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Erste Gerichtsurteile zum neuen Reisekostenrecht

Jürgen Plenker

FG Nürnberg, Urteile vom 13.5.2016, 4 K 1536/15, und vom 8.7.2016, 4 K 1836/15

 

Das Finanzgericht Nürnberg hat zwei Entscheidungen zum neuen lohnsteuerlichen Reisekostenrecht ab 2014 getroffen. In diesen Urteilen geht es um

  • den Begriff der „ersten Tätigkeitsstätte“ (§ 9 Abs. 4 EStG) und
  • den sog. „Arbeitgeber-Sammelpunkt“ (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 EStG).

 

 

Praxis-Info!

 

Streitfall erste Tätigkeitsstätte

Eine erste Tätigkeitsstätte liegt dann vor, wenn der Arbeitnehmer einer betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers oder eines Dritten dauerhaft zugeordnet ist oder dort – nachrangig – dauerhaft die zeitlichen Kriterien (arbeitstäglich, zwei volle Arbeitstage je Arbeitswoche oder ein Drittel der vereinbarten Arbeitszeit tätig werden) erfüllt (§ 9 Abs. 4 EStG).

Der Kläger suchte als Vorarbeiter ca. einmal pro Woche den Betrieb seines Arbeitgebers auf, um dort beruflichen Tätigkeiten nachzugehen, wie das Beladen eines Firmenwagens, das Abgeben von Stundenzetteln oder Urlaubsanträgen. Anschließend fuhr er auf die jeweiligen Baustellen, die er im Übrigen arbeitstäglich direkt von der Wohnung aufsuchte. Nach einer Bescheinigung seines Arbeitgebers war er keiner Tätigkeitsstätte im Unternehmen zugeordnet. Sein Einsatzort waren die verschiedenen Baustellen. Streitig war, ob die Aufwendungen für die 47 Fahrten von der Wohnung zum 220 km entfernten Betrieb als Werbungskosten zu berücksichtigen sind, und zwar

  • in Höhe der Entfernungspauschale (47 Fahrten x 220 Entfernungskilometer x 0,30 € = 3.102 €) oder
  • nach den Reisekostengrundsätzen (47 Fahrten x 440 gefahrene Kilometer x 0,30 € = 6.204 €).

Das Finanzgericht Nürnberg hat die Fahrtkosten von der Wohnung zum Betrieb nach Reisekostengrundsätzen in Höhe von 6.204 € als Werbungskosten anerkannt, weil der Arbeitnehmer keine erste Tätigkeitsstätte hatte und auch ein sog. Arbeitgeber-Sammelpunkt (vgl. hierzu folgenden Absatz) nicht vorlag.

 

 

Streitfall „Arbeitgeber-Sammelpunkt“

Hat ein Arbeitnehmer keine erste Tätigkeitsstätte und bestimmt der Arbeitgeber durch arbeitsrechtliche Festlegung (einschließlich Absprachen und Weisungen), dass der Arbeitnehmer sich dauerhaft typischerweise arbeitstäglich an einem Sammelpunkt einfinden soll, um von dort seine eigentlichen Einsatzorte aufzusuchen oder von dort seine berufliche Tätigkeit aufzunehmen, werden die Fahrten des Arbeitnehmers zu diesem sog. „Arbeitgeber-Sammelpunkt“ wie Fahrten zu einer ersten Tätigkeitsstätte behandelt. Dies hat zur Folge, dass auch für diese Fahrten die Fahrtkosten nur in Höhe der Entfernungspauschale (= 0,30 € je Entfernungskilometer) als Werbungskosten berücksichtigt werden können (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 EStG).

Ausgehend von den vorstehenden Erläuterungen hat das Finanzgericht Nürnberg die arbeitstäglichen Fahrten eines Lkw-Fahrers zum Betriebssitz des Arbeitgebers (= Arbeitgeber-Sammelpunkt) nur in Höhe der Entfernungspauschale zum Werbungskostenabzug zugelassen. Die Abzugsbeschränkung der Fahrtkosten bei Vorliegen eines sog. Arbeitgeber-Sammelpunkts verstößt weder gegen den Gleichheitsgrundsatz gegenüber allen anderen Arbeitnehmern noch gegen das objektive Nettoprinzip, da sich der Arbeitnehmer durch das dauerhafte arbeitstägliche Aufsuchen der ortsfesten betrieblichen Einrichtung in unterschiedlicher Weise auf die immer gleichen Wege einstellen und so auf eine Minderung seiner Wegekosten hinwirken kann.

 

Dipl.-Finanzw. (FH) Jürgen Plenker, Krefeld

 

BC 10/2016

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