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Ausgewählte Fragen im Zusammenhang mit der Pandemiegefahr – insbesondere Kurzarbeit (COVID-19)

Michael Eckert

Änderungen bei der Anordnung von Kurzarbeit und Bezug von Kurzarbeitergeld (KUG), Gesetz zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld vom 14.3.2020

 

Die Bundesregierung hat ein Maßnahmenpaket zur Unterstützung der Unternehmen gegen die wirtschaftlichen Folgen im Zusammenhang mit der Corona-Krise und insbesondere zur Vermeidung von betriebsbedingten Kündigungen angestoßen, und der Gesetzgeber hat dies zum Großteil bereits umgesetzt.

Wir gehen davon aus, dass noch fehlende Verfügungen und Rechtsverordnungen, die von den Bundesministerien bereits angekündigt wurden, zeitnah umgesetzt werden, weshalb diese Informationen nur vorläufig sein können. Sie ersetzen keine Beratung im Einzelfall.

Hierdurch ergeben sich bei der Anzeige von Kurzarbeit und dem Bezug von Kurzarbeitergeld folgende Änderungen, die wir nach aktuellem Stand beantworten möchten:


 

Fragen/Aspekte

Antwort/Erläuterungen

1. Was ist für Arbeitgeber zu tun? 

  • Zeigen Sie unverzüglich Kurzarbeit an und beantragen Sie unverzüglich Kurzarbeitergeld, auch in Zweifelsfällen, auch gegebenenfalls rückwirkend bis zum 1.3.2020.
  • Nutzen Sie die Online-Anmeldung. Telefonisch werden Sie wohl niemand erreichen.
  • Wenn der Arbeitsvertrag oder eine Betriebsvereinbarung keine Zustimmung zur Anordnung von Kurzarbeit enthält, müssen Arbeitnehmer zustimmen. Das ist in der Regel kein Problem, da Kurzarbeitergeld Kündigungen vermeidet (Zustimmung schriftlich geben lassen!).
  • Ist ein Betriebsrat vorhanden, muss dieser zustimmen, was aus demselben Grund wie bei Arbeitnehmern regelmäßig kein Problem sein dürfte (Betriebsvereinbarungen schriftlich abschließen).

 

2. Wann können Einschränkungen durch „Corona“ zum Anspruch auf Kurzarbeitergeld führen? 

Die Bundesagentur für Arbeit hat hierzu folgende Erklärung bereits am 28.2.2020 veröffentlicht:

„Wenn Unternehmen aufgrund der weltweiten Krankheitsfälle durch das Corona-Virus Kurzarbeit anordnen und es dadurch zu Entgeltausfällen kommt, können betroffene Beschäftigte Kurzarbeitergeld erhalten. Diese Leistung muss vom Arbeitgeber beantragt werden.

Voraussetzung für den Bezug von Kurzarbeitergeld ist, dass die üblichen Arbeitszeiten vorübergehend wesentlich verringert sind.

Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn aufgrund des Corona-Virus Lieferungen ausbleiben und dadurch die Arbeitszeit verringert werden muss oder staatliche Schutzmaßnahmen dafür sorgen, dass der Betrieb vorübergehend geschlossen wird.“

 

WICHTIG!

Vor einer Anordnung von Kurzarbeit und Bezug von Kurzarbeitergeld muss die Kurzarbeit (wie bisher) bei der zuständigen Agentur für Arbeit angezeigt werden.

Im Übrigen müssen die Regelvoraussetzungen nach §§ 95 bis 99 SGB III mit den nachstehenden Änderungen vorliegen.

 

3. Muss die Betriebsschließung für einen Betrieb angeordnet werden, oder genügt ein unternehmerischer Entschluss, den Betrieb aufgrund der hohen behördlichen Auflagen zu schließen („faktische Schließung“)?

Derzeit erlassen die Bundes- und Landesregierung, Gesundheitsämter und sonstige zuständige Behörden Allgemeinverfügungen, die entweder die Betriebsschließung direkt anordnen oder Auflagen für den Betrieb vorsehen.

