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Bilanzierung von Provisionsvorauszahlungen und damit im Zusammenhang stehender Aufwendungen

BC-Redaktion

BFH-Urteil vom 26.4.2018, III R 5/16

 

1. Solange der Provisionsanspruch des Handelsvertreters noch unter der aufschiebenden Bedingung der Ausführung des Geschäfts steht, ist er nicht zu aktivieren. Provisionsvorschüsse sind beim Empfänger als „erhaltene Anzahlungen“ zu passivieren.

2. Aufwendungen, die im wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Provisionsvorschüssen stehen, sind nicht als „unfertige Leistung“ zu aktivieren, wenn kein Wirtschaftsgut entstanden ist.

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Streitig ist, ob Aufwendungen eines Reisebüros, die im Zusammenhang mit der Vermittlung von erst im Folgejahr angetretenen Reisen angefallen sind, zu aktivieren sind.

Ein Reisebüro erhielt gemäß dem Agenturvertrag für „alle zur Ausführung gelangten Buchungsgeschäfte“ eine Provision vom Reiseveranstalter (GmbH); diese betrug regelmäßig 10% des jeweiligen Reisepreises. Nach einer Umstellungszeit wurden die Agenturabrechnungen im Monat nach der Festbuchung erstellt. Ausgezahlt wurden die Provisionen, sobald die Anzahlung oder der vollständige Reisepreis bei der GmbH oder dem jeweiligen Veranstalter eingegangen war. Bei einer nachträglichen Änderung der Buchung (Umbuchung/Stornierung) wurden die dadurch veränderten Provisionsansprüche mit der nächsten Abrechnung verrechnet. Im Falle der Nichtausführung der gebuchten Reise entfiel der Provisionsanspruch, wenn die Nichtausführung nicht von der GmbH zu vertreten war. Auch in diesem Fall wurde eine Verrechnung in der nächsten Abrechnung vorgenommen.

Die GmbH aktivierte die geleisteten Provisionszahlungen für Reisen, die erst nach dem Abschlussstichtag angetreten wurden, als „Vorauszahlungen auf nicht begonnene Reisen“.

Das Reisebüro (Provisionsempfänger) buchte die von der GmbH erhaltenen Provisionen zunächst auf das Konto „passive Rechnungsabgrenzung“. Sie wurden zum Reisedatum des Kunden auf das Erlöskonto umgebucht.

Auch nach Auffassung des Finanzamts sind die gezahlten Provisionen für die erst im Folgejahr angetretenen Reisen passiv abzugrenzen. Allerdings seien die Betriebsausgaben, die mit diesen Provisionen im Zusammenhang standen, als unfertige Leistungen zu aktivieren. Denn sämtliche Leistungen des Reisebüros hinsichtlich der Vermittlung oder des Verkaufs der Reise seien bereits im Zeitpunkt der Buchung erbracht worden.

 

Lösung

a) Geleistete Anzahlungen auf die Provisionsansprüche

Für die geleisteten Anzahlungen auf die Provisionsansprüche wurden keine Gewinne realisiert. Denn nach dem Realisationsprinzip (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HS 2 HGB) sind Gewinne nur dann zu berücksichtigen, wenn sie am Abschlussstichtag schon realisiert waren.

Diese Voraussetzung liegt vor, wenn eine Forderung

  • entweder rechtlich bereits entstanden ist
  • oder die für die Entstehung wesentlichen wirtschaftlichen Ursachen im abgelaufenen Geschäftsjahr gesetzt worden sind

und der Kaufmann mit der künftigen Entstehung der Forderung fest rechnen kann. Nicht erforderlich ist hingegen, dass die Forderung am Bilanzstichtag fällig ist.

Im Streitfall handelt es sich um einen Handelsvertretervertrag. Provisionsansprüche des Handelsvertreters entstehen – sofern wie im Streitfall keine abweichende Vereinbarung getroffen wurde – erst dann, wenn der Unternehmer das Geschäft ausgeführt hat (gemäß § 87a Abs. 1 Satz 1 HGB). Soweit die GmbH Provisionen schon vor der Ausführung der Reise an das Reisebüro gezahlt hat, standen diese unter einer aufschiebenden Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB) der Ausführung der Reise und waren mithin stornobehaftet. Es liegen insoweit Provisionsvorschüsse im Rahmen eines schwebenden Geschäfts vor.

