CHB_RSW_Logo_mit_Welle_trans
JuS_Logobasis_Linsenreflex
Menü

§ 6b-Rücklage (Reinvestitionsrücklage): Übertragung stiller Reserven bei der Veräußerung bestimmter Anlagegüter

BC-Redaktion

Finanzbehörde Hamburg, Verfügung vom 20.6.2018, O 1000-2018/001-52

 

Zweifelsfragen im Zusammenhang mit § 6b Abs. 2a EStG – BMF-Schreiben vom 7.3.2018, IV C 6 – S 2139/17/10001 :001; DOK 2018/0024866, BStBl. I 2018, 309


 

 

1. Hintergrund

§ 6b Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG erlaubt die Übertragung des Gewinns aus der Veräußerung bestimmter Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens auf ein Ersatzwirtschaftsgut, jedoch nur unter der Bedingung, dass das neu angeschaffte oder hergestellte Wirtschaftsgut zum Anlagevermögen einer inländischen Betriebsstätte gehört. Der EuGH hatte in 2015 dazu entschieden, dass diese Regelung unionsrechtswidrig sei, denn die sofortige Besteuerung der Gewinne aus dem Verkauf des Wirtschaftsguts in den Fällen, in denen die Steuerpflichtigen in Ersatzwirtschaftsgüter einer ausländischen Betriebsstätte investieren, löse eine Diskriminierung aus.

Der Gesetzgeber reagierte auf die EuGH-Rechtsprechung, indem er mit dem Steueränderungsgesetz 2015 den Abs. 2a in die Vorschrift des § 6b EStG einfügte.

Der Steuerpflichtige hat wie bisher das Wahlrecht, den nach § 6b EStG begünstigten Gewinn

  • sofort zu versteuern,
  • ihn im Wirtschaftsjahr der Veräußerung auf ein begünstigtes Reinvestitionsobjekt zu übertragen
  • oder eine § 6b EStG-Rücklage für eine zukünftige Investition zu bilden.

Durch die Neuregelung des § 6b Abs. 2a EStG besteht nunmehr die weitere Möglichkeit einer Steuerstundung.

 

 

 

 

 

 

Abb.: Generelle Anwendung des § 6b EStG


2. Regelung des § 6b Abs. 2a EStG i.V.m. BMF-Schreiben vom 7.3.2018 (IV C 6 – S 2139/17/10001 :001)

§ 6b Abs. 2a EStG räumt dem Steuerpflichtigen, der ein Wirtschaftsgut im Sinne von § 6b Abs. 1 Satz 1 EStG und ein Reinvestitionswirtschaftsgut im Sinne von § 6b Abs. 1 Satz 2 EStG anschafft oder herstellt, das dem Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen in einem anderen EU-/EWR-Mitgliedstaat zuzuordnen ist, ein Wahlrecht auf Steuerstundung ein: Auf Antrag kann die auf diesen Veräußerungsgewinn angefallene und festgesetzte Steuer in fünf gleichen Raten entrichtet werden.

Der Antrag kann formlos gestellt werden. Obwohl das Gesetz vorsieht, dass der Antrag auf Steuerstundung nur im Wirtschaftsjahr der Veräußerung zu stellen ist, kann nach dem BMF-Schreiben vom 7.3.2018 (IV C 6 – S 2139/17/10001 :001, Rn. 2) der Antrag „in allen Fällen berücksichtigt werden, in denen die materielle Bestandskraft des betroffenen Steuerbescheides noch nicht eingetreten ist“. Im Falle einer Mitunternehmerschaft ist der Antrag auf Steuerstundung beim Wohnsitzfinanzamt des jeweiligen Antragstellers zu stellen.

Anforderungen an den Nachweis der ausländischen Reinvestitionsabsicht sieht § 6b Abs. 2a EStG nicht vor. Nach dem BMF-Schreiben vom 7.3.2018 (IV C 6 – S 2139/17/10001 :001, Rn. 10,11) genügt es, dass die Reinvestition möglich ist; es werden weder ein bereits vorhandenes Betriebsvermögen in einem anderen EU-/EWR-Mitgliedstaat noch eine konkrete Reinvestitionsabsicht gefordert. Konsequenzen bei Nichtinvestition sieht der Wortlaut des § 6b Abs. 2a EStG nicht vor.