In der Gastronomie sind die Auflagen dabei oft so umfangreich (z.B. Tischabstand 1,5 m, Schließung ab 18:00 Uhr), dass eine Weiterführung des Betriebs wirtschaftlich nicht mehr möglich ist. Der Arbeitgeberverband spricht hier von einer „faktischen Betriebsschließung“.

Wir gehen von Folgendem aus: Sofern sich ein Unternehmer aufgrund der Auflagen dazu entschließt, den Betrieb zu schließen, weil die Auflagen nicht einzuhalten sind, liegen die Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld vor.

 

4. Ab wann kann Kurzarbeit angeordnet und Kurzarbeitergeld beantragt werden?

Das Arbeitsministerium hat darauf hingewiesen, dass Kurzarbeit aufgrund der Corona-Krise rückwirkend schon zum 1.3.2020 unter den neuen erleichterten Bedingungen angezeigt und damit bereits für den gesamten März 2020 beantragt werden kann.

Dies setzt jedoch jetzt eine unverzügliche Anzeige der Kurzarbeit bei der zuständigen Agentur für Arbeit voraus.

 

5. Bei welchem Umfang von Arbeitsausfall kann ein Anspruch auf Kurzarbeitergeld bestehen?

KUG gibt es nach der neuen Regelung schon dann, wenn von einer Reduzierung der Arbeit nur 10% der Beschäftigten betroffen ist. Weiter muss der Arbeitsausfall zu einem Entgeltausfall von mindestens 10% bei den (10%) betroffenen Mitarbeitern führen. Die Regierung hat bereits angekündigt, von dieser Ermächtigung Gebrauch zu machen.

Die Bundesagentur hat daher angekündigt, für sämtliche Anträge nur einen Arbeitsausfall bei 10% der Belegschaft zu prüfen, wobei es ausreicht, dass der Arbeitsbedarf um 10% sinkt.

Vor einer Anzeige von Kurzarbeit muss jedoch derzeit geprüft werden, ob Produktionsaufträge vorgezogen werden können, um hierdurch den Arbeitsausfall zunächst zu verhindern.

 

6. Dürfen Überstunden angeordnet werden?

Sofern Arbeitgeber Kurzarbeit einführen und Kurzarbeitergeld beantragen, dürfen sie in dem betroffenen Betriebsteil keine Überstunden anordnen, weil dies die Vermutung begründet, dass die Kurzarbeit vermeidbar gewesen ist.

Ausnahmen bilden insbesondere ein unvorhergesehener Arbeitsanfall während bereits bestehender Kurzarbeit und fristgebundene Aufträge, die zwingend bei bestehender Kurzarbeit abgeschlossen werden müssen.

 

7. Müssen Arbeitszeitguthaben vorrangig abgebaut werden?

Arbeitszeitguthaben müssen nur im positiven Bereich abgebaut werden.

Es besteht aber keine Pflicht mehr, Arbeitszeitkonten in den Minusbereich zu bringen, bevor KUG beantragt werden kann.

 

8. Muss Urlaub vorrangig abgebaut werden?

Arbeitgeber müssen vor der Anzeige von Kurzarbeit im Einzelfall prüfen, ob der Arbeitsausfall durch die Gewährung von Urlaub/Betriebsferien vermieden werden kann. Bereits gewährter Urlaub (z.B. Sommerferien/Betriebsferien zu Weihnachten) ist jedoch gesichert.

„Zur Vermeidung des Arbeitsausfalles kann auch die Gewährung von Urlaub in Betracht kommen. Grundsätzlich kann aber vom Arbeitgeber eine Bestimmung über den Antritt des Urlaubs zur Vermeidung der Kurzarbeit gegen die Urlaubswünsche der Arbeitnehmer/-innen nicht gefordert werden. Sofern jedoch der Urlaub, z.B. durch Eintragung in die Urlaubsliste, durch Urlaubsplan oder Betriebsferien, auf einen Zeitraum festgelegt ist, der von der Kurzarbeit erfasst wird, und von der vorgesehenen Urlaubsplanung nur wegen der Kurzarbeit abgewichen werden soll, liegt insoweit vermeidbarer Arbeitsausfall vor.“

(Merkblatt 8a KUG – Bundesagentur für Arbeit)

 

9. Kann auch für Leiharbeitnehmer/innen ein Anspruch auf Kurzarbeitergeld bestehen?

Ja, mit dem Gesetz zur krisenbedingten Verbesserung zum Bezug von KUG wurde das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz dahingehend geändert, dass Arbeitgeber auch für Leiharbeitnehmer/innen Kurzarbeitergeld beantragen können und der Vergütungsanspruch im Übrigen ruht.

