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Steuerbetrug durch Umsatzsteuer-Karusselle

BC-Redaktion

Deutscher Bundestag vom 25.6.2019 (BT-Drs. 19/11067); Kurzmeldung vom 4.7.2019 (hib 758/2019)

 

Für Betrügereien bei der Umsatzsteuer mittels sog. Umsatzsteuerkarusselle kann grundsätzlich jedes Produkt bzw. jede Ware genutzt werden. Wie die Bundesregierung in ihrer Antwort (BT-Drs. 19/11067) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (BT-Drs. 19/10449) weiter mitteilt, würden erfahrungsgemäß allerdings vorzugsweise kleine und hochpreisige Waren genutzt. Dies geschehe unter dem Gesichtspunkt, dass man in kurzer Zeit den höchstmöglichen Nutzen aus einem Umsatzsteuerkarussell ziehen wolle. Auf Fragen nach der Bekämpfung dieser Betrugsformen und der Regulierung antwortet die Regierung, Bund und Länder würden bereits seit Jahren intensiv und erfolgreich beim Kampf gegen diese Form der Steuerhinterziehung zusammenarbeiten und hätten eine Vielzahl von Maßnahmen gemeinsam erarbeitet und umgesetzt.


In der Vorbemerkung zur Kleinen Anfrage hatte die Fraktion Die Linke erklärt, allein in Deutschland würden die Steuerzahlerrinnen und Steuerzahler durch Umsatzsteuerkarusselle mutmaßlich um einen zweistelligen Milliardenbetrag pro Jahr geprellt.

 

 

Praxis-Info!

Weder bei den Ländern noch beim Bund werden allerdings statistische Aufzeichnungen dazu geführt, in welcher Höhe Steuerausfälle durch Umsatzsteuerkarusselle entstehen.

 

Mögliche Beteiligte von Umsatzsteuerkarussellen

Ein Missing Trader ist regelmäßig ein nicht existentes Unternehmen bzw. ein Rechtsgebilde, welches den Schein eines Unternehmens hervorruft, aber in Wirklichkeit selbst keine unternehmerische Tätigkeit entfaltet. Der Missing Trader kann eine wirtschaftlich/unternehmerisch nicht aktive Domizilgesellschaft oder Briefkastenfirma sein. Der Bundesregierung liegen keine Daten vor, wie viele sog. Missing Trader in den vergangenen zehn Jahren aufgedeckt und strafrechtlich zur Verantwortung gezogen wurden.

Buffer bzw. Zwischenhändler werden regelmäßig in Umsatzsteuerkarusselle/Ketten eingebunden, um die Aufdeckung der Hinterziehung durch die Verwaltung zu erschweren. Die Anzahl der eingebundenen Buffer bzw. Zwischenhändler variiert von Fall zu Fall. Die Einbindung von Buffern in Umsatzsteuerkarusselle/Ketten kann je nach Fallgestaltung wissentlich oder unwissentlich erfolgen.

 

Maßnahmen gegen den Betrug durch Umsatzsteuer-Karusselle

Zum einen wurden organisatorische Maßnahmen getroffen, wie z.B. 

  • die Einrichtung einer zentralen Koordinierungsstelle beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) für länder- und staatenübergreifende Fälle sowie
  • die Einrichtung einer zentralen Datenbank für die bundesweite Erfassung von aufgedeckten Betrugsfällen im Bereich der Umsatzsteuer, auf die Bedienstete der Finanzämter aus dem Bereich Umsatzsteuer online zugreifen können.

 Zudem wurden gesetzliche Regelungen eingeführt. Hinzuweisen ist hierbei insbesondere auf 

  • die Einführung der unangekündigten Umsatzsteuer-Nachschau (§ 27b UStG) sowie 
  • die Einführung des Reverse-Charge-Verfahrens (Umkehr der Steuerschuldnerschaft) für bestimmte Bereiche (§ 13b UStG).

