der Versendung Beauftragten zunächst in ein inländisches Lager gebracht und erst nach Eingang der Zahlung durch eine Freigabeerklärung des Lieferanten an den Erwerber herausgegeben wird. Die Verfügungsmacht muss nicht bereits mit dem Beginn der Versendung auf den Abnehmer übergegangen sein.
  • Im Zeitpunkt der Versendung muss der Abnehmer feststehen. Eine wahrscheinliche Begründung einer Abnehmerstellung reicht hierfür nicht aus.
  • Bei einer Versendungslieferung (sog. bewegte Lieferung bei Reihengeschäften) liegt für den (spanischen) Lieferanten eine Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen vor. Der deutsche Abnehmer hat den innergemeinschaftlichen Erwerb zu versteuern.

 

 

 

Eine Einlagerung für den beim Beginn der Versendung bereits feststehenden Abnehmer – wie im Streitfall – nur für kurze Zeit, um den produktionsbedingt beim Abnehmer für die nächsten Tage und Wochen benötigten Warenbedarf zu decken, unterbricht somit noch nicht die im Streitfall in Spanien begonnenen Versendungen.

 

[Anm. d. Red.]

 

BC 2/2017

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