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Abschlussprüfung auf dem Weg zu mehr Risikoorientierung

Dr. Hans-Jürgen Hillmer

 

Die Abschlussprüfung ist zunehmend unter regulatorischen Druck geraten. Dabei geht es um vielfältige Themen wie beispielsweise die Stärkung des Qualitätsbewusstseins, die Betonung beruflicher Skepsis, die Ausweitung des Prüfungsgegenstands, die Verbesserung von Kommunikation und Transparenz oder die Trennung von Prüfung und Beratung.

Ein kürzlich vertiefter Gesichtspunkt betrifft mit der Prüfung und Berichterstattung über die Going-Concern-Annahme (Annahme der Unternehmensfortführung) ein Themenfeld, das auch für den Berufsalltag von Bilanzbuchhaltern und Controllern von großer Bedeutung ist. Im Kern ist mehr Risikoorientierung gefordert.


 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Mit aktuellen Trends und Perspektiven rund um das Stakeholder-Management setzte sich die hochrenommierte Schmalenbach-Tagung 2020 am 5.3.2020 in Köln auseinander. Dies betraf insbesondere die neu entflammte Diskussion um den „Stakeholder-Value“, die nationale Umsetzung des ARUG II (Gesetz zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie) mit vielfältigen neuen Regulierungen für das Zusammenspiel der Unternehmensbeteiligten und die offenbar nicht abebbende Flut an Regulierungsthemen rund um den Berufsstand der Wirtschaftsprüfer.

Mit dem letztgenannten Bereich befasste sich eine Diskussionsrunde, im Rahmen derer WP/StB Prof. Dr. Klaus-Peter Naumann (als Sprecher des IDW-Vorstands ein führender Vertreter des Berufsstands) seine Vorstellungen präsentierte, wie sich letztlich unter Berücksichtigung der regulatorischen Entwicklungen eine Stärkung des Werts der Abschlussprüfung erreichen ließe.

Ausgangspunkt seiner Ausführungen war die aktuelle Regulierungsdiskussion in Großbritannien, in den Niederlanden und in Europa. Als Maßnahmen sind beispielsweise im Gespräch:

  • die Stärkung des Qualitätsbewusstseins,
  • die Betonung beruflicher Skepsis, die Ausweitung des Prüfungsgegenstands,
  • die Verbesserung von Kommunikation und Transparenz oder
  • die Trennung von Prüfung und Beratung.

Naumann konzentrierte sich in seinem Statement auf die Ausweitung des Prüfungsgegenstands, die mit drei Kernthemen verbunden wird. Dabei geht es

  1. um die inhaltliche Prüfung nichtfinanzieller Informationen,
  2. um die Prüfung und Berichterstattung über die Going-Concern-Annahme sowie
  3. um die Aufdeckung von Fraud- und Compliance-Verstößen.

Zum zweiten Bereich gehören die Steuerung von und die Berichterstattung über bestandsgefährdende Risiken im Zusammenwirken von gesetzlichen Vertretern, Abschlussprüfern und für die Unternehmensüberwachung Verantwortlichen.

 

 

Lösung

Bei der Analyse der bestandsgefährdenden Risiken greifen das Risikomanagement und die Risikoberichterstattung im Lagebericht ineinander und führen zur bilanziellen Abbildung. Naumann stellte dazu das Zusammenwirken der neuen IDW-Prüfungsstandards PS 270 n.F., EPS 340 n.F. und PS 350 n.F. vor. Er sieht insbesondere den PS 270 als umfassendes Instrument. Hier geht es um die Einschätzung zur Going-concern-Annahme durch gesetzliche Vertreter, wobei die Angabe wesentlicher Unsicherheit im Abschluss fraglich ist. Vorgesehen ist die Prüfung der Angemessenheit der Going-Concern-Annahme durch Abschlussprüfer und durch die für die Überwachung Verantwortlichen. Dabei kann es gegebenenfalls zur Versagung des Prüfungsurteils bzw. zu Ausführungen zu wesentlicher Unsicherheit in Bezug auf die Fortführung der Unternehmenstätigkeit im Bestätigungsvermerk kommen.

