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Arbeitslohn: Zahlung von Verwarnungsgeldern

Christian Thurow

BFH-Urteil vom 13.8.2020, VI R 1/17

 

Zahlt ein Arbeitgeber Verwarnungsgelder, die für seine Arbeitnehmer verhängt worden sind, so führt dies in der Regel zu steuerpflichtigem Arbeitslohn. Ist der Arbeitgeber Halter eines vom Arbeitnehmer genutzten Kfz, so leistet er die Zahlung allerdings auf eigene Schuld. Arbeitslohn liegt daher nicht vor. Oder doch?


 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Die Klägerin betreibt als Logistikunternehmen deutschlandweit die Paketzustellung an Endkunden. In Einzelfällen wird es hingenommen, dass die Fahrer ihre Fahrzeuge auch in Halteverbotsbereichen oder Fußgängerzonen kurzfristig anhalten. Ein hierfür gemäß § 56 OWiG erhobenes Verwarnungsgeld wird vom Arbeitgeber übernommen. Die Verwarnungsgelder werden teilweise direkt gegenüber der Klägerin als Halterin der Fahrzeuge „festgesetzt“. Teilweise werden ein Zeugenfragebogen und ein Überweisungsvordruck übersandt mit der Aufforderung, zur Vermeidung weiterer Ermittlungen die Personalien des Fahrers mitzuteilen oder das Verwarnungsgeld innerhalb von einer Woche zu entrichten. In beiden Fällen zahlt der Arbeitgeber. Verwarnungsgelder für andere Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung (StVO) werden nicht übernommen. Die Übernahme von Verwarnungsgeldern betrifft nur die Fahrer im aktiven Zustellungsdienst.

Aus Sicht des Finanzamts führt die Zahlung der Verwarnungsgelder zu steuerpflichtigem Arbeitslohn bei den Fahrern. Klägerin und erstinstanzliches Finanzgericht vertraten dagegen die Auffassung, dass kein Arbeitslohn vorliege.

 

 

Lösung

Der BFH kann die Rechtssache nicht endgültig entscheiden. Er stellt klar, dass der Halter eines Fahrzeugs auch ohne Tatbeitrag Betroffener im Sinne des OWiG ist. Zahlt der Halter das Verwarnungsgeld, erkennt er die Schuld an. Daher ist der Arbeitgeber in diesem Fall Schuldner des Verwarnungsgelds, und die Zahlung kann keinen Arbeitslohn darstellen.

Allerdings liegen ein geldwerter Vorteil und damit Arbeitslohn vor, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine realisierbare Forderung erlässt. Der Zufluss erfolgt zu dem Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber zu erkennen gibt, dass er keinen Rückgriff nehmen wird. Das erstinstanzliche Finanzgericht hat es unterlassen zu prüfen, ob ein solcher Regressanspruch des Arbeitgebers gegenüber den Fahrern vorliegt. Ist ein solcher Anspruch gegeben, so führt nicht die Zahlung des Verwarnungsgelds, sondern das Erlassen des Rückgriffs auf den Arbeitnehmer zu einem geldwerten Vorteil und somit Arbeitslohn.

Der Fall wurde daher zur erneuten Klärung an das Finanzgericht zurückgewiesen.

 

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Business Audit Manager, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)

 

 

BC 11/2020

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