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Bewertung von Finanzinstrumenten im IFRS-Abschluss: Auswirkungen der Corona-Krise

Prof. Dr. Christian Zwirner

 

Ende Januar 2020 trat eine sprunghafte Ausweitung des Corona-Virus auch in den westlichen Ländern auf. Dies hatte zunächst in einigen Regionen Deutschlands und dann bundesweit Ausgehbeschränkungen und die Schließung vieler Geschäfte zur Folge. Die damit einhergehenden negativen wirtschaftlichen Auswirkungen waren schnell an den internationalen Märkten spürbar. So verzeichnete beispielsweise der DAX im Februar und März 2020 extreme Kursverluste in nur kurzer Zeit. Im IFRS-Abschluss wird ein wesentlicher Anteil von Finanzinstrumenten mit dem Fair Value, also auf Basis aktueller Marktpreise/Kurse, bewertet. Es ist daher zu analysieren, welche Auswirkungen die aktuellen Marktverwerfungen auf die Bewertung von Finanzinstrumenten besitzen. Zudem ist es denkbar, dass sich weitere Auswirkungen auf die Bilanzierung von Finanzinstrumenten, insbesondere auf die Erfassung von Wertminderungen für finanzielle Vermögenswerte, ergeben.


 

 

Praxis-Info!

Fällt der Bewertungsstichtag auf den 31.12.2019, sind hiernach anfallende Ereignisse, wie die Markteinbrüche im Jahr 2020, im Rahmen der Fair-Value-Bewertung zum 31.12.2019 grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Bei anderen Stichtagen, wie z.B. dem 31.3.2020, sind diese allerdings zwingend im Jahresabschluss abzubilden. Spätestens zum 31.12.2020 werden sich die Auswirkungen der Corona-Krise in den Fair-Value-Bewertungen niederschlagen – es sei denn, die Märkte hätten sich bis Jahresende 2020 wieder deutlich erholt und würden auf einem Niveau vergleichbar Ende 2019 schließen.

Werden beobachtbare Marktpreise zur Ermittlung des Fair Value herangezogen, sind diese gegebenenfalls unter der Voraussetzung anzupassen, dass die während der Corona-Krise abgeleiteten Preise nicht Ergebnis einer ordentlichen Transaktion sind, sondern sich im Rahmen eines Stressszenarios gebildet haben. Damit einher geht die Frage, inwiefern sich die verwendeten Preise vor dem Hintergrund der ausgelösten Marktturbulenzen und dem zeitweisen Aussetzen des Handels auf einem aktiven oder inaktiven Markt bildeten. Zudem ist allgemein zu hinterfragen, inwiefern die derzeitigen Marktumbrüche einen Wechsel der angewandten Bewertungsmethoden nahelegen, um eine angemessenere Ermittlung des Fair Value zu ermöglichen.

Die gestiegene Volatilität (Schwankung von Wechselkursen) und der Preisverfall an den Märkten werden eine unmittelbare Auswirkung auf die Fair Values haben, die mittel- oder unmittelbar aus von am Markt beobachtbaren Preisen hervorgehen. Grundsätzlich sollten sich auch Auswirkungen auf Fair Values ergeben, die anhand von internen Daten ermittelt werden, da diese mit den Annahmen der übrigen Marktteilnehmer im Einklang stehen sollen.

Zur Erfassung von Wertminderungen sind erwartete Kreditverluste zu ermitteln. Da der Berechnung der erwarteten Kreditverluste eine umfassende Analyse vorausgeht, die sämtliche verfügbaren Informationen – inklusive makroökonomischer Faktoren – berücksichtigt, ist zu erwarten, dass Auswirkungen der Corona-Krise die Höhe der erwarteten Kreditverluste unmittelbar beeinflussen.

Sollte es als Resultat der Corona-Krise zu Vertragsneugestaltungen kommen, gilt es die Frage zu klären, inwiefern angesetzte finanzielle Vermögenswerte und Verbindlichkeiten auszubuchen und als geänderter Vermögenswert bzw. Verbindlichkeit neu zu aktivieren sind. Hierbei ist eine Gesamtbeurteilung vorzunehmen, die qualitative und quantitative Faktoren berücksichtigt.

Sind zukünftig hochwahrscheinlich auftretende Transaktionen in Cash-Flow-Hedges eingebettet, ist zu überprüfen, inwiefern noch mit einer Durchführung der Geschäfte gerechnet werden kann. Ist das Auftreten einer Transaktion nicht mehr hochwahrscheinlich, ist der Hedge prospektiv (vorausschauend) aufzulösen, wobei die Neubewertungsrücklage grundsätzlich unversehrt bleibt. Wird die Transaktion gar nicht mehr erwartet, ist die gebildete Neubewertungsrücklage dagegen in die Gewinn- und Verlustrechnung umzubuchen.

 

Die Auswirkungen der Corona-Krise haben unmittelbare Auswirkungen auf die für Rechnungslegungszwecke zu ermittelnden Fair Values. Fair Values können hierbei sowohl unmittelbar die Bewertung eines Vermögenswerts beeinflussen (z.B. bei der Fair Value-Bewertung von Finanzinstrumenten) als auch mittelbar (z.B. im Zusammenhang mit der Beurteilung einer eingetretenen Wertminderung). Die genauen Auswirkungen der Verwerfungen an den Kapitalmärkten für Bilanzierung und Bewertung in Jahres- und Konzernabschlüssen ebenso wie in unterjährigen Finanzreports sind genau zu analysieren. Hierbei wird zwischen kurzfristigen und langfristigen Effekten zu unterscheiden sein. Sicher ist jedoch, dass die Corona-Krise über die Fair-Value-Bewertung unmittelbar in den Jahresabschlüssen der Unternehmen angekommen ist.

 

 

WP/StB Prof. Dr. Christian Zwirner,
Dr. Kleeberg & Partner GmbH WPG StBG, München (www.kleeberg.de)

 

 
BC 5/2020
 

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