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Zum Vorsteuerabzug aus berichtigten Schlussrechnungen

BC-Redaktion

BFH-Urteil vom 5.9.2019, V R 38/17

 

– Bei einer Schlussrechnung ergibt sich der Vorsteuerabzug aus der ausgewiesenen Umsatzsteuer abzüglich der bereits in den Abschlagsrechnungen enthaltenen Umsatzsteuer.

– Das Dokument der Rechnungsberichtigung hat sich spezifisch und eindeutig auf die ursprüngliche fehlerhafte Rechnung zu beziehen.


 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Der Kläger bezog seit 2003 von der D-GmbH Bauleistungen für ein zu 57,135% steuerpflichtig vermietetes Gebäude. Mit geändertem Umsatzsteuerbescheid vom 26.10.2010 setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer im Anschluss an eine steuerliche Betriebsprüfung auf 52.408,56 € fest.

Im November 2011 beantragte der Kläger die Änderung des Umsatzsteuerbescheids 2007 und reichte die Schlussrechnung der D-GmbH vom 28.12.2007 ein, die in der Buchführung bislang nicht enthalten gewesen war (netto 674.812,20 €). In einer Mahnung vom 16.11.2010 legte die D-GmbH dieselbe Netto-Bemessungsgrundlage wie in der Schlussrechnung vom 28.12.2007 zugrunde, wies darin aber einen Umsatzsteuersatz von 16% aus.

Mit Schreiben vom 13.3.2012 überreichte der Kläger eine weitere quasiberichtigte Schlussrechnung der D-GmbH vom 29.2.2012. Einen Hinweis auf die Schlussrechnung vom 28.12.2007 enthielt die Rechnung vom 29.2.2012 nur insoweit, als auf beiden Rechnungen der Vermerk „Komm. 245“ angebracht war. In diesem Zusammenhang begehrte der Kläger eine Minderung der Umsatzsteuer 2007 von 52.408,56 € um 14.068,04 € auf 38.340,52 €.

Das Finanzamt lehnte die Änderung des Umsatzsteuerbescheids 2007 ab. Begründung: Die Schlussrechnung vom 28.12.2007 habe nicht bereits im Jahr 2007 vorgelegen, sondern sei erst später erstellt worden; sie berechtige deshalb nicht im Streitjahr zum Vorsteuerabzug. Bezüglich der Rechnung vom 29.2.2012 liege keine Rechnungsberichtigung mit Rückwirkung vor, sondern eine Abrechnung nach Änderung der Bemessungsgrundlage. Die Berichtigung des Vorsteuerabzugs sei daher nach § 17 Abs. 1 S. 2 UStG für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage eingetreten sei. Das sei jedenfalls nicht das Streitjahr gewesen.

 

 

Lösung

Die Rechnung vom 29.2.2012 entfaltet keine Rückwirkung. Rechnungen, die fehlende oder fehlerhafte Angaben aufweisen, können mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der erstmaligen Rechnungserteilung berichtigt werden. Voraussetzung: Die berichtigte Rechnung muss spezifisch und eindeutig auf die fehlerhafte Rechnung bezogen sein (vgl. § 14 Abs. 6 Nr. 5 UStG i.V.m. § 31 Abs. 5 S. 2 UStDV), Daran fehlt es in der Rechnung vom 29.2.2012. Der Vermerk „Komm. 245“ als einziger Hinweis auf die Rechnung vom 28.12.2007 ist weder spezifisch noch eindeutig.

Bezüglich des Vorsteuerabzugs gilt: Zulässig ist nur der Abzug der gesetzlich geschuldeten Steuer (gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 1 UStG). Eine aufgrund einer Vereinnahmung vor dem 1.1.2007 zunächst in Höhe von 16% entstandene Steuer ist (gemäß § 27 Abs. 1 S. 3 UStG) in dem Voranmeldungszeitraum, in dem die Leistung ausgeführt wird (bei Abnahme in 2007 also 2007), auf den Steuersatz von 19% zu berichtigen, sofern dieser nach dem 31.12.2006 liegt.

 

 

 

Praxishinweise:

Die Korrektur einer Rechnung auf den Zeitpunkt des ursprünglichen Vorsteuerabzugs ist möglich, wenn die Ursprungsrechnung folgende Mindestangaben enthält:

  • Angaben zum Rechnungsaussteller,
  • Angaben zum Leistungsempfänger,
  • Angaben zur Leistungsbeschreibung,
  • Angaben zum Entgelt,
  • gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer.

Rechnungsberichtigungen können bis zur letzten mündlichen Verhandlung beim Finanzgericht noch mit Rückwirkung vorgelegt werden. Entscheidend ist nicht, dass die Korrektur einer Rechnung noch vor dem Erlass eines Änderungsbescheids durchgeführt wird (vgl. ausführlich Becker, BC 2017, 254 ff., Heft 6).

Für die Berichtigung genügt die einfache Schriftform, z.B. durch Übersendung einer berichtigten Rechnung. Im Berichtigungsdokument müssen grundsätzlich nur die fehlenden oder fehlerhaften Angaben ergänzt oder korrigiert werden. Eine spezifische und eindeutige Bezugnahme auf die ursprüngliche fehlerhafte Rechnung im Berichtigungsdokument ist z.B. erfüllt, wenn die Rechnungsnummer und das Rechnungsdatum der ursprünglichen Rechnung angegeben werden.

Für die Praxis ist Folgendes zu beachten: Auf die ordnungsgemäße Rechnungsstellung ist äußerster Wert zu legen. Sofern z.B. während einer steuerlichen Betriebsprüfung oder Umsatzsteuer-Sonderprüfung eine Rechnung zu Recht beanstandet wird, empfiehlt es sich, so schnell wie möglich dem Finanzamt eine korrigierte Rechnung zuzuleiten, die der Leistende zuvor ausgestellt hat. Die Umsatzsteuerbescheide bzw. Festsetzungen sollten unbedingt angefochten werden. Als Vorsichtsmaßnahme sollte zusätzlich ein Antrag auf rückwirkende Gewährung des Vorsteuerabzugs nach § 163 AO im Billigkeitswege gestellt werden.

 

 

Beispiel Ordnungsgemäße Rechnungsberichtigung:

In einer Rechnung mangelt es am Leistungsdatum. Der Rechnungsaussteller ergänzt dieses in einem gesonderten formlosen Anschreiben wie folgt:

„Die in meiner Rechnung Nr. 12345 vom 3.5.2X19 abgerechnete Leistung wurde im Monat Mai 2X19 erbracht.“

 

 

[Anm. d. Red.]

 

 

BC 1/2020 

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