Soweit die Zahlungen als Provisionsvorschüsse zu werten sind, fehlt es an einer Gewinnrealisierung. Die Provisionsvorschüsse sind als „erhaltene Anzahlungen“ zu passivieren (nach § 266 Abs. 3 C. 3. HGB). Darin kommt die Verpflichtung zum Ausdruck, die Beträge bei Nichtausführung der Reise zurückzahlen zu müssen.

 

b) Aufwendungen im Zusammenhang mit erhaltenen Provisionen

Soweit bezüglich der erhaltenen Provisionen noch keine Gewinnrealisierung eingetreten ist, sind die damit im Zusammenhang stehenden Aufwendungen (z.B. Miet-/Personalaufwand) nicht als „unfertige Leistungen“ zu aktivieren. Die Aktivierung von Aufwendungen setzt – von Rechnungsabgrenzungsposten abgesehen – regelmäßig das Vorliegen eines Wirtschaftsguts voraus.

Unter den Begriff eines Wirtschaftsguts, der dem handelsrechtlichen Begriff des Vermögensgegenstands entspricht, fallen

  • Sachen,
  • Rechte oder tatsächliche Zustände,
  • konkrete Möglichkeiten oder Vorteile für den Betrieb,

deren Erlangung der Kaufmann sich etwas kosten lässt. Diese sind einer besonderen Bewertung zugänglich, erbringen in der Regel eine Nutzung für mehrere Wirtschaftsjahre und können zumindest mit dem Betrieb übertragen werden.

Zum jeweiligen Bilanzstichtag muss ein wirtschaftlich ausnutzbarer Vermögensvorteil vorliegen, der als realisierbarer greifbarer, objektiv werthaltiger Vermögenswert angesehen werden kann („selbstständig bewertbar“). Nicht jede Ausgabe ist geeignet, ein Wirtschaftsgut oder einen Vermögensgegenstand zu begründen. Einzelne Betriebsfaktoren (z.B. Miet-/Personalaufwand) lassen sich weder den einzelnen Vermittlungsleistungen zuordnen, noch sind sie selbstständig bewertungsfähig. Sie sind vielmehr als Betriebsausgaben sofort abziehbar.

 

Bilanzierungshinweis:

Provisionsansprüche eines Handelsvertreters entstehen in der Regel bereits mit Abschluss des Geschäfts (erfolgreiche Vermittlungstätigkeit) und nicht erst mit dessen Erfüllung (§ 87 HGB), während die Abrechnungspflicht durch das Unternehmen periodisch besteht. Für die am Bilanzstichtag noch nicht abgerechneten Provisionszahlungen ist wie folgt vorzugehen:

  • Der Provisionsberechtigte (Handelsvertreter) hat den offenen Betrag als „Forderung an Provisionserlöse/USt” zu buchen. Der Leistende hat demnach eine Forderung zu aktivieren, wenn er seine Leistung erbracht hat.
  • Der Provisionsverpflichtete (beauftragendes Unternehmen) hat hierüber eine Rückstellung zu bilden („Provisionsaufwand an Rückstellungen”).

Wird jedoch – wie im vorliegenden Streitfall – vereinbart, dass der Provisionsanspruch erst mit Ausführung des Geschäfts bedingt entsteht, kann vor Eintritt der Bedingung keine Forderung beim Provisionsberechtigten gebucht bzw. keine Rückstellung beim Geschäftsherrn gebildet werden.

Durch die Vermittlungsaufwendungen (im Streitfall) entsteht auch kein immaterielles Wirtschaftsgut in Form eines Auftragsbestands. Denn eine Aktivierung kommt steuerbilanziell mangels entgeltlichen Erwerbs durch das Reisebüro nicht in Betracht (§ 5 Abs. 2 EStG).

 

[Anm. d. Red.]                          

 

 

BC 8/2018

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