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Zusätzlichkeitserfordernis und Gehaltsumwandlung bei lohnsteuerlichen Befreiungs- und Pauschalierungsvorschriften

Jürgen Plenker

BFH-Urteil vom 1.8.2019, VI R 32/18

 


 

 

Auffassung der Finanzverwaltung

Sofern eine Steuerbefreiungs- oder Pauschalierungsvorschrift die sog. „Zusätzlichkeitsvoraussetzung“ beinhaltet (z.B. bei steuerfreien Fahrtkosten- und Kindergartenzuschüssen oder bei mit 15%/25% pauschal zu besteuernden Pkw-Fahrtkostenzuschüssen für den Weg zur Arbeit oder Barzuschüssen für die Internetnutzung), sieht die Finanzverwaltung dieses Erfordernis als erfüllt an, wenn die zweckbestimmte Leistung zum Arbeitslohn hinzukommt, den der Arbeitgeber arbeitsrechtlich schuldet (LStR 3.33 Abs. 5 S. 1). Gehaltsumwandlungen sind danach schädlich – mit der Folge, dass die begünstigte Steuerbefreiungs- oder Pauschalierungsvorschrift nicht zur Anwendung kommt.

 

 

Auffassung des BFH

Demgegenüber vertritt der Bundesfinanzhof in seiner neuen, geänderten Rechtsprechung die Auffassung, dass der ohnehin geschuldete Arbeitslohn derjenige sei, den der Arbeitnehmer verwendungsfrei und ohne eine bestimmte Zweckbindung (folglich „ohnehin“) erhalte. Zusätzlicher Arbeitslohn liege dagegen vor, wenn dieser verwendungs- bzw. zweckgebunden neben dem ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleistet werde. Dabei komme es nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer auf den zusätzlichen Arbeitslohn einen arbeitsrechtlichen Anspruch habe. Lediglich in Anrechnungs-/Verrechnungsfällen werde nicht „zusätzlich zum“, sondern „ersatzweise an Stelle von“ regelbesteuertem Arbeitslohn geleistet. Dem Arbeitgeber sei es damit verwehrt, einseitig (ohne Vertragsänderung) eine mit Blick auf die lohnsteuerlichen Begünstigungstatbestände optimierte Steuerberechnung durchzuführen. Darüber hinaus steht es den Vertragsparteien aber frei, ihre arbeitsrechtlichen Beziehungen im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben nach ihren Wünschen und Bedürfnissen zu gestalten. Zu beachten ist dabei allerdings, dass tarifliche oder gesetzliche Mindestlöhne nicht unterschritten werden dürfen.

Für das Zusätzlichkeitserfordernis stellt der Bundesfinanzhof auf den Zeitpunkt der Lohnzahlung ab. Erfolge vor diesem Zeitpunkt eine arbeits- und zivilrechtlich zulässige Reduzierung des vereinbarten Lohns, würden die durch eine Steuerbefreiungs- oder Pauschalierungsvorschrift begünstigten Zuschüsse zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gezahlt. Dabei spiele es keine Rolle, wenn der Lohnverzicht für andere Ansprüche nicht gelte (z.B. für künftige Lohnerhöhungen, Urlaubs- oder Weihnachtsgeld), sondern diese mithilfe eines Schattengehalts auf Grundlage des bisherigen Bruttoarbeitslohns berechnet würden.

Das Zusätzlichkeitskriterium sei in diesen Fällen aber dann nicht erfüllt, wenn eine Umwandlung in steuerbegünstigte Zuschüsse nur auf dem Papier erfolge, weil zwischen den Parteien Einigkeit dahingehend bestehe, dass der vereinbarte Lohn auch dann in voller Höhe (weiter)gezahlt werde, wenn die Voraussetzungen für die Zuschüsse wegfallen.

 

Praxishinweis:

Mit dieser Begründung hat die neue Rechtsprechung auf tarifgebundene Arbeitnehmer keine Auswirkung, da in jedem Fall der tarifliche Lohn nach Wegfall des Zuschusses wieder auflebt.

 

 

Dipl.-Finanzw. (FH) Jürgen Plenker, Krefeld

BC 11/2019

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