Mit Blick auf eine ausdrückliche (positive) Aussage zu einem (gegebenen) „Going-Concern“ im Bestätigungsvermerk wies Naumann darauf hin, dass aus dem Bestätigungsvermerk derzeit nicht (positiv) erkennbar ist, dass dem Abschlussprüfer keine bestandsgefährdenden Risiken bekannt geworden sind. Er sprach sich für eine intensivere Befassung des Abschlussprüfers mit Unternehmensrisiken aus. So skizzierte er die Fortentwicklung der Berichterstattung des Abschlussprüfers z.B. durch die Aufnahme einer Aussage in den Bestätigungsvermerk, dass im Rahmen der Prüfung des Risikofrüherkennungssystems, des Lageberichts und des Abschlusses keine bestandsgefährdenden Risiken bekannt geworden sind und daher von der Unternehmensfortführung ausgegangen werden kann. Vorauszusetzen sei eine eindeutige Aussage zum „Going-Concern“ durch gesetzliche Vertreter und Aufsichtsorgane. So könne eine weitergehende Reduzierung der Erwartungslücke und in der Folge eine erhebliche Stärkung des Werts der Abschlussprüfung gelingen, letztlich sogar eine Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland.

 

 

 

Praxishinweise:

  • Insgesamt gesehen ist nach Naumann der deutsche WP-Berufsstand gut vorbereitet, Verantwortung für die Berichterstattung über die Going-Concern-Prämisse zu übernehmen.
  • Neben dem oben behandelten PS 270 wird künftig insbesondere IDW EPS 340 n.F. zu beachten sein. Dieser Standard geht davon aus, dass das Risikofrüherkennungssystem (RFES) bestandsgefährdende Risiken frühzeitig zu erkennen hat. Das ist durch eine Prüfung des RFES durch Abschlussprüfer und Aufsichtsorgane sicherzustellen. Gegebenenfalls sei – so forderte Naumann – eine Berichterstattung über Mängel in den Prüfungsbericht aufzunehmen. Ergänzend betrifft IDW PS 350 n.F. die Prüfung der Berichterstattung im Lagebericht durch gesetzliche Vertreter. Vorauszusetzen seien dabei die Verwendung eindeutiger Bezeichnungen, eine transparente Einschätzung der Risiken und die Darstellung von Risikobegrenzungsmaßnahmen. Als Ausfluss der Prüfung der Angaben im Lagebericht durch Abschlussprüfer und durch die für die Überwachung Verantwortlichen könne es auch ein gegebenenfalls modifiziertes Prüfungsurteil zum Lagebericht geben.
  • Bilanzbuchhalter und Controller sind gut beraten, sich in die Diskussion einzubringen, auch wenn sie nicht unmittelbar als gesetzlicher Vertreter des Unternehmens oder als für die Unternehmensüberwachung Verantwortliche fungieren. Denn sie sind es schließlich, die entsprechende Unterlagen im Rahmen der Bilanzierungspraxis und/oder des Risikomanagements aufzubereiten und den Entscheidungsträgern vorzulegen haben.
  • Leider kann sich auch für nicht wenige Unternehmen der aktuell grassierende Corona-Virus zu einem bestandsgefährdenden Risiko auswachsen. Denn die Pandemie hat aufgrund von Abwehr-/ Eindämmungsmaßnahmen bereits jetzt erhebliche negative wirtschaftliche Auswirkungen hervorgerufen (z.B. Einschränkungen im Messewesen, im Hotel-/Gaststättengewerbe, in der Produktion). Die ersten Hinweise des IDW wurden in der letzten Ausgabe des BC-Newsletters vom 5.3.2020 bereits präsentiert.

 

 

Dipl.-Kfm. Dr. Hans-Jürgen Hillmer, BuS-Netzwerk Betriebswirtschaft und Steuern, Coesfeld

 

 

BC 4/2020 

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