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Betriebsaufspaltung bei minderjährigen Gesellschaftern

Christian Thurow

FG Baden-Württemberg, Urteil vom 29.1.2019, 11 K 1398/16 (Revision zugelassen)

 

Eine Betriebsaufspaltung setzt eine sachliche und personelle Verflechtung voraus. Bei der personellen Verflechtung ist dabei vor allem auf die Stimmrechtsanteile abzustellen. Umstritten ist, ob die Stimmrechtsanteile minderjähriger Gesellschafter dabei den Erziehungsberechtigten zuzurechnen sind.


 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Die Klägerin war Alleineigentümerin eines Grundstücks mit Lagerhalle und Büroräumen, welches sie an die GmbH ihres Mannes verpachtet hatte. Nach dem Tod des Mannes erbte die Klägerin 50% der Stimmrechte an der GmbH des Verstorbenen; die beiden gemeinsamen Kinder erbten jeweils 25% der Stimmrechte. Eines der Kinder war zum Erbzeitpunkt noch minderjährig. Die Klägerin wurde zur einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführerin der GmbH bestellt und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.

Aus Sicht des Finanzamts konnte die Klägerin nach ihrer Ernennung zur einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführerin ihren Willen gegenüber der Gesellschaft durchsetzen. Außerdem seien ihr als alleinige gesetzliche Vertreterin des minderjährigen Gesellschafters dessen Anteile zuzurechnen. Somit habe neben der sachlichen Verflechtung – also der Überlassung von wesentlichen Betriebsgrundlagen (hier das Betriebsgrundstück) – auch eine personelle Verflechtung (Mehrheit der Stimmrechte bei Besitz- und Betriebsunternehmen) vorgelegen. Damit wären die Voraussetzungen für eine Betriebsaufspaltung gegeben, so dass die Einkünfte aus der Verpachtung des Grundstücks nunmehr als gewerbliche Einkünfte zu qualifizieren seien.

 

 

Lösung

Aus Sicht des FG Baden-Württemberg liegt im Ausgangsfall keine personelle Verflechtung vor.

  • Minderjährige Gesellschafter: Das Bundesverfassungsgericht hat klargestellt, dass bei Ehegatten nicht automatisch davon ausgegangen werden kann, dass sie gleichgerichtete wirtschaftliche Interessen verfolgen. Dasselbe gilt analog auch für das Verhältnis von minderjährigen Kindern und ihren Erziehungsberechtigten. Nur wenn nachweislich ein Interessenseinklang der sorgeberechtigten und im konkreten Fall zur Vertretung des minderjährigen Kindes befugten Eltern und dem minderjährigen Kind besteht, können die Stimmanteile zusammengerechnet werden. Im Ausgangsfall ist dies nicht gegeben, u.a. weil das Familiengericht eine Ergänzungspflegschaft angeordnet hatte. Demzufolge sind die Anteile des minderjährigen Gesellschafters der Klägerin nicht zuzurechnen, so dass sie nur über 50% der Stimmrechte verfügt. Damit fehlt es ihr an der für eine personelle Verflechtung nötigen Stimmenmehrheit.
  • Einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführerin: Die Stellung als einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführerin reicht nicht für die Annahme einer Beherrschung aus. Es muss ein maßgebender Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft vorliegen, welcher regelmäßig nur bei einer Stimmenmehrheit gegeben ist.

 

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Business Audit Manager, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)

 

 

BC 10/2019 

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