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Steuerliche Behandlung von Kryptowährungen

Christian Thurow

FG Nürnberg, Beschluss vom 8.4.2020, 3 V 1239/19

 

Obwohl Kryptowährungen seit Jahren existieren, sind immer noch viele steuerliche Aspekte ungeklärt. Stellt z.B. der Verkauf von Kryptowährungen ein privates Veräußerungsgeschäft dar? Dies wirft die Frage auf, ob Kryptowährungen ein Wirtschaftsgut sind, was auch für die Bilanzierung von Bedeutung ist. Das FG Nürnberg hat sich im Rahmen eines Antrags auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) hiermit befasst.


 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Der Kläger handelte mit Kryptowährungen.

Aus Sicht des Finanzamts handelt es sich bei Kryptowährungen um immaterielle Wirtschaftsgüter, weshalb die Überschüsse der Besteuerung als privates Veräußerungsgeschäft nach § 22 Nr. 2 EStG i.V.m. § 23 Abs. 1 EStG zu unterwerfen seien. Dementsprechend erlies das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid.

In seinem Antrag auf AdV führt der Kläger an, es fehle an einer verlässlichen gesetzlichen Definition, was unter einer „Kryptowährung“ im Sinne der Steuergesetze zu verstehen sei. Es sei fraglich, ob eine Besteuerung von Einnahmen aus Geschäften mit Kryptowährungen auf Grundlage von Gesetzen, die teilweise Jahrzehnte vor dem erstmaligen Auftreten von Kryptowährungen erlassen worden seien, erfolgen kann.

 

 

Lösung

Das Finanzgericht (FG) Nürnberg gibt dem Antrag auf AdV statt. Dazu führt das Finanzgericht die folgenden Punkte an:

  • Das Finanzamt ist seiner Sachverhaltsaufklärungspflicht nicht nachgekommen. In den Unterlagen wird lediglich von „Kryptowährung“ gesprochen. Es wurde nicht ermittelt, um welche der zahlreichen Kryptowährungen es sich handelt, welche Vorgänge als An- und Verkauf erfasst wurden und wie der Zeitpunkt der Vorgänge ermittelt wurde. Da das Finanzamt diese Angaben nicht abgefragt hat, kann es sich auch nicht auf eine fehlende Mitwirkung des Steuerpflichtigen berufen.
  • Eine höchstrichterliche Rechtsprechung zur Einordnung von Kryptowährungen liegt nicht vor. Das Finanzamt beruft sich auf ein Urteil des FG Berlin-Brandenburg. In der dortigen Urteilsbegründung heißt es aber: „Eine ggf. notwendige Auseinandersetzung mit den Einzelheiten technischer Abläufe wäre – wenn man ihnen im Hinblick auf die bislang gängige Definition des Wirtschaftsgutes überhaupt Relevanz zuerkennen will – dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.“ Mit anderen Worten: Ob ein Wirtschaftsgut vorliegt, hängt unter Umständen von den „Einzelheiten technischer Abläufe“ ab. Da sich diese je nach Kryptowährung unterscheiden können, lässt sich aus dem Urteil gerade keine allgemeine Einordnung von Kryptowährung als Wirtschaftsgut ableiten. Dies ist somit im Einzelfall für jede Kryptowährung zu prüfen.

Da das Finanzamt eine ausreichende Sachverhaltsaufklärung unterlassen hat, kann das Finanzgericht nicht erkennen, ob tatsächlich ein privates Veräußerungsgeschäft vorlag. Dem Antrag auf AdV wird daher stattgegeben.

 

 

Praxishinweis:

Der Hinweis auf die technische Ausgestaltung lässt aufhorchen. Bei mehr als 2.000 aktiven Kryptowährungen in einem dynamischen Kreations- und Untergangsumfeld würde eine detaillierte Einzelbetrachtung eine Herkulesaufgabe für die Finanzbehörden und -gerichte bedeuten. Es bleibt zu hoffen, dass hier einige allgemeingültige Einordnungsmerkmale gefunden werden können. Einen beachtlichen Versuch hierzu hat Zwirner in BC 2019, 61 ff., Heft 2, unternommen.

 

 

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Business Audit Manager, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)

 

 

BC 6/2020

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