Die Steuerstundung ist nur für die Einkommensteuer und die Körperschaftsteuer (inklusive Annexsteuern) zu gewähren, nicht für die Gewerbesteuer.

Der Antrag nach § 6b Abs. 2a EStG kann auch im Rahmen einer Betriebsveräußerung gestellt werden. In diesen Fällen ist EStR 6b.2 Abs. 10 sinngemäß anzuwenden.

 

 

 

3. Berechnung des Stundungsbetrags und Stundungszeitraum (§ 6b Abs. 2a Satz 3 EStG i.V.m. § 36 Abs. 5 Sätze 2 bis 5 EStG)

Zur Berechnung der zu stundenden Steuer ist von der festgesetzten Steuer die Steuer abzuziehen, die sich ergeben würde, wenn bei der Veranlagung der begünstige Veräußerungsgewinn unberücksichtigt bleiben würde.

Die erste Jahresrate ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Steuerbescheids zu entrichten. Die übrigen Raten sind jeweils am 31. Mai der Folgejahre fällig. Im Fall einer Betriebsveräußerung ist eine bereits gewährte Ratenzahlung weiterzuführen (BMF-Schreiben vom 7.3.2018, IV C 6 – S 2139/17/10001 :001, Rn. 4, 5).

Ändert sich die festgesetzte Steuer, sind die Jahresraten entsprechend anzupassen (§ 36 Abs. 5 Satz 5 EStG). Eine Verlängerung oder Verkürzung des Stundungszeitraums ist nicht vorzunehmen.

 

 

4. Praktische Umsetzung der Steuerstundung

Über die Anträge auf Steuerstundung nach § 6b Abs. 2a EStG entscheiden die Veranlagungsdienststellen.

Zur Vermeidung von Nachfragen seitens des Antragstellers ist bereits im Steuerbescheid auf den noch folgenden Stundungsbescheid hinzuweisen.

Die Umsetzung des anschließenden Stundungsverfahrens erfolgt durch die Erhebungsstellen im Fachverfahren StundE. (...)

 

 

Bilanzierungshinweise:

  • Bei der Übertragung stiller Reserven bei Veräußerung bestimmter Anlagegüter (insbesondere Immobilien) handelt es sich um ein eigenständiges steuerbilanzielles Wahlrecht (§ 5 Abs. 1 EStG) ohne Umkehrmaßgeblichkeit für die Handelsbilanz. Dies führt zu einer entsprechenden Minderung der AfA-Bemessungsgrundlage.
  • Bei Inanspruchnahme einer § 6b-Rücklage (Reinvestitionsrücklage) oder von Sonderabschreibungen nach § 7g EStG muss mit der Bilanz ein gesondertes Verzeichnis (gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG) vorgelegt werden, in dem aufzuführen sind: 
    • der Anschaffungs- bzw. Herstellungszeitpunkt,
    • die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten,
    • die Vorschrift des ausgeübten steuerlichen Wahlrechts und
    • die vorgenommene Abschreibung.

Dies wird erfahrungsgemäß häufig übersehen und führt dann bei steuerlichen Betriebsprüfungen zu unangenehmen Überraschungen. Eine Erstellung des gesonderten Verzeichnisses ist im Zeitpunkt der Übertragung der § 6b-Rücklage auf das neu angeschaffte oder hergestellte Wirtschaftsgut erforderlich.

  • Rein steuerrechtlich zulässige Wertansätze in der Steuerbilanz (z.B. Reinvestitionsrücklage, Sonderabschreibungen) führen zu einer Ausdehnung des Anwendungsbereichs latenter Steuern, da sich handelsbilanzielle und steuerbilanzielle Wertansätze aufgrund des Wegfalls der umgekehrten Maßgeblichkeit nicht entsprechen. Dies kann sowohl zu aktiven als auch zu passiven latenten Steuern führen.
  • Die Jahresraten sind bei der ratierlichen Zahlung des Stundungsbetrags nicht zu verzinsen.

 

 

[Anm. d. Red.]

 

 

BC 9/2018

becklink407674

 

 

Anzeigen

BC Newsletter

beck-online Bilanzrecht PLUS

wiwicareer-vahlen

Teilen

Menü