Auch bei den Arbeiten auf EU-Ebene zur Bekämpfung von EU-weiten Umsatzsteuer-Betrugskarussellen arbeitet Deutschland aktiv mit. Bedienstete des BZSt leiten bereits im vierten Jahr den Eurofisc-Arbeitsbereich „Missing Trader Intra-Community Fraud“ und koordinieren mit dem BZSt die Zusammenarbeit zwischen den Ländern und den anderen EU-Mitgliedstaaten.

Die Einführung eines generellen Reverse-Charge-Verfahrens setzt indes eine Änderung der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie voraus. Das Recht, die Initiative für eine Änderung des geltenden Rechtsrahmens zu ergreifen, liegt allein bei der EU-Kommission.

 

 

Praxishinweis:

Zwischen dem Umsatzsteuerverfahren bei einer innergemeinschaftlichen Leistung (Lieferung und Erwerb) und dem Reverse-Charge-Verfahren bestehen insbesondere Unterschiede hinsichtlich der materiell-rechtlichen Voraussetzungen und des Anwendungsbereichs dieser Verfahren. Bezüglich der sich aus dem jeweiligen Verfahren ergebenden Konsequenzen für den Abnehmer/Leistungsempfänger bestehen jedoch im Ergebnis grundsätzlich keine Unterschiede. Der Abnehmer/Leistungsempfänger führt die auf die Lieferung/Leistung entfallende Umsatzsteuer direkt an das Finanzamt ab und macht gegenüber diesem bei Vorliegen der Voraussetzungen auch den Vorsteuerabzug für die entsprechende Lieferung/Leistung geltend. In beiden Fallkonstellationen liegen die Entrichtung der Umsatzsteuer und der Vorsteuerabzug für die Lieferung/Leistung beim Abnehmer/Leistungsempfänger.

 

 

 

Die Bundesregierung steht einer Teilnahme an TNA-Verfahren(Transaction Network Analysis Tool) positiv gegenüber. TNA ist Teil des Eurofisc (Mehrwertsteuerbetrug-Frühwarnsystem). Die finale Abstimmung über die aktive Teilnahme zusammen mit den Ländern steht kurz vor dem Abschluss. Zunächst hatte eine unionsrechtliche Rechtsgrundlage für eine automatisierte Datenverarbeitung und Analyse auf Ebene der EU-Mitgliedstaaten, wie sie von TNA durchgeführt werden soll, gefehlt. Diese Rechtsgrundlage ist – insbesondere auf Initiative Deutschlands vor dem Hintergrund von Steuergeheimnis und Datenschutz – geschaffen worden.

Zur Vorbeugung von Betrug durch Umsatzsteuer-Karusselle mit Ökostromzertifikaten: Die Bundesregierung wird zeitnah gemeinsam mit den Ländern prüfen, ob dem Gesetzgeber ein Vorschlag für eine gesetzliche Regelung zur Einführung des Reverse-Charge-Verfahrens beim Handel von Ökostromzertifikaten zwischen Unternehmen vorgelegt werden soll. Eine Umsatzsteuerbefreiung beim Handel von Ökostromzertifikaten zwischen Unternehmen ist EU-rechtlich nicht möglich.

Seitens der Bundesregierung bestehen bislang keine Überlegungen zur Einführung einer elektronischen Echtzeitüberwachung und/oder einer grenzüberschreitenden Transaktionskontrolle via Blockchain-Technologie von Transaktionen zur Umsatzsteuerbetrugsbekämpfung.

Die unionsweite Einführung eines Split-Payment-Verfahrens zur Überwachung von Bankkonten setzt ebenfalls eine Änderung der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie voraus. Das Recht, die Initiative für eine Änderung des geltenden Rechtsrahmens zu ergreifen, liegt wiederum allein bei der EU-Kommission.

 

[Anm. d. Red.]  

 

 

BC 8/2019

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