 

10. Werden anfallende Sozialversicherungsbeiträge ersetzt?

Mit der Umsetzung des Gesetzes zur krisenbedingten Verbesserung zum Bezug von KUG kann mit dem Antrag auf Kurzarbeitergeld auch die Erstattung von angefallenen Sozialversicherungsbeiträgen beantragt werden.

Hier gibt es noch keine vollständigen Informationen. Eine Erstattung über KUG zu 50% oder 100% ist jedoch in Planung.

 

11. Wie hoch ist das Kurzarbeitergeld?

Hier gibt es keine Änderungen:

Das Kurzarbeitergeld berechnet sich nach dem Nettoentgeltausfall. Die Kurzarbeitenden erhalten grundsätzlich 60% des ausgefallenen pauschalierten Nettoentgelts. Lebt mindestens ein Kind mit im Haushalt, beträgt das Kurzarbeitergeld 67% des ausgefallenen pauschalierten Nettoentgelts.

Die Bundesagentur stellt auf ihrer Internetseite eine Tabelle als Hilfe zur Berechnung des Kurzarbeitergelds zur Verfügung ( https://www.arbeitsagentur.de/datei/kug050-2016_ba014803.pdf).

 

12. Wie lange kann Kurzarbeitergeld bezogen werden?

Derzeit kann für eine Dauer von bis zu 12 Monaten KUG bezogen werden. Die Regierung hat angekündigt, diesen Bezugszeitraum aufgrund der Corona-Krise auf 24 Monate auszudehnen. Eine Umsetzung erfolgte jedoch bisher nicht.

 

 

 

Praxishinweis:

Diskutiert wird derzeit auch, ob Arbeitgeber, die von behördlichen Schließungsanweisungen betroffen sind, insoweit einen „Schadensersatzanspruch“ aus dem Infektionsschutzgesetz haben. Ich persönlich bin der Auffassung, dass man einen solchen Anspruch unter Umständen aus dem Gesetzestext ableiten könnte. Ich muss allerdings darauf hinweisen, dass die meisten arbeitsrechtlichen Stimmen hier eine andere Auffassung vertreten und einen Anspruch aus dem Infektionsschutzgesetz verneinen.

Es besteht natürlich die Möglichkeit, insoweit einen Schadensersatzanspruch geltend zu machen, wobei wir Sie natürlich auch gerne unterstützen, ohne allerdings verbindlich sagen zu können, ob ein solcher Anspruch besteht.

 

Eines ist aber wichtig:

Begehen Sie bitte nicht den Fehler, auf die Anmeldung von Kurzarbeit und die Geltendmachung von Kurzarbeitergeld zu verzichten in der Hoffnung, den entstandenen Schaden über das Infektionsschutzgesetz erstattet zu erhalten.

 

Bitte berücksichtigen Sie, dass es eine vergleichbare Situation, die auch Auswirkungen auf das öffentliche Leben hat, so noch nicht gegeben hat, so dass sowohl praktische Erfahrungen als auch einschlägige, insbesondere höchstrichterliche Urteile fehlen. Es handelt sich vorliegend um eine vorläufige Einschätzung. Eine Gewähr kann insbesondere im Rahmen dieser allgemeinen Übersicht nicht übernommen werden.

 

Michael Eckert, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht
Kanzlei EDK Eckert & Kollegen, Heidelberg
E-Mail: Eckert@edk-hd.de; Internet: www.edk-hd.de

 

 

BC 4/2020

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